1562 - Totentanz im Tanga-Club
zurück und wies auf jede von ihnen, »wer sind sie? Was ist überhaupt mit ihnen los? Ich kenne sie so nicht, verflucht. Sie sind so anders geworden. Sie haben mitgemacht und dicke Kohle verdient. Verdammt, ich will nicht eingehen wie ein…«
Ihm fiel kein Vergleich ein, dafür löste sich ein Fluch von seinen Lippen.
»Bleiben Sie ruhig, Sutler«, wiederholte ich.
Okay, Assunga hatte mir die Augen geöffnet über ihn. Allerdings wäre das nicht unbedingt nötig gewesen. Ich war sowieso der Meinung, dass Sutler mir etwas vorgespielt hatte. Wer in so einem Laden die Aufsicht hatte, der musste ein brutaler Typ sein. Ich war mir ebenfalls sicher - wie auch Assunga -, dass hinter ihm eine Organisation stand.
Im Moment allerdings war er allein und ziemlich fertig mit den Nerven.
Aber er war ein Mensch. Ich konnte ihn nicht Assunga und ihren Hexenweibern überlassen.
»Es reicht, wenn du deine Freundinnen hast!«, rief ich ins Leere hinein. »Dieser Sutler mag ein Hundesohn sein, aber er hat Cora Bendix nicht verbrannt, falls du ihn deshalb zur Rechenschaft ziehen willst. Das kann ich beschwören.«
»Ich weiß es, John. Um Coras Mörder kümmere ich mich später. Erst ist Sutler an der Reihe. Er hat genug Schuld auf sich geladen. Er hat die Frauen geschlagen, wenn sie nicht parierten. Er hat im Tanga-Club mit sehr harter Hand regiert.«
»Dafür werde ich ihn vor Gericht stellen«, versprach ich. »Du hast kein Recht, ihn zu töten.«
Ich hörte Assunga lachen. Mir war klar, dass ich mir meine Worte hätte sparen können. Sie war gefährlich. Sie war mächtig. Mal Hexe, mal Vampirin, aber mehr Hexe. Sie hatte sich mal mit Dracula II verbündet und ihm in den Anfängen beim Aufbau der Vampirwelt zur Seite gestanden. Jetzt verstanden sie sich nicht mehr, weil beide von zu großen Machtgelüsten beherrscht wurden. Aber das Thema war im Moment nicht wichtig. Assunga hatte sich wieder mal auf Frauen konzentriert und sie zu ihren Dienerinnen gemacht. Und jetzt war sie gekommen, um abzurechnen.
Ich wusste auch, dass meine Lage nicht die beste war. Assunga akzeptierte mich. Sie griff mich nur dann an, wenn ich ihr zu nahe kam und sie bei ihren Aktionen störte.
Sie vergaß auch nie, dass ich ebenfalls einen Schutz besaß, der zugleich eine Waffe war. Vor meinem Kreuz hatte sie Respekt.
Wie gut oder schlecht meine Chancen standen, darüber wollte ich nicht nachdenken.
Aber ich wollte eine Entscheidung und Alan Sutler ihr nicht kampflos überlassen.
Ich sah wieder seine vier Feindinnen. Sie gingen weiter auf ihn zu. Die Distanz verringerte sich, und mir blieb nicht mehr viel Zeit.
»Lass es sein, John Sinclair!«
»Nein, ich…« Das nächste Wort blieb mir im Hals stecken.
Ich verspürte einen Stoß oder Schlag aus dem Unsichtbaren, der mich zur Seite schleuderte. Er hatte mich von hinten getroffen.
Ich landete auf dem Boden, rollte mich auf den Rücken, und das genau war wohl ein Fehler.
Ich kam nicht mehr hoch.
Jemand stand auf meinem Körper und drückte ihn nach unten, als wäre diese Person ein Stein.
Das war sie nicht.
Es war Assunga!
***
Sekunden verstrichen. Keiner von uns sprach.
Sie hatte sich nicht verändert. Sie trug noch immer ihren Zaubermantel. Außen schwarz, innen gelb. Er war mehr ein Cape, und beide Seiten wurden unter dem Hals von einer goldenen Brosche zusammengehalten, auf der eine Fratze zu sehen war.
Sobald der Mantel Kontakt mit jemandem hatte, sei es ein Mensch oder ein Dämon, konnte er seine Magie ausspielen und mit ihm verschwinden. Als Trägerin des Mantels konnte Assunga ein Opfer überall hin entführen.
Mir war das nicht neu. Ich hatte es einige Male erlebt, daher wusste ich, dass dieser Mantel ein besonderes Stück war. Nicht aufgrund seines Aussehens, nein, ich musste daran denken, wer ihn geschaffen hatte.
Das war Lilith gewesen, die Schlange, die erste Hure des Himmels, eine Verbündete Luzifers. Und er hatte sich auch im Besitz des echten Dracula befunden, bevor Assunga, die Dämonin mit den roten Haaren, ihn gefunden hatte.
Jetzt stand sie auf und über mir. Ich hatte mich überrumpeln lassen und fühlte mich wie ein Wurm, auf den getreten worden war, der aber noch lebte.
Wir schauten uns gegenseitig in die Augen.
Es war ein stummes Abschätzen. Es waren lauernde und auch kalte Blicke. Sie deuteten darauf hin, dass keiner von uns nachgeben wollte. Aber einer musste es schließlich tun.
»Diesmal nicht, John, diesmal nicht. Das hier ist mein Spiel, und du
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