1560 - Ahnenfluch
Fahren Sie zu dem Teil, wo die Frachtmaschinen ausgeladen werden. Wir begeben uns dann gemeinsam zum Ziel. Wenn Sie an die Sicherheitsschleuse kommen, melden Sie sich bei mir an. Ich gebe den Mitarbeitern Bescheid, damit man sie durchlässt.«
»Geht in Ordnung, Mr. Russell. Dann bis gleich.«
»Ja, ich warte auf Sie.« Das war ja besser gelaufen, als ich erwartet hatte. Meine Laune stieg an, doch in mir gab es ein Gefühl, das mir riet, nicht allzu optimistisch zu sein. Die Sorge um Suko und Shao dämpfte meine Laune wieder.
Glenda tauchte auf. »Na, hast du Erfolg gehabt?«
»Ja, ich fahre gleich los und treffe mich mit Kirk Russell.«
»Willst du den Chef informieren?«
Ich stand auf und winkte ab. »Sollte er nach mir fragen, kannst du ihn ja über die Einzelheiten informieren. So wie die Dinge liegen, lass ihn in Ruhe. Sag ihm, ich sähe da noch keinen Fall. Falls er mehr wissen will, kann er mich ja auf dem Handy erreichen.«
»Wie du willst.«
Ich trank erst die Tasse leer. Sie gefüllt stehen zu lassen konnte ich Glenda nicht antun, die mich schon sehr skeptisch anschaute, als ich mein Büro verließ…
***
War sie echt oder nicht?
Diese Frage schoss Suko wie ein Blitzstrahl durch den Kopf. Er hatte sich auf einiges eingestellt, doch dieses Erscheinen hatte ihn überrascht, und er blieb stehen, ohne sich zu rühren.
Seine anderen Gedanken waren wie fortgewischt. Seine volle Konzentration galt jetzt dieser Gestalt, die ihn anschaute und bei der es eine Veränderung gab.
Was im Sarg durch die Kleidung verborgen gewesen war, das hing jetzt offen vor der Brust des seltsamen Toten. Es war ein großer Kristall, der soeben noch mit einer Hand umschlossen werden konnte. So wie Johns Kreuz oft vor seiner Brust hing, war das bei Hai King der Stein.
Und er leuchtete. In seinem Innern zuckte Licht hin und her. Eine grüne Energie, von der Sukos Blick angezogen wurde wie von einem starken Magneten.
Er selbst tat nichts. An sein Vorhaben, nach den Piloten zu sehen, dachte er nicht mehr. Es gab nur noch die Gestalt, die aus irgendwelchen Gründen ihren Sarg verlassen hatte, wobei Suko sich nicht sicher war, ob Hai King feinstofflich war oder nicht. Jedenfalls sah er so aus wie der Tote im Sarg. Eben eine Mumie mit der vermodert aussehenden Haut, dem absolut hässlichen Gesicht und den leicht geschlitzten Augen, in denen ebenfalls so etwas wie ein grünes Licht funkelte.
Die Gestalt war nach wie vor in diese Leinentücher gewickelt. Von allein konnte sie sich bestimmt nicht bewegen, und trotzdem hatte sie es geschafft, in den Passagierraum zu gelangen. Auch etwas, was Suko hinnehmen musste, ohne es erklären zu können.
Es war für Suko nichts zu hören, auch nichts zu riechen. Die Mumie konnte man als neutral bezeichnen, und doch spürte Suko, dass er immer stärker in ihren Bann geriet. Er wollte sich dagegen wehren, was er jedoch nicht schaffte, denn die Macht der Mumie drang in sein Gehirn ein und gab ihm einen Befehl.
»Komm näher…«
Suko wollte nicht. Aber die andere Seite war stärker, und Suko musste feststellen, dass ihn diese Macht bereits übernommen hatte. Deshalb ging er.
»Nimm den Stein!«
Wieder erlebte Suko, dass er nicht fähig war, sich dagegen zu wehren, und so ging er den allerletzten Schritt und streckte dabei seine rechte Hand aus, um dem Befehl Folge zu leisten. Er umfasste den Stein! In diesem Augenblick geschah es. So eine starke Kraft hatte Suko noch nie gespürt. Die Kraft drang in seinen Körper ein und übernahm ihn. Sie war etwas völlig Fremdes, das nicht zu einem Menschen gehörte.
Er war absolut machtlos. Er wurde übernommen. Es gab keine Faser in seinem Kopf, die davon verschont geblieben wäre. Sie jagt in ihn hinein. Er spürte einen Schwindel und wunderte sich nicht mal darüber, dass er noch auf den Beinen blieb.
Das war ihm alles egal geworden. Das Unnormale wurde zur Realität.
Er schaute nach vorn und sah nur den großen Kristall, der von seinen Fingern umschlossen wurde. Und das Licht!
Es strahlte aus dem Stein hervor. Seine Farbe war ein intensives Gelbgrün.
Suko hatte den Mund und die Augen geöffnet.
Das Licht erwischte ihn voll. Es sah sogar so aus, als würde Suko es schlucken.
Er konnte nicht sagen, wie lange der Vorgang angedauert hatte, aber er blieb auf der Stelle stehen, bis das Licht zusammensackte und die Mumie plötzlich verschwand, als wäre sie von einem Windstoß weggeblasen worden.
Sukos Arm sank nach unten. Er schaute noch immer
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