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157 - Das Erbe der Alten

157 - Das Erbe der Alten

Titel: 157 - Das Erbe der Alten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Tsuyoshi, ihre Tochter und Enkeltochter brauchen unsere Hilfe.«
    Uranus nickte, deutete eine Verneigung an und stieg zurück in die Wendelstiege.
    Vogler wartete, bis sein Grünschopf zwischen den Blättern verschwunden war, dann pfiff er, wie ein Siebentöner pfiff, wenn er ein Weibchen anlocken wollte. Faust krächzte irgendwo über ihm im Geäst. Als er vor dem Korb mit restlichen Früchten landete, trug er einen Falter im Schnabel, groß wie eine Menschenhand und samtschwarz.
    »Gib her.« Vogler streckte die Rechte aus.
    Der Siebentöner öffnete den Schnabel. »Gib her…«
    Der Falter lebte noch. Er flatterte bis zu Voglers Schulter hinauf. »Was erzählt man sich im Wald?«, flüsterte Vogler…
    ***
    Ein Lichtreflex tanzte auf einmal im Strahl über dem Wasser.
    Aquarius und Windtänzer erhoben sich fast gleichzeitig. Es gab nichts in der flirrenden Säule des Strahls, was Licht reflektieren konnte. Sie hielten den Atem an.
    Was zunächst wie ein Lichtreflex ausgesehen hatte, verdichtete sich zu einer Art Dunstwolke in Form eines menschlichen Körpers. Wie ein hellgrauer Schatten trat sie aus dem Strahl, schwebte über die Wasseroberfläche zum Seeufer und verharrte einen Atemzug lang vor dem Meister des Strahls, bevor sie mit dem sitzenden Uralten verschmolz.
    Der öffnete die Augen, stand auf und streckte die Glieder. Er blickte sich um, winkte Windtänzer und seinem Schüler und bückte sich nach der Violine zu seinen Füßen. Sie in der Linken, einen Geigenbogen in Rechten balancierte er ein paar Schritte am Seeufer entlang, bevor er es hinter sich ließ und in Richtung Windtänzer und Aquarius lief. Er bewegte sich kraftvoll und geschmeidig; wie ein junger Mann und nicht wie ein Greis.
    »Warte hier auf uns«, flüsterte Windtänzer. Er stieg die Stufen hinunter, die aus dem Ringgang hinaus auf einen der steinernen Stege führte, und schritt zum Seeufer. Auf halber Strecke begegnete er seinem Meister.
    Sie blieben stehen und sahen einander an. »Ich muss dir berichten, verehrter Meister«, sagte Windtänzer.
    »Und ich muss dir etwas zeigen, Windtänzer«, sagte Sternsang. Er klemmte den Geigenbogen unter den Arm, griff unter seinen schwarzen Mantel und zog eine schmutzige braune Knolle heraus, etwas kleiner als eine Kinderfaust. »Es heißt ›Kartoffel‹ und ist essbar. Ich habe ein ganzes Schiff davon gefunden. Wir sollten versuchen, sie anzubauen und zu züchten…«
    »Ich habe getötet, verehrter Meister«, sagte Windtänzer leise und mit zitternder Stimme.
    Der Uralte machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Noch lebt dieser Städter.«
    »Mein Vorsatz aber war, ihn zu töten«, beharrte Windtänzer.
    »Natürlich, und wer wollte dir das übel nehmen?« Der Erste Baumsprecher ging an Windtänzer vorbei und winkte ihn hinter sich her. »Noch lebt der Städter, noch hast du niemanden getötet, noch also musst du dich unter keinem Sühnebaum verantworten. Und jetzt komm, wir haben zu tun.«
    »Wir haben zu tun?« Windtänzer konnte kaum Schritt halten mit dem Uralten. »Ich verstehe nicht.«
    »Natürlich verstehst du nicht.« Sternsang stieg die Stufen zum Ringgang hinauf. »Du starrst auf deinen Schmerz, auf dein angekratztes Selbstbild, auf das ferne Licht im Tunnel deiner Wahrnehmung, und merkst nicht, was wirklich um dich herum geschieht!« Vor Aquarius blieb er stehen und drückte ihm fünf Kartoffeln in die Hände. »Verstaue das im Rucksack deines Lehrers, mein Junge, und dann kommt. Im Mie-Krater brennt der Wald. Wenn wir dieses Maschinen-Monstrum nicht aufhalten, müssen noch mehr Bäume und Menschen sterben.«
    Er zog einen Ledersack aus einer Felsnische und steckte Violine und Bogen hinein. Danach wandte er sich nach rechts und lief den Ringgang entlang bis zum Durchgang in die Wendeltreppenröhre. Er zog die Tür auf und stieg die Treppe hinauf. Aquarius und Windtänzer folgten ihm.
    Auf der obersten Galerie angekommen, wandten sie sich nicht dem Höhlengewölbe zu, durch das man die Kuppelbauten und die offiziellen Eingänge erreichte, sondern liefen in die entgegengesetzte Richtung. Über gewundene Gänge, niedrige Grotten und steile Felskamine gelangten sie schließlich auf dem Kamm des Mie-Kraters an die Marsoberfläche.
    Zwei Stunden lang lagerten sie an einem der Brunnen, die Wasser aus einem tiefen Reservoir nach oben förderten, aßen und tranken und wuschen sich. Danach kletterten sie auf einen gedrungenen Starkbaum mit mächtigem kurzen Stamm und weit ausladender Krone. In

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