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156 - Auf dem roten Planeten

156 - Auf dem roten Planeten

Titel: 156 - Auf dem roten Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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strömte er in den See und an dessen Nordufer wieder hinaus. Matt Drax entdeckte einen flachen Gebäudekomplex nahe der Mündung.
    »Das ist das archäologische Camp«, sagte Chandra. Sie hatte sich erhoben, um wenige Schritte von ihnen entfernt wieder Platz zu nehmen.
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich habe dort während meines Geschichtsstudiums zwei Sommer lang gearbeitet.«
    »Wir finden dort ein Fahrzeug«, sagte Schwarzstein.
    »Windtänzer ist sicher. Bis dahin müsst ihr es noch schaffen.«
    Drax brummte etwas Unverständliches und machte eine grimmige Miene. Am liebsten hätte er sich im Gras ausgestreckt und eine Runde geschlafen. »Was genau ist eigentlich ein ›Weltenwanderer‹?«
    Schwarzstein zuckte mit den Schultern. »Frag den Baumsprecher.«
    »Und wieso nennt ihr den Ersten eurer Baumsprecher ›Meister des Strahls‹?« Wieder erntete er ein Schulterzucken.
    »Es hat mit dem gefährlichen Strahl im Norden zu tun, habe ich Recht?« Matthew drehte die Sauerstoffzufuhr wieder auf dreißig Prozent herunter. Die Kapsel war noch mehr als halbvoll.
    »Ich kann dir nicht antworten, Erdmann. Frag Windtänzer.«
    Zehn Minuten später ging es weiter. Drax wunderte sich, weil Chandra plötzlich zur Eile antrieb. Sie liefen den Hang hinunter und erreichten zwei Stunden später die Flussmündung.
    Mittlerweile dämmerte bereits die Nacht herauf.
    Matt Drax hielt sich an Windtänzers Seite. »Ihr nennt euren Ersten Baumsprecher auch ›Weltenwanderer‹ und ›Meister des Strahls‹«, brachte er noch einmal seine Frage an. »Warum?«
    »Schwer zu erklären für einen Uneingeweihten.«
    »Dann weihe mich ein.«
    »Keiner außer einem Weltenwanderer kann das tun. Ich bin nur sein Schüler.«
    Drax verdrehte die Augen. »Und sehr bescheiden.« Er gab auf, vorläufig. Die Mentalität dieser Leute war einfach zu fremdartig für ihn. Er liebte es schnörkellos, sie dagegen zogen das Ungefähre vor, und ihr Denken folgte eher einer Spiralbewegung als einer geraden, logischen Linie.
    Wahrscheinlich die Folge allzu vielen Herumkletterns auf Bäumen voller Wendelstiegen.
    Das alte Ausgrabungscamp war frei zugänglich. Es bestand im Wesentlichen aus zwei großen und einer kleinen Baracke.
    Alle drei Gebäude waren unverschlossen.
    »Und wo fanden die Ausgrabungen statt?«, wollte Matthew Drax wissen.
    »Am Mündungsufer in erster Linie.« Chandra deutete auf einen Weg, der vom Gelände in das hohe Ufergras hineinführte. »Keine fünfhundert Meter von hier.« Zielstrebig steuerte sie die kleine Baracke an. Deren Außenwände waren aus rotem Stein, das Flachdach aus trübem, gerippten Kunststoff, die beiden Torflügel aus grauem Holz. Chandra rüttelte energisch daran und zog einen Flügel auf. »Ein Kombirover, wusste ich's doch…!«
    Nacheinander traten sie ein. Chandra fand einen Lichtschalter; zwei Wandlampen flammten auf und warfen die Schatten von Staubflocken und Spinnennetzen auf den Steinboden und die verrottete, zur Hälfte eingestürzte Deckenverkleidung. Spinnentiere gab es hier also offenbar auch.
    An den Wänden standen leere Regale, am Boden lagen Deckenteile und verrostete Werkzeuge. So verlassen und verwahrlost wie das ganze Gelände war auch diese Baracke.
    Dreck, Spinnen und winzige rotbraune Insekten hatten hier die Herrschaft übernommen. Die kleinen Insekten erinnerten Drax an Ameisen. Von Menschen war weit und breit nichts zu sehen.
    Was Chandra als »Kombirover« bezeichneten hatte, sah aus wie ein kleines Schnellboot mit sechs Rädern; hohe, breite Räder aus einem grauen, undefinierbaren Material, das jedenfalls kein Gummi war.
    Teile der heruntergefallenen Deckenverblendung bedeckten den Dreiachser. Gras wucherte im aufgeplatzten Stein des Bodens und hüllte die untere Hälfte des Fahrzeugs ein, Staub lag fingerdick auf seinem Dach. Es wirkte so verloren wie das ganze Camp.
    Matthew fühlte sich unversehens an seine ersten Exkursionen auf der postapokalyptischen Erde erinnert; in einer Welt des Verfalls und der Einsamkeit. Noch gut erinnerte er sich an den Hummer-Jeep, den er damals instand gesetzt hatte.
    Chandra und Schwarzstein räumten Latten und Kunststoffplatten von dem Gefährt. Äußerlich sah es zwar schmutzig und zerkratzt aus, aber die Scheiben, Lampen, Spiegel und das halbe Dutzend Antennen waren ohne sichtbare Schäden.
    »Schauen wir, ob wir das Ding in Gang kriegen.« Chandra kletterte auf das Trittbrett. Die vordere Tür ließ sich problemlos öffnen. Sie stieg ein und rutschte

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