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156 - Die Rache der Schattenfrau

156 - Die Rache der Schattenfrau

Titel: 156 - Die Rache der Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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nebenbei wahr. Ich hatte einen anderen Mann gesehen, der mit dem König in den Kerker gekommen war. Es war jener Christoph von Waldeck, der Sohn des Bischofs, der jetzt einer der Pagen des Königs war. Seine braunen Augen waren auf mich gerichtet, und ein Schauer lief über meinen Körper, als ich sah, daß auch er mich begehrte.
    „Du bist die Elisabeth Wandscherer, die sagt, daß es in dieser Stadt keinen Mann gibt, der sie zähmen kann?" fragte der König.
    Ich nickte und warf den Kopf in den Nacken. In diesem Augenblick schloß ich mit meinem Leben ab. Ich erinnerte mich zu genau der Weiber, die Nilan, der Zyklop, getötet hatte, weil sie aufrührerische Reden gegen die Männer gehalten hatten. An Elisabeth Holscher, die es ablehnte, mit ihrem Mann zu schlafen. An Katharina Kockenbeckers, die innerhalb von zwei Tagen zwei Männer heiratete. An Margarethe aus Osnabrück, die sich weigerte, die frommen Reden ihres Mannes anzuhören, und ihm ins Gesicht spuckte.
    Sie waren längst nicht die einzigen. Und ich würde jetzt zu ihnen gehören. Angst lähmte auf einmal meine Glieder. Ich sah nur die großen braunen Augen Christoph von Waldecks vor mir.
    „Wenn du mir versprichst, gehorsam und demütig zu sein, Elisabeth Wandscherer, dann will ich dich heiraten", sagte der König lüstern.
    Meine Lippen zitterten.
    Christoph von Waldeck sah wohl, daß ich eine lästerhafte Erwiderung auf der Zunge hatte. Er nickte mir rasch zu. Konnte es sein, daß er sich noch an mich erinnerte und etwas für mich empfand?
    „Nun, Elisabeth?" fragte der König.
    „Wenn deine Magd die Gnade in den Augen meines Königs erlangen könnte", erwiderte ich, „wird die Magd ihrem König in allem gehorsam sein. Auch wenn er mir befiehlt, die Füße aller seiner Frauen zu waschen."
    Die Antwort gefiel Jan van Leyden. Er heiratete mich noch am selben Tag. Ich wurde in das Weiberhaus gebracht, das an den Königspalast angrenzte, und in prächtige Kleider gesteckt. Divara, die Königin, nahm mich in ihre Obhut, und auch die anderen Frauen begegneten mir freundlich. Es war ihnen verboten, Neid untereinander zu zeigen. Clara und Anna Knipperdollinck und auch die meisten anderen waren noch sehr jung. In Gegenwart des Königs ließen sie mich in Ruhe, doch wenn wir allein waren, ließen sie ihre kleinen Bosheiten an mir aus. Die schlimmsten waren jedoch Anna Kibbenbrock und Margaretha Moderson, die sich etwas darauf einbildete, daß sie als einzige der Frauen des Königs einen dicken Bauch hatte.
    Sie hatten den ganzen Tag nichts anderes zu tun, als dem König zu gefallen. Mich widerte es an. Ich haßte die Stunden, in denen Jan von Leyden zum Essen ins Weiberhaus kam.
    Er hatte eine Holztafel mit unseren Namen anfertigen lassen, die im Speisesaal an der Wand hing. Unter jedem Namen befand sich ein Loch und ein an einem Band hängendes Holzstäbchen. Während des Essens, das Diener und Köche unter der Leitung des Hofmeisters Heinrich Rodde auftrugen, musterte der König uns wortlos und traf seine Wahl. Am Ende des Essens steckte er das Stäbchen der Erwählten unter ihrem Namen ins Loch.
    Auch wenn ich mit dem König schlief, was ihm großen Gefallen zu bereiten schien, dachte ich nur an Christoph von Waldeck. Er hatte eine Frau, doch das kümmerte mich nicht. Die meisten Männer in Münster hatten mehrere Frauen.
    Immer wieder versuchte ich, heimlich mit ihm zu sprechen. Er wich mir aus, denn er wußte, daß der König uns beide töten würde, wenn er uns ertappte. Doch auch sein Verlangen nach mir wuchs mit jedem Tag.
    Dann liebten wir uns das erste Mal im Heu eines Stalles, der an den Palast des Königs angrenzte. Unsere Leidenschaft war so groß, daß wir den Prädikanten Bernhard Rothmann nicht wahrnahmen, der uns beobachtete.
    Christoph und ich liebten uns mit verzehrender Heftigkeit. Keiner von uns beiden wußte, daß es jemanden gab, der unser Geheimnis kannte.
    Ich beschwor Christoph immer wieder, mit mir aus der Stadt zu fliehen. Doch Christoph brachte es nicht fertig, seine junge Frau Engele allein in Münster zurückzulassen. Er sagte, daß er mich mehr liebe als sie, aber sein Mitleid mit ihr wäre zu groß, als daß er ihren Tod riskieren könnte.
    Wochen vergingen. Ich hatte schon alle Hoffnung aufgegeben. Ich wußte, daß Christoph nicht vom Glauben der Wiedertäufer durchdrungen war. Er war nur durch Zufall in der Stadt. Man hatte ihn auf den Schanzen gefangengenommen, als er einen Spaziergang gemacht hatte, und wenn er sich nicht

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