155 - Briana - Tochter Irlands - Langan, Ruth
und noch mehr.“
Er erkannte an Brianas entschlossenem Tonfall, dass sie nicht bereit war, ihm zu erzählen, was sie alles durchlitten hatte. Seine Bewunderung für sie wuchs beinahe minütlich. „Jetzt würde ich gern noch etwas über Euer Leben vor dem Klosteraufenthalt erfahren“, sagte er leichthin.
Briana lächelte ein wenig verträumt. „Das würde Stunden dauern.“
„Nun, wir haben den ganzen langen Abend zur Verfügung“, entgegnete Keane. Er führte Briana über die Schwelle zum Speisesaal und geleitete sie an ihren Platz. Dann setzte er sich an das Kopfende des Tisches.
„Oh, wie schön!“ Briana schaute bewundernd über den Tisch, der mit kostbarem Silber und Kristallglas eingedeckt war. Unzählige Kerzen verstärkten den traumhaften Eindruck noch. „Mistress Malloy“, rief Briana aus, „es ist einfach zauberhaft.“
Die Haushälterin schien vor Stolz platzen zu wollen. „Vielen Dank, Miss, wir tun alles, um es Euch recht zu machen.“
Briana wandte sich an Keane. „Ich habe seit Jahren nicht mehr einen so kostbar gedeckten Tisch gesehen. Ist es nicht wunderbar für Euch zu wissen, dass eine Tafel wie diese jeden Abend auf Euch wartet?“
„Ich denke niemals darüber nach“, gestand Keane und ließ den Blick über die stilvollen Gedecke schweifen. „Wahrscheinlich nehme ich das alles schon lange als selbstverständlich hin.“ Er gab Mistress Malloy ein Zeichen. „Das Mahl kann beginnen“, sagte er.
„Sehr wohl, Mylord.“ Die Haushälterin erteilte den Dienstmädchen nun die Anweisungen, Platten mit frischen Muscheln, köstlichem Lachs und hauchzarten Scheiben von rosafarbenem Rindfleisch hereinzubringen. In einem Korb lag noch ofenfrisches Gebäck verschiedener Sorten. Vinson füllte die Weinkelche.
„Warum nehmt Ihr Euch nur so wenig zu essen?“, wollte er wissen und schaute auf Brianas Teller. „Davon könnte ja nicht einmal ein kleiner Vogel satt werden.“
„Das hat mit meiner Erziehung im Kloster zu tun.“ Briana vermied es, Keane anzusehen. „Ich vermute, ich kann es einfach nicht ertragen, dass Essen vergeudet wird.“
Bevor Keane etwas entgegnen konnte, sprach sie hastig weiter. „Außerdem ist mein Appetit noch nicht wieder vollständig zurückgekehrt. Aber wenn das hier …“ Sie nahm einen Bissen Lachs und ließ ihn genüsslich auf der Zunge zergehen. „… ein Anhaltspunkt für die Kochkünste Eurer Köchin ist, wird es nicht lange dauern, bis ich genauso wie Sister Ascension esse.“
„Wieso? Was war an ihr so ungewöhnlich?“, wollte Keane wissen.
„Sie ist die Köchin im Kloster von St. Claire und breiter als hoch von ihren körperlichen Maßen her. Wir haben darüber geflüstert, dass sie alles erst selber probierte, bevor sie es servierte. Und manchmal glaubten wir ganz fest, sie hätte viele, viele Male vorgekostet.“
Unwillkürlich lächelte Keane. Zu seiner Überraschung bereitete ihm die Unterhaltung mit Briana große Freude.
Gerade brach sie ein Stück helles Brot auseinander, das sogar noch ein wenig dampfte, so frisch war es. Sofort reichte ihr eine Bedienstete ein Gefäß mit Honig, von dem sich Briana ein wenig auf ihr Brot träufelte.
„Ich muss gestorben und direkt in den Himmel gekommen sein“, seufzte sie voller Wohlbehagen. „Das hier schmeckt unbeschreiblich köstlich.“
„Nun, wenn Euch bei den einfachen Gebäckstücken schon so himmlisch zumute ist“, warf Keane ein, „dann wartet nur, bis Ihr den mit Brandy versetzten Korinthenkuchen meiner Köchin gekostet habt.“
Er hielt kurz inne und sagte dann zu seiner Haushälterin: „Mistress Malloy, ich möchte, dass die Köchin sowohl einen ihrer Korinthenkuchen für unseren jungen Gast backt als auch für morgen wieder Lachs zubereitet. Miss Briana scheint besonderen Gefallen daran gefunden zu haben, und wir wollen alles tun, damit sie recht bald wieder im Vollbesitz ihrer körperlichen Kräfte ist.“
Mistress Malloy knickste. „Sehr wohl, Mylord!“ Sie eilte in die Küche, um dort sofort die nötigen Anweisungen zu geben. Noch nie hatte der gnädige Herr irgendwelche Essenswünsche geäußert. Heute war ein ganz besonderer Tag!
„So.“ Keane wandte all seine Aufmerksamkeit wieder Briana zu, die neben ihm saß. „Ihr hattet versprochen, mir von Eurem Leben vor dem Klosteraufenthalt zu erzählen.“
Fasziniert beobachtete er, wie Brianas Gesicht plötzlich wie von innen her zu leuchten schien. Hier also gab es ein Thema, über das sie zweifellos besonders
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