1546 - Voltago der Diener
Bewahrer! Zeige dich!"
Als der ominöse Herrscher von Truillau schließlich verschwand, hatte sie mindestens ein dutzendmal geschossen. Das goldene Leuchten versiegte. Gleichzeitig verschwanden auch die Trümmer, die ihre Schießwut hinterlassen hatte. Die Frau begriff allmählich ... Man hatte sie hereingelegt. Die gläsernen Wände waren unversehrt, sie war auf Projektionen hereingefallen.
Weshalb? Hatte der Bewahrer sie im Zustand extremer Gefühle studieren wollen?
Und ein weiterer Schluß drängte sich auf: Der Bewahrer hatte von der Waffe gewußt. Demnach schwebte ihr Helfer auf dem Residenzschiff in größter Gefahr - wenn er nicht ohnehin längst erkannt war.
Gesil sah keine Möglichkeit, von sich aus mit ihm Kontakt aufzunehmen.
Die Einrichtung ihrer Unterkunft lag in Trümmern. In dem formlosen Haufen in der Ecke erkannte sie ihr Bett, die Sitzgelegenheiten sahen aus wie plattgedrückter Müll. Gesil hatte Glück gehabt, daß sie noch am Leben war. Wahrscheinlich reflektierte Energie. Denn sie war sicher, daß sie auf ihre Möbel nicht geschossen hatte.
Ohne Schutzengel hätte sie nicht überlebt, das begriff die Frau.
Plötzlich stand der Klon neben ihr.
Aus seinen Wadenblöcken löste sich ein fahler Strahl. Die Energie schoß direkt in Richtung ihrer Hände. Bevor sie noch reagieren konnte, hatte sich ihre Waffe in Gas aufgelöst.
Gesil erwachte wie aus einem Traum.
Warum hatte sie das getan? Weshalb nach dem ersten Schuß die blinde Raserei? Sie hätte den Bewahrer töten können. Aber wäre es schade um ihn gewesen? Sie hatte keine Ahnung. Schlimmer wog die Tatsache, daß sie sich vollkommen hatte gehenlassen. „Ich werde Serb-A-Sherba anweisen, die Unterkunft neu aufzubauen", sagte Voltago unbewegt. „Wenn ich dich solange ein wenig durch den Palastgarten führen darf ..."
Sie folgte ihm mit aufeinandergepreßten Lippen hinaus. Gesil sah ein, daß es keinen Sinn hatte.
Sie mußte warten.
Warten bis Meliserad
4.
X minus 6 Tage.
Ende Oktober 1171 NGZ. MELISERAD. „In einer Stunde erreichen wir das Ziel", verkündete Voltago mit ausdrucksloser Stimme. „Halte dich bereit, Gesil. Wir verlassen die CASSADEGA endgültig oder für einige Zeit."
Endlich! Es war soweit. „Haben wir Meliserad erreicht?" fragte sie aufgeregt. „So ist es. Nur noch wenige Tage Wartezeit, dann wird sich alles zum Guten wenden."
„Zum Guten?" Er mußte Gründe haben, so und nicht anders zu reden. „Was soll das heißen?
Was ist passiert, Voltago?"
„Das kann ich dir nicht sagen."
Der Klon mit der tiefschwarzen Haut gab keine weitere Antwort mehr. Ein Eisblock wie er war nicht so leicht auszuhorchen wie seine Vorgänger namens Conn-Y-Spreik. Ihm konnte sie nicht drohen; Gesil wußte instinktiv, daß der Klon wesentlich höher stand als alle Truillauer dieses Schiffes.
Sie trank ein paar Schlucke Wasser, strich sich die Haare aus der Stirn und stand auf. Besondere Habseligkeiten besaß sie nicht, also konnte sie auf der Stelle mit Voltago gehen. „Ich möchte Meliserad von oben sehen", sagte sie. „Nein." Der Klon ging unbewegt voraus. „Wir beide werden zum vorgesehenen Zeitpunkt eine Fähre besteigen. Darin wirst du zu sehen bekommen, was dich interessiert."
„Und warum dieser Umstand?" fragte sie. „Warum landet die CASSADEGA nicht direkt?"
Eine Antwort erhielt sie nicht. Sie vermutete allerdings, daß die Geheimniskrämerei mit dem Bewahrer zusammenhing. Wahrscheinlich wurde der Herrscher dieser Galaxis gerade selbst ausgeschifft; und Gesil sollte keine Gelegenheit erhalten, vor der Zeit etwas über ihn herauszufinden.
Voltago führte sie quer durch das Residenzschiff.
Am Ende erreichten sie einen Hangar, in dem in langer Reihe mindestens hundert kleine Fähren standen. Sie alle hatten die Form stumpfer, dreißig Meter langer Keile. Die Unterseite bildete ein stromlinienförmiger Rumpf, darauf saß jeweils eine transparente Haube. Im Innern erkannte Gesil das übliche Maschinengewirr und zehn Sessel für Passagiere. „Fliegen wir allein?"
„Ja", gab Voltago zurück. „Wir können jetzt einsteigen."
Der Klon öffnete die Haube des nächstbesten Fährschiffs und ließ hinter sich Gesil folgen.
Sekunden später saßen sie einander gegenüber. Voltago berührte die Kontrollen nicht. Dennoch liefen plötzlich Schaltvorgänge ab - eine Arretierung verschloß das Fahrzeug, ein Hangar öffnete sich vor ihnen eine Luke.
Die Fähre schoß mit hohen Beschleunigungswerten hinaus.
Im
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