1560 - Ahnenfluch
die eigenen Worte unpassend vorkamen, sie sprach sie trotzdem aus.
»Du musst wissen, Suko, dass ich immer an deiner Seite bleibe, was auch passiert. Uns kann nichts trennen, auch kein Angriff schwarzmagischer Kräfte.«
Shao wartete auf eine Antwort, die sie auch erhielt.
Es war ein Lächeln, nicht mehr…
***
Kirk Russell hatte mich an einen bestimmten Ort gebracht, von dem aus ich das Tor sehen konnte, durch das der Wagen fahren musste, wenn er den Sarg abholte. Ich hatte mich unter ein Vordach gestellt, das mich auch vor Regenschauern schützen würde, sollten sich die Wolken am Himmel noch mal öffnen.
Jetzt hieß es warten. Nicht gerade meine Lieblingsbeschäftigung, aber manchmal ließ es sich eben nicht vermeiden. Ich konnte die Maschine ja nicht mit den eigenen Händen vom Himmel holen, und so wartete ich darauf, bis sie landete.
Das Flugwetter war ideal. Es lag zwar kein stahlblauer und wolkenloser Himmel über mir, aber es herrschte nur wenig Wind, da würde kein Pilot Probleme bekommen, seinen Flieger normal aufzusetzen.
Zuvor aber würde der Leichenwagen auf das Gelände rollen. Davon ging ich aus.
Russell hatte mich zwar allein gelassen, aber auch versprochen, wieder zurückzukehren. Zuvor hatte er noch einige andere Dinge zu erledigen.
In eine Kunststofffolie eingeschweißt war der Ausweis, der mich berechtigte, mich innerhalb dieses Geländes aufzuhalten. Wie auch die zahlreichen Mitarbeiter, die hier ihrem Job nachgingen, Gepäckstücke mit Wagen zu den entsprechenden Zielen fuhren oder sie auf irgendwelchen Gabelstaplern transportierten.
Hin und wieder wurden mit misstrauische Blicke zugeworfen, aber man gewöhnte sich auch an meine Anwesenheit.
Ab und zu schwang das Tor auf, wenn sich die Ankömmlinge ausgewiesen hatten.
Es waren in der Regel Fahrzeuge von Firmen, die irgendwelche Waren brachten oder abholten.
Nur ein Leichenwagen befand sich nicht darunter. Auf ihn musste ich länger warten.
Aber er kam.
Meine Spannung wuchs, als ich das schwarze Fahrzeug vor dem Tor sah.
Es hielt dort an. Ein Mitarbeiter kontrollierte und öffnete dann das Tor, um den Kombi durchzulassen. Es war ein großer Chevrolet-Kombi, und seine Ladefläche war lang genug, um einen Sarg schlucken zu können.
Mich überkam so etwas wie ein Gefühl der Erleichterung. Der Wagen fuhr wieder an und steuerte eine bestimmte Stelle an, wo sich auf dem grauen Boden die hellen Streifen von Parktaschen abmalten. Dort hielt er an, und er war im Moment das einzige Fahrzeug, das dort stand.
Von meiner Position aus konnte ich es gut im Auge behalten, was mir natürlich gefiel. Ich war froh, dass mir Kirk Russell diesen Platz empfohlen hatte.
Sämtliche Scheiben wären abgedunkelt. Ich konnte nicht erkennen, wie viele Menschen sich darin befanden. Der Name des Beerdigungsinstitut ›Zum endgültigen Frieden‹ war auf der Seite des Fahrzeugs in verschlungenen Buchstaben zu lesen.
Jetzt warteten bereits zwei Parteien darauf, dass der Flieger aus New York landete.
Immer wieder warf ich einen Blick auf meine Uhr, aber ich konnte die Zeit einfach nicht schneller laufen lassen.
Auch die Besatzung des Leichenwagens hielt es nicht länger im Innern aus. Beide Türen vorn schwangen zugleich auf, und zwei Männer stiegen aus, die graue Anzüge, weiße Hemden und dunkle Krawatten trugen.
Es waren Chinesen!
Da sie vor der Einfahrt kontrolliert worden waren, verließ ich mich darauf, dass sie keine Waffen bei sich trugen, und sie machten einen recht harmlosen Eindruck oder wenigstens einen normalen. Beide waren Raucher, denn sie zündeten sich Zigaretten an und bliesen den Qualm gegen den Wind, der ihn zerflatterte.
Ich dachte darüber nach, ob ich zu ihnen gehen und sie ansprechen sollte. Aber ich musste es richtig anfangen und harmlos erscheinen. Ich dachte an meinen Ausweis, der sichtbar an meiner Lederjacke befestigt war. Sie würden mich bestimmt für einen Mitarbeiter vom Flughafen halten.
Das war nicht mal schlecht. So zögerte ich keine Sekunde länger und ging auf die beiden Männer in den grauen Anzügen zu.
Sie qualmten und hatten sogar einen kleinen Aschenbecher auf das Dach des Leichenwagens gestellt. Die beiden schienen zu wissen, was sich gehörte.
Einer von ihnen war noch jung. Auf seinem Kopf wuchs dichtes Haar, das er über der Stirn als Strähne in die Höhe gekämmt hatte. Er schien nervös zu sein, denn er fuhr laufend mit der freien Hand über den Stoff seiner Jacke hinweg. Er war es auch, der zumeist
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