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156 - Die Rache der Schattenfrau

156 - Die Rache der Schattenfrau

Titel: 156 - Die Rache der Schattenfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dämonenkiller
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hätte noch einmal taufen lassen, wäre ihm wahrscheinlich der Kopf abgeschlagen worden. Dann kam der Tag, an dem das Leben für mich seine Bedeutung verlor.
    Christoph erzählte mir, daß er erfahren habe, daß Bernhard Rothmann von uns wußte.
    Ich wollte sofort mit ihm fliehen. Doch er wagte es auch diesmal nicht. Da begriff ich, daß seine Frau ihm mehr bedeutete als ich.
    Ich wandte mich von ihm ab, kehrte in den Palast zurück, legte all mein Geschmeide ab, zog das einfache Kleid an, in dem ich zum erstenmal den Palast betreten hatte, und suchte den König auf. Seine Stirn legte sich in Falten, als er mich in dem Kleid und ohne das Geschmeide sah, das er mir geschenkt hatte.
    Meine Stimme klang ganz ruhig, als ich sagte: „Ich möchte deine Stadt verlassen, mein Herr. Es gibt zuviel Hunger hier, und der Tag wird kommen, an dem Gott uns für unseren Frevel strafen wird."
    Ich sah, wie sich das junge Gesicht Jan van Leydens vor Wut verzerrte. Er begann zu brüllen. Männer liefen herbei. Er nannte mich eine ketzerische Hure und befahl, mich zum Prinzipalmarkt zu bringen.
    Sie packten mich an den Armen und schleiften mich über den Domplatz.
    Ich war ganz ruhig. Seit ich wußte, daß Christoph von Waldeck eine andere mehr liebte als mich, wollte ich nicht mehr leben.
    Dann stand ich hoch erhobenen Hauptes vor dem König auf dem Prinzipalmarkt.
    Um uns herum drängten sich Frauen und Männer.
    Der König riß dem neben ihm stehenden Bernhard Rothmann das Schwert aus den Händen. In Rothmanns schwarzen Augen war ein eigenartiges stumpfes Glitzern. Er war ein Teufel, das wußte ich seit jenem Tag, als er Isoldes Kind in seine Arme genommen hatte.
    Ohne ein Wort holte der König aus und schlug zu.
    Es war seltsam. Ich verspürte keinen Schmerz. Ich hatte immer gedacht, daß sämtliche Empfindungen mit dem Tod vom Menschen abfielen, doch es war ganz anders. Meine Augen sahen noch. Ich schaute von den Steinplatten eines Bogengangs hinauf zu meiner Gestalt, die noch aufrecht stand. Ein Mann namens Ludger Wechake gab meinem Körper einen Stoß, so daß er stürzte.
    Die Menge kreischte. Der König schien jetzt zur Besinnung zu kommen. Er ließ das Schwert fallen, das klirrend neben meinem Kopf auf den Steinplatten liegenblieb. Er hob sein Gesicht zum Himmel und rief: „Der Vater wollte es! Sie war eine Rebellin!"
    Bernhard Rothmann stand auf einmal neben ihm.
    Der Blick seiner stumpfen Augen traf mich. Als einziger bemerkte er, daß noch Leben in meinem Kopf war.
    Rothmann begann, mit seiner dunklen, etwas hohl klingenden Stimme zu singen: „Ehre sei Gott in der Höhe!"
    Die Menge fiel ein.
    „Und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen…"
    Der König drehte sich um.
    Musikanten waren da. Er gab ihnen ein Zeichen, und sie begleiteten mit ihren Instrumenten den Gesang, der zum Himmel stieg.
    Ich sah Anna und Clara Knipperdollinck, die schwangere Margaretha Moderson, Königin Divara, Maria Heckers, Anna Kibbenbrock und all die anderen Frauen des Königs. Sie faßten sich an den Händen und begannen, um meinen Leichnam herumzutanzen. Margaretha Moderson spuckte auf mich, Anna Kibbenbrock versetzte mir einen Tritt. Bernhard Rothmann feuerte sie an. Sie tanzten immer wilder. Und niemand sah das spöttische Grinsen auf Bernhard Rothmanns Gesicht. Sie alle waren dem Satan auf den Leim gekrochen.
    Man verscharrte mich in einem Massengrab. Meinen Kopf und meinen Leib. Dunkelheit war um mich herum, und ich war verzweifelt, daß nicht endlich alles ein Ende hatte.
    Dann sah ich Bernhard Rothmann wieder.
    Er war ein unförmiger, schleimiger Klumpen, der sich an den Leichen ergötzte, die mit mir zusammen ins Grab geworfen worden waren. Ich mußte sein widerliches Schmatzen und Schlürfen tagelang mitanhören.
    Doch an mich wagte er sich nicht heran. Irgend etwas hielt ihn davon ab.
    Ich wußte nicht, wieviel Zeit vergangen war, als ich es zum erstenmal schaffte, mich zu bewegen. Die Erde über mir war fester geworden. Ich spürte meine Kräfte wachsen.
    In meinem Hirn wuchsen der Haß und der Wille, mich zu rächen für das, was man mir angetan hatte. Und ich hatte noch ein Versprechen zu erfüllen, das ich Isolde Knipperdollinck gegeben hatte. Damals, in ihrer schwersten Stunde, hatte ich versagt.
    Jetzt wollte ich es wiedergutmachen und die Ausgeburt der Hölle, die ihrem Schoß entsprungen war, töten.
    Bald fühlte ich mich stark genug, mich zu erheben und das Erdreich um mich herum aufzukratzen. Ich erreichte

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