156 - Die Rache der Schattenfrau
der Nacht.
Dorian streckte den Kopf hinaus. Häuser ragten zu beiden Seiten einer engen Gasse auf. Er vermutete, daß es die Gruetgasse war. Kein Mensch war zu sehen. Er kletterte ganz hinaus und schirmte den geöffneten Schacht mit seinem Körper gegen das Licht der Gasseneinmündung auf den Prinzipalmarkt hin ab.
Die anderen verließen den Schacht und traten neben ihn.
Dorian spürte eine Bewegung an seiner rechten Hand. Er hielt noch immer den ausgezogenen Kommandostab darin. Die Spitze schlug aus. Das bedeutete, daß es ganz in der Nähe ein Magnetfeld geben mußte.
Sein Blick fiel auf Phillip.
Der Hermaphrodit zitterte am ganzen Körper. Er fror in seinem dünnen Nachthemd, obwohl Coco ihn mit ihrem Körper zu wärmen versuchte.
Dorian folgte der Richtung, die der Kommandostab angezeigt hatte. Ein paar Meter weiter neben einer alten Ziegelsteinmauer schlug der Kommandostab heftig aus.
Dorian holte Don Chapman aus seinem Mantel und setzte ihn auf der Straße ab. Er reichte ihm einen von den beiden Magischen Zirkeln, die er in der Tasche seines Mantels trug.
„Du wirst mit Phillip nach Castillo Basajaun zurückgehen, bevor er sich hier den Tod holt, Don“, sagte er.
Don Chapman wollte protestieren, doch der Dämonenkiller hatte Coco schon von Phillip getrennt und auch Christoph von Waldeck ein paar Meter von dem Magnetfeld weggezogen.
Don Chapman reichte Coco schnell seinen Kommandostab. Dann steckte er mit dem Magischen Zirkel das Magnetfeld ab. In Sekundenschnelle verflüchtigten sich die beiden Gestalten. Dorian hatte den jungen Christoph von Waldeck schon zum Prinzipalmarkt hinübergeführt, so daß er nichts von Don Chapmans und Phillips Verschwinden mitkriegte.
Als er sich nach ihnen umdrehte, sagte Dorian: „Sie kommen schon allein zurecht."
Sie traten zwischen dem Rathaus und dem Stadthaus auf den Prinzipalmarkt hinaus. Ein kurzer Blick zur Fassade des Rathauses zeigte Dorian, daß das Sendschwert immer noch verschwunden war.
Er wollte Coco gerade sagen, daß sie den Jungen zurück zur Polizei bringen sollte, als er ein Wispern zu hören glaubte, das vom oberen Teil des Prinzipalmarktes zu ihm herüberwehte.
Werner Rogalski war der festen Überzeugung, hinter der Story seines Lebens herzusein. Er hatte es schon in jener Nacht gespürt, als der Leichnam Gabi Brocks unter dem Bogengang eines Hauses am Prinzipalmarkt gefunden worden war.
Die Polizei tappte immer noch im dunkeln.
Kommissar Krombach ließ die Freundinnen Gabi Brocks überwachen. Das hatte er von einem Mann in der Mordkommission erfahren, der ihm ab und zu ein paar Tips gegen Bares verschaffte. Krombach und Leskien gaben kaum Informationen an die Presse weiter. Zuerst hatte Rogalski gedacht, daß sie wirklich nichts wußten. Doch dann war ihm von dem seltsamen Pärchen berichtet worden, mit dem Krombach seit dem Mord ein paarmal gesehen worden war.
Die Beschreibung der beiden war ihm irgendwie bekannt vorgekommen, doch so sehr er sich auch zu erinnern vermochte, er kam nicht darauf, wo er sie schon einmal gesehen haben könnte. Überhaupt war am vergangenen Abend etwas Seltsames geschehen.
Er erinnerte sich noch genau daran, daß sein Mann im Polizeigebäude ihn angerufen und gesagt hatte, daß man das „Gespenst" in einem Haus am Horsteberg entdeckt habe.
Rogalski hatte sich auf dem schnellsten Weg dorthin begeben.
Doch dann brach seine Erinnerung abrupt ab. Er mußte für ein paar Stunden völlig weggetreten sein. Zornesröte stieg ihm jetzt noch ins Gesicht, als er an die Morgenzeitung dachte. Seine Kollegen hatten über den Polizeieinsatz am Dom und dem anschließenden Auftauchen des „Gespensts" unter den Bogengängen des Prinzipalmarkts ausführlich berichtet, während er sich das Gebrüll seines Chefredakteurs hatte anhören müssen, dem er die Story des Jahres versprochen hatte.
Er war den ganzen Tag unterwegs gewesen.
In Krombachs Abteilung war die Hölle los. Ein junger Mann, den man am Horsteberg verhaftet hatte, weil er im Verdacht stand, mit dem „Henker von Münster" zusammenzuarbeiten, erwies sich als Geistesgestörter. Man hatte ihn in die Gummizelle gesperrt und die Männer vom Alexianer benachrichtigt, die ihn in die Klapsmühle bringen sollten. Doch Leskien hatte dieses ominöse Pärchen zu dem Verrückten gelassen. Auf unerklärliche Weise waren sie alle drei aus der geschlossenen Zelle verschwunden.
Krombach hatte ihn hinausgeworfen, doch Rogalski hatte sich auf die Lauer gelegt. Und er hatte
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