1559 - Atlan und der Linguide
voraus sind."
„Das hat Nikki Frickel auch gesagt - oder jedenfalls lief es auf dasselbe hinaus. Sie scheint die Linguiden nicht zu mögen."
„Ja, in dieser Beziehung sind wir uns sehr ähnlich!"
„Das verstehe ich nicht", gestand Faragit ein. „Ich dachte, daß die Linguiden zu jenen Leuten gehören, mit denen einfach jeder gut auskommen muß. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie es möglich sein sollte, sich mit ihnen zu streiten. Meinst du, daß sie überhaupt darauf eingehen würden? Ich hatte den Eindruck, daß du es bei Aramus Shaenor vergeblich versucht hast!"
Atlan bedauerte es bereits, daß er dieses Thema angeschnitten hatte. Der bloße Gedanke an die Anwesenheit der Linguiden hier auf Drumbar bereitete ihm großes Unbehagen.
Andererseits zeichnete sich mit der Entdeckung, daß manche Bionten gegen die Fähigkeiten der Linguiden gefeit waren, eine Entwicklung ab, die dem Arkoniden sehr gut ins Konzept paßte.
Es war nicht schwer zu erkennen, daß die beiden Friedensstifter in Bezug auf dieses Problem auf der Stelle traten. Ebenso offensichtlich war, daß sie allmählich nervös wurden.
Sie arbeiteten mit Hochdruck auf eine Lösung des Problems hin. Ihre Schüler waren ihnen dabei nach besten Kräften behilflich. Einige von ihnen waren stets in Ybor und Umgebung anzutreffen. Sie gingen umher, stellten unzählige Fragen und beobachteten das seltsam eindimensionale Leben in einer Stadt, in der es keine Kinder und keine Jugendlichen gab.
Denn die Bionten waren nicht fortpflanzungsfähig. „Warum bist du eigentlich so schlecht auf die Linguiden zu sprechen?" wollte Faragit wissen.
Am Eingang zum Lager, gegen einen Baum gelehnt, stand einer von Aramus Shaenors Schülern.
Sein Haar war blauschwarz, mit gleichmäßigen, fliederfarben eingefärbten Streifen darin. Die aufgebauschte Mähne ließ den schlanken Körper als sehr zierlich erscheinen.
Wie eine seltsame, fremdartige Puppe stand der junge Linguide im Sonnenschein. Seine Haltung war anmutig wie die eines Tänzers.
Er rührte sich nicht. „Der da zum Beispiel", sagte Atlan und deutete mit dem Kinn auf den Schüler des Friedensstifters. „Siehst du, was er da tut?"
„So, wie ich es sehe, tut er gar nichts", bemerkte Faragit gelassen. „Das ist ein Irrtum", erwiderte Atlan. „Laß dich bloß nicht von dieser Pose täuschen! In Wirklichkeit ist er überaus beschäftigt."
„Du kannst die Linguiden nicht leiden", stellte Faragit fest. „Ja - weil sie ständig alle Leute um sich herum belauschen", erwiderte Atlan ärgerlich. „Hast du das nicht gemerkt?"
Faragit zeigte sich amüsiert. Sein schiefes Gesicht verzog sich zu einer Fratze. „Nein", sagte der Biont kopfschüttelnd und blickte neugierig zu dem jungen Linguiden hinüber. „Woran kann man das bei einem von denen erkennen?"
Das, dachte Atlan, ist eine gute Frage!
Natürlich drängten sich die Schüler der Friedensstifter niemandem auf. Sie blieben stets im Hintergrund. Es gab keine sichtbaren Anzeichen für ihre Tätigkeit. „Wenn sie wenigstens lange Ohren hätten", bemerkte Faragit spöttisch, „dann könnte ich dir vielleicht noch glauben."
Atlan erkannte mit Bedauern, daß er sich mit seinem Versuch, Faragit gegen die Linguiden einzunehmen, bei dem Bionten nur lächerlich gemacht hatte. „Das mit den langen Ohren kommt schon noch, mein Freund!" versicherte er, indem er einen scherzhaften Tonfall anschlug - dies schien ihm der einzige Weg zu sein, mit Anstand und ohne offenen Mißklang aus diesem Gespräch auszusteigen. „Alles nur eine Frage der Zeit. In ein paar tausend Jahren werden ihre Ohren so lang sein, daß die Linguiden damit einen Fuchs in seinem Bau belauschen können, ohne in die Knie zu gehen!"
Diese Vorstellung schien den Bionten zu belustigen, obwohl er sich wohl kaum eine realistische Vorstellung von der Tiefe eines wirklichen Fuchsbaus machen konnte. „Schon möglich", gab Faragit lächelnd zurück. „Aber das werden wir beide zum Glück nicht mehr erleben."
Damit stapfte er davon.
Atlan sah ihm nach.
Der Biont wallte wiegenden Schrittes die Straße entlang - ein großer, dicker, häßlicher Mann mit viel zu langem, erschreckend dünnem Hals.
Faragit hielt den Kopf wie immer nach links geneigt. Die Haut- und Fleischstränge, die von seiner linken Wange ausgingen und mit der Schulter verwachsen waren, wirkten im Gegenlicht wie eine absonderliche Kopfstütze, die der Biont mit sich führte, um seinem massigen Schädel den dringend benötigten
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