1559 - Atlan und der Linguide
sie gekommen sind.
Aber von dort waren sie eben gerade deshalb zu ihren Raubzügen aufgebrochen, weil sie keine andere Wahl gehabt hatten, wenn sie überleben wollten.
Auch die Monkin waren Bionten - genau wie Faragit und seine Leute. Sie alle stammten aus den Gen-Fabriken der Cantaro.
Die Bionten waren der „Ausschuß", der dort entstanden war: jene Individuen, bei denen die Rechnungen der Gen-Techniker nicht aufgegangen waren. „Gen-Müll" hatte man sie einst genannt - eine unmenschliche Bezeichnung für lebende, atmende, denkende Wesen.
Erstaunlicherweise gab es auch heute noch Leute, die diese Bezeichnung aussprechen konnten, ohne sich etwas dabei zu denken. Wenn Atlan daran dachte, was die Linguiden aus diesem Umstand alles ableiten mochten, wurde ihm übel.
Von einigen anderen Schlußfolgerungen, die man im Zusammenhang mit den Bionten ziehen konnte, ganz zu schweigen.
Niemand wußte, wie viele dieser Wesen es im Laufe der Zeit gegeben hatte.
Oder vielleicht wollte man es nur nicht wissen.
Denn eines stand fest: Die Cantaro hatten im Namen jener Kreatur, die man Monos nannte, gewissenhaft Buch geführt, und so brauchte man sich wahrscheinlich nur ein wenig Mühe zu geben, um genaue Zahlen zu ermitteln.
Die Lebenserwartung der Bionten war gering. Auch hier auf Drumbar ging ihre Zahl erschreckend schnell zurück.
Vor zwanzig Jahren- hatten noch rund vierzigtausend von ihnen in Ybor gelebt.
Jetzt waren es nur noch zwölftausend.
Auf Drumbar lebten nur Bionten - wenn man von der einheimischen Fauna und Flora absah.
Niemand hatte es je für nötig gehalten, zum Beispiel ein paar Mediziner zu diesen Bionten zu schicken. Es gab hier kaum Medikamente, kein Pflegepersonal, keine Therapeuten, keine Medoroboter, keine Einrichtungen zur Rehabilitation - nichts.
Eine ausrangierte Medo-Einheit, die die Cantaro mit allerlei anderem High-Tech-Gerümpel zurückgelassen hatten - das war alles, was Faragit und seinen Leuten zur Verfügung stand.
Nicht genug, um wenigstens das schlimmste Leid zu lindern.
Und die Bionten von Drumbar nahmen das wenige, was sie hatten, nicht einmal in Anspruch. Sie hatten die Hinterlassenschaften der Cantaro im sogenannten Zeughaus untergebracht. Dort lag das ganze Material ungenutzt herum.
Und trotzdem: Im Vergleich zu jenen Welten, von denen die Monkin kamen, waren die Verhältnisse auf Drumbar geradezu paradiesisch.
Monkin - allein schon dieser Name, den die Bionten sich selbst gegeben hatten, war nichts als bitterer Hohn, denn er war die Abkürzung für „Monos’ Kinder". Unter dieser Bezeichnung hatten sich Tausende von Bionten zu einer Freibeuter- und Piratengemeinschaft zusammengeschlossen.
Aus dem Unrecht, das ihnen geschehen war, leiteten die Monkin das Recht ab, ihrerseits anderen Wesen Unrecht zufügen zu dürfen.
Das war eine sehr primitive Philosophie, aber sie wäre immerhin bis zu einem gewissen Grad verständlich gewesen - wenn die Monkin wenigstens so viel Anstand gezeigt hätten, ihre friedlich eingestellten Leidensgenossen in Ruhe zu lassen. „Sie werden nicht für immer bleiben", sagte Atlan, um Faragit zu beruhigen. „In ein paar Wochen seid ihr sie wieder los. Bis dahin werden wir für sie sorgen - und für euch auch."
Hastig fügte er hinzu: „Das gilt natürlich auch für die Zeit danach!"
Faragit schwieg. „Die Linguiden werden die Monkin zur Ruhe bringen", behauptete Atlan. „Der Rest wird sich finden."
Er fragte sich, was er Faragit antworten sollte, wenn dieser eine genauere Definition anstelle dieser nichtssagenden Floskel verlangte.
Aber der Biont verzichtete auf bohrende Fragen. „Nette Leute, diese Linguiden", sagte er stattdessen. „Glaubst du, daß du sie bereits gut genug kennst, um sie beurteilen zu können?" fragte Atlan anzüglich. „Selbstverständlich", erwiderte Faragit und lachte. „Ich war dabei, als die ersten beiden hier auf Drumbar ankamen. Seither sind ständig einige von ihnen in der Siedlung unterwegs."
„Ja, ich weiß", murmelte Atlan. „Wenn man sie einmal auf dem Hals hat, wird man sie nicht so schnell wieder los!"
„Sind sie denn nicht eure Verbündeten?" fragte Faragit. „So würde ich das nicht ausdrücken", erwiderte Atlan grimmig. „Warum habt ihr sie dann hierhergebracht?"
„Das haben wir nie getan, mein Freund! Sie sind von selbst gekommen. Und das werden sie von jetzt an immer wieder tun. Wohin wir auch gehen - sie werden uns immer auf den Fersen sein. Sofern sie uns nicht sogar ein paar Schritte
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