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1546 - Voltago der Diener

Titel: 1546 - Voltago der Diener Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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ersten Moment sah Gesil noch freien Weltraum. Dichte Sternballungen wie nahe am Zentrum einer Galaxis und die gleißende Lichtfülle einer nahen Supernova. Vertraute Sternbilder jedoch erkannte sie in so kurzer Zeit nicht, und sie hatte auch kaum damit gerechnet. Ohnehin verschleierten die hohen Schichten einer Atmosphäre den Blick.
    Im Augenblick darauf kippte die Fähre zum Planeten hin. Starkes Schwindelgefühl packte sie, weil sie höchstens zehn Kilometer von der Planetenoberfläche entfernt waren. Aber der Zug der künstlichen Gravitation an Bord blieb derselbe, so daß sie rasch damit fertig wurde. Sekunden später hatte sich ihr Gleichgewicht normalisiert. „Ist das ... Meliserad?"
    „Ja. Das Zentrum der Macht. Die Heimstatt des Bewahrers von Truillau."
    Sie erkannte nur einen Ausschnitt des Planeten. Über ihnen erstreckte sich in sanfter Rundung ein grenzenloser Ozean. Es waren vielleicht dreihundert Kilometer, die sie so überschauen konnte, und jeder Quadratkilometer schimmerte in einer betörenden Mischung aus Türkis, Hellblau und dottergelben Einsprengseln.
    Besonders die gelblichen Bereiche waren es, was ihren Blick fesselte: Gesil hatte diese Farbe schon einmal gesehen. Es war exakt derselbe Ton, den Mamerules Umhang aufgewiesen hatte.
    Zufall?
    Und aus dem Ozean ragten stark reflektierende Bauten. Es schien sich um künstliche Inseln zu handeln, um mindestens fünfzig von ihnen allein in ihrem Gesichtsfeld. Formen und Durchmesser variierten stark - von Dreiecken mit einem Kilometer Schenkellänge bis zu stadtgroßen Kreisen. „Gibt es festes Land auf Meliserad?" fragte sie. „Nicht in diesem Bereich. Und genau dieser Bereich ist es, worauf es ankommt. Das Zentrum der Macht gründet sich allein auf Inseln. Es sind mehr als zehntausend. Sie alle treiben in der Genetischen See und folgen dem Kurs der Strömungen."
    Die Genetische See.
    Allein der Ausdruck versetzte Gesil einen Schock. Für gewöhnlich war Genetik etwas, das unter kontrollierten Bedingungen stattfand, im Reagenzglas und unter Laborbedingungen. Eine genetische See war ein Widerspruch in sich. Und dennoch übte der Anblick der schimmernden Oberfläche eine derartige Faszination auf sie aus, daß sie vergaß, Voltago nach Einzelheiten zu befragen.
    Zeit genug war später noch. Indessen hatte die Fähre Kurs auf eine der Inseln genommen. Ohne sichtbaren Handgriff steuerte der Klon ihr Fahrzeug bis auf hundert Meter über dem Wasser. Dort vorn, in greifbarer Nähe, schwamm ein riesenhafter Diskus von drei Kilometern Durchmesser und hundert Metern Höhe.
    Das blankpolierte Material der Wandung reflektierte gleißend hell gelbes Sonnenlicht. Zähe Wellen schlugen an den unteren Rand; direkt darüber markierte eine scharfe Kante den Abschluß einer Fläche, die den Diskus lückenlos umschloß. „Nach feierlichen Worten ist dir wohl nicht gerade zumute, was?" fragte sie den Klon. „Nein", sagte Voltago. Er ließ durch nichts erkennen, daß er den sarkastischen Tonfall bemerkt hatte.
    Mit geringer Geschwindigkeit näherten sie sich dem Diskus.
    Eine Reihe von sechskantigen Pyramiden bildete den sichtbaren Aufbau; was in der Mitte der Plattform lag, konnte sie nicht erkennen. Voltago verzögerte das Tempo der Fähre weiter. Am Ende schwebten, sie nicht schneller als ein Vogel ans Ziel. „Sieh!"
    Der Klon deutete nach unten.
    An der Umsäumung des Diskus winkte eine Menge von etwa dreitausend Truillauern. Die Fladenwesen meinten eindeutig sie. Ein bestelltes Jubelkommando, dachte Gesil, von dem sie allerdings nicht im geringsten beeindruckt war. Genormte Truillauer hatte sie wahrlich genug gesehen. Der Anblick weckte eher ihren Zorn auf die Taten des Bewahrers.
    Zwischen zwei Pyramiden hindurch schwebte die Fähre zum Mittelpunkt. Der Stil der Bauten fesselte sekundenlang ihren Blick. Es sah aus, als habe man die polierten Glassitflächen auf Schaumbasis regelrecht zusammengespritzt; so fein modelliert wirkte jeder Winkel.
    Entlang der Kanten verliefen gläserne Schächte, durch die sich winzig klein genormte Truillauer bewegten.
    Keine Spur vom Bewahrer. Oder hatte sie ihn nur nicht erkannt? Vielleicht war die Genetische See lebendig - und mit dem Herrscher dieser Galaxis identisch. Dann hatte die CASSADEGA nur einen Ableger des Bewahrers transportiert.
    Im übrigen paßte das zu dem Eindruck, den sie auf empathischem Weg von dem Fremden gewonnen hatte. Ein unglaublich großer Riese. Mit solcher Macht, daß er Galaxien vernichten, ein

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