1563 - Blut-Geschwister
Nacht hatten sich herumgesprochen.
Ich fügte noch etwas hinzu. »Meine Freunde haben mich Geisterjäger getauft. Na, kommst du jetzt damit zurecht?«
Er knurrte etwas.
»Könnte es sein, dass ein gewisser Dracula II dir gegenüber meinen Namen erwähnt hat?«
»Du kennst den Meister?« Oh, er hatte ihn Meister genannt. Das ließ tief blicken.
»Ja, ich kenne ihn, und ich kenne ihn bestimmt besser als du, mein Freund. Ich sage dir auch, dass ich seine Vampirwelt das eine oder andere Mal besucht habe. Aber was hast du mit ihm zu tun?«
»Wir kommen aus seiner Welt. Lena und ich sind seine Boten. Wir gehören zu denen, die einen von zahlreichen Stützpunkten aufbauen werden. Wir haben sein Vertrauen.«
»Wie großzügig von ihm. Dann wird wohl auch mein Name gefallen sein, nicht wahr?«
»Das ist er.«
Ich lächelte, obwohl mir danach nicht zumute war. Nur hatte ich mich in den letzten Sekunden etwas nach rechts gedreht, damit er die Seite nicht so deutlich sah, in der das Kreuz in meiner Tasche steckte.
»Dann wird er dir auch erzählt haben, dass Vampire nicht eben zu meinen Freunden zählen, und genau das werde ich dir beweisen. Dracula II wird nicht gewinnen. Er wird es nicht schaffen, die Welt mit seinen Stützpunkten zu überziehen, solange ich lebe. Und ich habe vor, noch einige Jahre auf dieser Welt zu bleiben.«
Meine Worte waren so etwas wie eine Ouvertüre gewesen. Das richtige Stück folgte sofort danach, denn ich hatte meine Hand in die Jackentasche gleiten lassen.
Ich riss das Kreuz hervor und hielt es sichtbar in meiner Hand.
»Hat Dracula II dir auch davon erzählt?«
Der Vampir sah das Kreuz. Ich spürte dessen Wärme und hörte dann den irren Schrei in meinen Ohren gellen.
Der Blutsauger duckte sich. Dabei glitten die Zahnspitzen über Helga Bauers Hals, hinterließen dort jedoch nur rote Streifen.
Ich war schon unterwegs. Helga Bauer fiel zu Boden. Sie schrie nicht einmal, und ich sprang über sie hinweg.
Der Untote streckte mir seine Hände entgegen. Das Gesicht war plötzlich zu einer Maske der Angst geworden, denn er wusste, was es bedeutete, mit dem Kreuz in Kontakt zu geraten.
Und dem konnte er nicht mehr ausweichen. Durch den Druck meines Körpers wurde er gegen die Wand gepresst, aber ich ließ das Kreuz nicht los, das auf seiner Brust lag.
Er schrie!
Es war ein Laut, wie ihn ein Mensch nicht ausstoßen konnte.
Der Vampir klebte förmlich an der Wand fest und schüttelte sich wie unter unsichtbaren Peitschenschlägen.
Sein Mund stand offen bis zum Zerreißen.
Auf seiner Brust fing es an zu qualmen. Mein Kreuz hatte sich nicht durch die Kleidung abhalten lassen. Es hatte sich regelrecht hindurchgebrannt.
Ich trat zurück und schaute der sterbenden Gestalt zu. Der Vampir stemmte sich von der Wand ab und taumelte breitbeinig durch das Büro.
Unter seiner Kleidung drang ein eklig riechender Qualm hervor. So rochen nur verbranntes Fleisch und angesengte Haut.
Die Schreie erreichten mich nicht mehr so laut. Seine Bewegungen wirkten noch unkoordinierter, und Sekunden später stolperte er über seine eigenen Füße und brach zusammen.
Er fiel auf den Rücken.
Er brannte innerlich aus. Die Hitze erreichte auch seine Haut, die sich von innen her schwärzte und zu einer dünnen Schicht wurde, durch die Knochen schimmerten, denn das tote Fleisch darunter war zu einer Beute des anderen Feuers geworden.
Leon gab es nicht mehr, und ich atmete tief durch.
Als ich danach zur Tür schaute, sah ich Uwe Müller auf der Schwelle stehen. Er traute sich nicht herein. Beide Hände hielt er gegen seinen Mund gepresst. Seine Augen waren weit aufgerissen.
Ihm war körperlich nichts passiert. Das Gleiche galt für Helga Bauer.
Sie saß auf dem Boden und schaute ins Leere. Dabei strichen ihre Fingerkuppen mit sanften Bewegungen stetig über die Schrammen an ihrem Hals hinweg.
Ich dachte an Harry Stahl.
Dieser Gedanke erledigte sich im nächsten Moment von selbst, denn hinter Uwe Müller erschien er in der offnen Tür.
Er sah mit einem Blick, was hier passiert war, und sagte: »Da können wir uns die Hand reichen.«
»Du auch?«
»Ja.«
»Super.«
Endlich verlor Uwe Müller seine Starre. Er ließ die Hände sinken, wollte etwas sagen, schüttelte aber nur den Kopf.
Ich verstand seine Reaktion, denn welcher Mensch wurde in seinem Leben schon mit einem Vampir konfrontiert?
Die wenigsten, aber wenn es nach Dracula II ging, sollten es immer mehr werden.
Ich nahm mir vor, dies zu
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