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157 - Das Erbe der Alten

157 - Das Erbe der Alten

Titel: 157 - Das Erbe der Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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auch Matthew Drax und Chandra nieder; er neben dem Durchgang, sie ihm gegenüber an der Innenwand des Ringgangs. Sie warteten. Manchmal, wenn er den Kopf hob, trafen sich ihre Blicke. Drax begriff, dass sie ihn beobachtete.
    »Diese Schmetterlinge«, sagte er irgendwann. »Sind die gefährlich?«
    »Ihre Stiche schmerzen sehr«, flüsterte Chandra. »Es sind Fälle von tödlichen Infektionen nach Stechfalterstichen bekannt. Sie saugen Blut.«
    »Und sie leben in solchen Höhlensystemen?«
    »Die größere Art ja. Es gibt noch eine kleinere Unterart, die lebt in den Wäldern. Die Tiere haben eine interessante Navigation: Sie senden Hyperschallsignale aus und orientieren sich an ihrem Echo.«
    »Wie Fledermäuse«, sagte Drax.
    »Fledermäuse…?« Chandra kannte den Begriff nicht, und Matt erzählte ihr davon. Im Gegenzug berichtete sie von der wissenschaftlichen Arbeit, die sie unvollendet liegen lassen musste, weil ihre direkte Vorgesetzte, die Ratspräsidentin Cansu Alison Tsuyoshi, unbedingt jemanden brauchte, der einen Barbaren von der Erde begleitete, bewachte und auf seine Glaubwürdigkeit hin testete. »Wären Sie mir nicht dazwischen gekommen, hätte ich jetzt schon in mindestens zwei Kapiteln meine These entwickelt.«
    »Und welche These, wenn ich fragen darf?«
    »Dass der Monotheismus in allen Epochen der Erdgeschichte die treibende Kraft der meisten Eroberungskriege gewesen ist.«
    »Was Sie nicht sagen. Und wie passt das alte Rom in dieses Gedankenkorsett…?«
    So vergingen ein oder anderthalb Stunden mit Unterhaltungen und Diskussionen. Bis von fern ein dumpfer Knall ertönte. Alle außer Windtänzer sprangen sie auf. »Was war das?«, flüsterte Matt. Dann ein Schrei. Er klang ziemlich weit entfernt und kam von einer der oberen Felsgalerien.
    »Schwarzstein«, hauchte Aquarius. Seine Augen waren ein Abgrund an Angst.
    »Ich sehe nach ihm!« Drax rannte los. Er bog in einen Seitengang ein, erreichte die erste Wendeltreppe und nahm drei Stufen auf einmal. Rasch geriet er außer Atem und merkte, dass er vergessen hatte, die Sauerstoffmaske aufzusetzen. Er stülpte sie über die Nase, drehte das Kapselventil auf neunzig Prozent und verschnaufte ein wenig.
    Schritte näherten sich von unten. Chandra. »Ich komme mit Ihnen«, flüsterte sie. »Blauhaar und sein Lehrer wollen am See bei dem meditierenden Alten bleiben…«
    Drax nickte nur. Weiter ging es. Sie erreichten die untere Galerie, liefen in einen Seitengang, öffneten die nächste Tür.
    Wieder führte eine Wendeltreppe steil nach oben. Chandra überholte ihn.
    Von Zeit zu Zeit blieben sie stehen und lauschten. Ein merkwürdiges Scharren und Kratzen war zu hören. Es kam von oben, ohne Zweifel.
    Statt zu rennen, nahmen sie nun behutsam Stufe für Stufe.
    Bis sie die Tür zur nächsten Ebene erreichten. Es stank nach verbranntem Haar. Chandra gab ihren Code ein und zog die schwere Tür auf.
    Schwarzstein stand im Türrahmen, die Augen weit aufgerissen, die Zöpfchen verkohlt und rauchend, sein weit aufgerissener Mund voller Blutschaum. Aus seiner Brust ragte etwas Spitzes. Metall und Blut glänzten im Halbdunkel.
    Einen Atemzug lang war keiner von beiden zu einer Bewegung fähig. Dann fing Chandra an zu schreien. Drax riss sie von der Tür weg an seine Brust. Er konnte spüren, wie ihr Körper bebte.
    Der Junge war tot. Dass er nicht auf sie stürzte, lag einzig und allein an dem spitzen Ding, das ihm aus der Brust ragte. Es hielt ihn aufrecht. Im Halbdunkel hinter ihm bewegten sich Stangen und eine metallene Fläche.
    Plötzlich fiel Drax das Summen und Zischen auf. Es kam vom linken Handgelenk des Toten. Ein haarfeiner Strahl schnitt dort in das Armband des PACs. Dann klirrte der Mini-Computer auf den Felsboden und rutschte an Drax und der Frau vorbei über ein paar Stufen nach unten.
    Das spitze Ding in Schwarzsteins Brust begann zu rotieren.
    Blut und Gewebe spritzten nach allen Seiten. Matt zerrte die vor Schock starre Chandra ein Stück die Treppe hinunter. Das spitze Ding zog sich erst in Schwarzsteins Brust zurück, drehte sich schließlich aus seinem Rücken, und dann erst begann der tote Junge langsam nach vorn in die Wendeltreppenröhre zu kippen. Etwas wie ein Tentakel oder wie das vielgliedrige Bein eines Mammutinsekts streckte sich an ihm vorbei.
    Wieder schrie Chandra auf. Zugleich lösten sich ihre Glieder; sie stieß Matt von sich und rannte schreiend an ihm vorbei die Treppe hinunter. Drax ging kurz zu Boden. Er ertastete etwas

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