1562 - Totentanz im Tanga-Club
Treffer gewesen oder hatte nicht auch die Kraft der Hexe dafür gesorgt? Unmöglich war das nicht, und meine Vermutung erhielt Nahrung, als ich merkte, dass ich mich plötzlich wieder bewegen konnte, nachdem Assunga und ihre Gefährtinnen außer Sicht waren.
Ich konnte normal aufstehen. Es tat mir auch nichts weh, und sogar lachen konnte ich wieder. Ich ging einige Schritte hin und her, befühlte einige Male meinen Nacken, aber auch dort war nichts zurückgeblieben. Es gab keine Zerrung, einfach gar nichts, es war alles so wie immer.
Und doch war ich nicht zufrieden. Ich schämte mich fast, dass es der anderen Seite gelungen war, mich so einfach zu überrumpeln.
Aber das war nicht mehr rückgängig zu machen, und so ging ich auf das zu, was Assunga und ihre Freundinnen von Alan Sutler zurückgelassen hatten.
Er lag ein paar Schritte entfernt auf dem Boden. Was von ihm übrig geblieben war, erinnerte nicht mehr an einen Menschen, sondern an einen dunklen und auch leicht feucht schimmernden Klumpen, der inzwischen nicht mehr glühte.
Trotzdem hatte die Glut alles vernichtet, und das in meinem Beisein, was ich als schlimm und zugleich demütigend empfand.
Schlimm waren auch die beiden Augen, die die Glut nicht zerstört hatte. Sie starrten mich aus der verkohlten Masse heraus an, als wollten sie mir noch im Tod einen Vorwurf machen, weil ich nicht eingegriffen hatte.
Doch das war mir nicht möglich gewesen, und ich sprach den auf dem Boden liegenden Rest mit leiser Stimme an, wobei meine Worte wie eine Entschuldigung klangen.
»Sorry, ich konnte nichts tun.«
Nach diesen Worten verließ ich den Raum, in dem zahlreiche Männer so viel Spaß gehabt hatten, was jetzt vorbei war.
Aber der Fall war nicht vorbei, das war mir klar. Ich vergaß auch nicht, wie ich gedemütigt worden war. So etwas konnte ich nicht auf mir sitzen lassen.
Für Assunga und ihre Freundinnen war die Rachetour noch nicht beendet.
Für mich aber auch nicht.
Ich verließ den Tanga-Club und trat hinaus in die stille, dunkle Nacht, in der eine Kühle herrschte, die mich zuerst leicht schaudern ließ, mir wenig später jedoch gut tat, sodass ein erstes Lächeln über meine Lippen huschte.
Ich ging ein paar Minuten hin und her, um meine Bewegungsfähigkeit zurück zu gewinnen.
Mein Blick war nach links gerichtet. Den Ort Firbank sah ich zwar nicht, das heißt, mir fielen keine Umrisse irgendwelcher Häuser auf, aber Lichter waren schon vorhanden.
Dort lebten Menschen, die ahnungslos waren. Die meisten zumindest, aber es gab auch vier Männer, die schweres Unrecht begangen hatten.
Ich ging davon aus, dass sie aus Fairbank stammten. Ihre Gesichter kannte ich nicht.
Ich sah nur die hässlichen Masken vor mir. Dennoch war ich davon überzeugt, dass ich die Männer erkennen würde, wenn es so weit war.
Ich musste mich auf die Suche nach ihnen machen.. Ich musste unter Umständen Menschen befragen und dabei mit Ärger rechnen, aber ich würde alles tun, um dieses Quartett zu stellen. Nicht nur, um die Männer ihrer Bestrafung zuzuführen, ich wollte sie auch schützen, denn Assunga und ihre vier Hexen waren unterwegs, um ihren Racheplan durchzuführen.
Mein Wagen stand noch dort, wo ich ihn geparkt hatte. Das Funksignal öffnete mir die Tür. Ich stieg ein, drückte mich gegen die Rückenlehne und konzentrierte mich auf das, was vor mir lag.
Was mich erwartete, wusste ich nicht. Ein Spaziergang würde es jedenfalls nicht werden…
***
Es war tiefe Nacht, aber noch nicht Mitternacht. In meinem Rover rollte ich langsam auf Firbank zu. Ich musste auch nicht von der Straße weg, denn sie führte direkt durch den Ort, über den ich mir meine Gedanken machte.
Immer wieder führte mich mein Job in kleine, oft einsam gelegene Ortschaften. Da erlebte ich andere Menschen als in der Großstadt. Sie waren viel verschlossener, besonders Fremden gegenüber. Oft genug hatte ich es mit einer wahren Feindseligkeit zu tun gehabt. Auch hier stellte ich mich darauf ein.
Es konnte durchaus möglich sein, dass nicht nur die vier Hexenjäger informiert gewesen waren, sondern auch die übrigen Bewohner, denn ein Bordell war den meisten sicherlich ein Dorn im Auge. Zumindest offiziell.
Es war auch vorstellbar, dass so mancher männliche Bewohner dem Haus gern einen Besuch abgestattet hätte, sich aus bestimmten Gründen aber nicht traute.
Am Beginn des Ortes standen die Häuser noch weiter auseinander. Industrieanlagen sah ich keine, und ich grübelte darüber
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