156 - In den Katakomben von St. George
einfachen Sarg zum Schweben. Alles, was Loxagon machte, beeindruckte den Bestattungsunternehmer ungemein.
Wenn ich doch nur auch übernatürliche Fähigkeiten besäße, dachte Chamberlain und seufzte tief.
Der Sarg flog an ihm vorbei und knallte mit geschlossenem Deckel gegen die Wand.
»Sie werden durch dieses Tor kommen«, sagte Loxagon.
»Frank Esslin und Kayba?« fragte Chamberlain verwirrt. »Wieso sagst du Tor? Das ist ein Sarg, der billigste, den es gibt.«
Der Sarg stand senkrecht vor dem Leichenbestatter, klebte förmlich an der Wand.
»Das war ein Sarg«, sagte der Teufelssohn. »Jetzt ist es ein Tor öffne den Deckel, dann wirst du es sehen.« Chamberlain lächelte verlegen. »Ich würde mir niemals erlauben, an deinen Worten zu zweifeln.«
»Öffne den Sarg!« verlangte Loxagon, und Warren Chamberlain gehorchte sofort.
Verdattert wich er zurück, denn der Sarg hatte keinen Boden mehr. Dahin ter befand sich aber auch keine Mauer. Nichts behinderte den Blick. Chamberlain hatte den Eindruck, in eine andere Welt zu sehen. Da war eine weite, steinige Ebene. Und eine aufgehende Sonne - mitten in der Nacht! Und ein Himmel mit Wolken!
»Ich bin… bin sprachlos«, sagte Warren Chamberlain überwältigt.
***
Diesmal nahm ich Mr. Silver mit.
Vicky Bonney und ich hatten uns gerade zurückziehen wollen, als das Telefon anschlug. Eine ungünstige Zeit für einen Anruf; es fehlte nicht mehr viel auf Mitternacht.
Vor etwa 30 Minuten war der Ex-Dämon plötzlich unruhig geworden.
»Irgend etwas nicht in Ordnung?« hatte ich ihn gefragt.
»Du wirst es mir wahrscheinlich nicht glauben, aber ich spüre feindselige Impulse«, hatte der Hüne erwidert.
Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Mr. Silver tatsächlich Feindseligkeit spürte. Der Ex-Dämon kniff die perlmuttfarbenen Augen zusammen und ließ den Blick mißtrauisch durch den Living-Room schweifen.
»Könnte von draußen kommen«, sagte Mr. Silver und erhob sich.
Gleichzeitig hörte ich einen Wagen losfahren. Wir eilten beide zum Fenster. Ich fegte den Vorhang zur Seite, wir schauten hinaus. Der Wagen war nicht mehr zu sehen.
Ich wandte mich Mr. Silver zu. »Und jetzt?«
»Jetzt ist das Gefühl weg«, stellte der Ex-Dämon fest.
Jemand, der in einem Wagen gesessen hatte, hatte Mr. Silvers Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Hatte es sich um einen Schwarzblüter gehandelt? War Rufus schon wieder im Rennen? Hatte der Killer mit den Teufelszangen unser Haus beobachtet?
Niemand konnte diese Frage beantworten.
Und nun hatte das Telefon geläutet. Mr. Silver nahm das Gespräch entgegen, ich befand mich mit Vicky bereits auf der Treppe. Der Ex-Dämon rief mich zurück.
»Wer ist es?« wollte ich wissen.
»Inspektor Stack.«
Ich spürte, wie sich mein Magen zusammenkrampfte. Wenn William Stack um diese Zeit anrief, hatte das nichts Gutes zu bedeuten. Ich bereitete mich auf eine neue Hiobsbotschaft vor.
»Ja, Inspektor?« sagte ich, nachdem ich Mr. Silver den Hörer aus der Hand genommen hatte.
»Der Killer hatte schon wieder zugeschlagen, Mr. Ballard.« Es hörte sich wie ein Vorwurf an, als wollte Inspektor Stack auch sagen: Warum hast du ihn immer noch nicht zur Strecke gebracht? Wozu habe ich dich hinzugezogen, dich um Hilfe gebeten?
»Einen Arzt«, sagte William Stack. »Dr. Boris Fabares. Wollen Sie herkommen?«
»Ist doch wohl klar.«
»Ich dachte nur, weil es schon spät ist…«
»Ich könnte jetzt sowieso nicht schlafen«, sagte ich. »Wie ist die Adresse?«
Der Inspektor nannte sie.
»Ich bin in 20 Minuten da.«
Mr. Silver kam mit. Ich hoffte, daß er mit Hilfe seiner magischen Fähigkeiten eventuell eine brauchbare Spur finden würde. Manchmal hinterlassen Höllenwesen Spuren, die man mit bloßem Auge nicht sehen kann. Aber Mr. Silver kann sie sichtbar machen. Mir gingen während der Fahrt diese feindseligen Impulse durch den Kopf, die der Ex-Dämon wahrgenommen hatte, und ich war froh, daß Roxane bei Vicky war, damit wir bei unserer Rückkehr keine weitere unangenehme Überraschung erlebten.
Die Frist von 20 Minuten, die ich mir gesetzt hatte, war knapp bemessen gewesen, aber es ging sich aus. Mehrere Polizeifahrzeuge standen vor dem Haus des Arztes.
Zwei Bobbys wollten mich nicht durchlassen. Ich wies mich aus, und sie gaben den Weg frei.
Im Wohnzimmer war noch nichts verändert worden. Der Tote lag auf einem Stuhl.
Meine Kehle schnürte sich zu. Ich wandte mich an Inspektor Stack. Bevor er mir die Hand reichte, behandelte er
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