1563 - Blut-Geschwister
Ihnen vorkommt, dass Menschen sterben und sie nicht sofort abgeholt werden. Oder?«
»Doch, wir lassen Sie sofort abholen. Meist in der Nacht. Dann sehen die anderen nicht, was passiert.«
»Haben Sie denn einen Raum, in dem der Tote liegen kann? Es dauert bestimmt nicht lange.«
»Wir haben einen kleinen Kühlraum.«
»Gut, dann muss er dorthin geschafft werden. Mein Kollege und ich werden uns darum kümmern. Gemeinsam mit Ihnen, Herr Müller. Zunächst allerdings möchten wir gern etwas anderes von Ihnen wissen.«
»Bitte«, sagte er leise.
»Es geht um zwei Personen, die wir suchen. Eine Frau und einen Mann. Beide sollen hier in der Gegend leben oder müssten es eigentlich. Die Frau heißt Lena, der Mann Leon. Sagen Ihnen die Namen möglicherweise etwas?«
Uwe Müller überlegte. Er gab sich wirklich Mühe, bis er die Schultern hob und meinte: »Ich bin nicht von hier, sondern komme aus Norddeutschland. Ich habe hier nur einen Job angenommen, das ist alles. Mit den einheimischen Zuständen kenne ich mich nicht aus, das will ich Ihnen ehrlich sagen. Lena und Leon…«, er schüttelte den Kopf, »… so leid es mir tut, aber die beiden Namen sagen mir gar nichts.«
Wir glaubten ihm, denn er machte auf uns nicht den Eindruck, dass er uns etwas verschwieg. Auch nicht aus taktischen Gründen, weil er nicht wollte, dass seine Residenz in Verruf geriet.
Da Harry Stahl schwieg, stellte ich eine Frage.
»Kennen Sie denn jemanden, der uns weiterhelfen könnte?«
Da musste er nicht lange überlegen. »Ich denke, dass Frau Bauer etwas wissen müsste.«
»Gut, und wer ist Frau Bauer?«
»Meine Mitarbeiterin im Vorzimmer. Sie werden Sie ja gesehen haben.«
»Es wäre gut, wenn sie uns helfen könnte.«
»Soll ich Sie fragen?«
»Ja, bitte«, sagte ich.
»Einen Augenblick.« Er schaltete die Sprechanlage ein und bat Frau Bauer zu uns.
Die Frau im blauen Kostüm erschien sofort. Unsere Berufe nannte ihr Chef ihr nicht, was auch gut war. Herr Müller stellte die Fragen, und seine Mitarbeiterin hörte genau zu.
»Lena und Leon…«, murmelte sie.
»Ja, die beiden sollen hier in der Nähe leben. Haben Sie die Namen schon mal gehört?«
»Da muss ich nachdenken.«
»Es wäre möglich«, sagte ich, »dass sie in einem Haus leben, das recht einsam steht. Vielleicht sogar in der Nähe eines Waldes. So etwas gibt es doch bestimmt hier in der Gegend. Ein alter Bauernhof, der nicht mehr bewirtschaftet wird, ein Haus in der Einsamkeit zwischen zwei Orten.«
Durch die Gläser ihrer Brille schaute mich Frau Bauer nachdenklich an.
»Ja, das ist hier möglich, und wenn mich nicht alles täuscht, gibt es da einen Hof, auf dem zwei Personen leben. Ein Geschwisterpaar, das den Hof aber nicht mehr bewirtschaftet. Viel mehr kann ich Ihnen nicht sagen.«
»Und was ist mit den Namen?«, fragte Harry.
»Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass es Geschwister sind. Ein Wort gewechselt habe ich noch nie mit ihnen.«
»Gesehen denn?«
»Nein, auch nicht.«
»Aber Sie wissen, wo der Hof liegt?«, fragte ich.
Frau Bauer zögerte einen Moment. Sie schien zu überlegen, ob sie etwas sagen sollte oder nicht.
»Bitte, Frau Bauer, Sie müssen es uns sagen«, bat ihr Chef.
»Das will ich auch. Ich denke nur nach. Das Haus liegt wirklich einsam. Direkt am Wald an einem Hang.«
»Waren Sie schon mal dort?«, wollte ich wissen.
»Nur vorbeigefahren. Am Ende des Hangs führt eine Straße vorbei. Von dort aus können Sie das Haus sehen, in dem die Geschwister wohnen.«
»Sie wissen nicht, wovon sie leben?«, fragte ich.
»Nein. Ich nicht und auch die anderen Menschen hier aus der Umgebung nicht. Die beiden sind den Leuten ein Rätsel. Aber man hat sich an sie gewöhnt.«
»Danke«, sagte Harry und lächelte. »Sie haben uns sehr geholfen. Jetzt würde uns nur noch interessieren, wie wir das Haus erreichen. Welchen Weg müssen wir fahren?«
Frau Bauer lächelte. »Das Haus liegt zwar einsam, aber es ist trotzdem leicht zu finden.«
Sie gab uns eine Beschreibung, und Harry machte sich ein paar Notizen.
»Das finden wir«, sagte er.
Frau Bauer lächelte und schaute in die Runde, bevor sie fragte: »Kann ich sonst noch etwas für Sie zu?«
»Danke, das war schon in Ordnung«, sagte Harry Stahl. »Sie haben uns sehr geholfen.«
Sie nickte und ging wieder zurück an ihren Arbeitsplatz.
Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, übernahm Uwe Müller das Wort.
»Na, haben die Informationen Ihnen weitergeholfen?«
»Das denke ich
Weitere Kostenlose Bücher