157 - Der Tod von Baikonur
sicher sein, daß das Plutonium längst hier ist."
„Hoffentlich gut abgeschirmt", sagte Dorian. „Ich habe zwar schon einen Sohn, aber man kann nie wissen… und die anderen zukünftigen Eltern möglicher Kinder werden auch nicht darüber erfreut sein, wenn sie Mißbildungen zur Welt bringen, die auf die Strahlung zurückzuführen ist."
„So schlimm wird es nicht kommen", sagte Letskij. „Strahlen-Kinder sind in aller Regel nicht lebensfähig. Das haben Hiroshima und Nagasaki gezeigt."
Er erhob sich.
„Kommen Sie, Towarischtsch Hunter. Wir fahren zu den Unterkünften der Kosmonauten. Ich bringe Sie durch die Sperren."
Der Bereich war noch einmal besonders abgeschirmt und bewacht. Hier wohnten die sorgfältig und teuer ausgebildeten Spezialisten, hier lebten sie, hier trainierten sie. Zumindest in der Zeit wenige Wochen vor dem Start. Hier sah das Baikonur-Lager trotz der Anhäufung von Militär und trotz des schmutzigen Winterschnees freundlicher aus. Man tat alles, um den Kosmonauten für die Entbehrungen, die sie auf sich nehmen mußten, einen Gegenwert an Lebensqualität zu bieten. Sie wohnten in geschmackvoll gestalteten Bungalows mit großen Gärten. Dorian pfiff unwillkürlich durch die Zähne. Er war sicher, daß den amerikanischen Astronauten ein Komfort dieser Art nicht geboten wurde. Andererseits war es fraglich, ob die NASA ihre Weltraumflieger dermaßen abschirmen und bewachen ließ, wie es hier der Fall war. Dorian fühlte sich schon als Besucher wie ein Gefangener.
„Halten Sie", sagte Letskij. Der Chauffeur brachte die große schwarze ZIL-Limousine am Gehsteig zum Stehen. Dorian und Letskij stiegen aus. Sie standen vor dem ersten der insgesamt zehn Bungalows. Letskij zeigte dem Dämonenkiller, welche bewohnt waren und welche leer standen.
„Kommen wir hinein?" fragte Dorian. „Wenn die Kosmonauten bereits am Startplatz sind, sind die Unterkünfte vielleicht verschlossen."
Der Kommissar nickte.
„Das ist natürlich ein Problem", sagte er. „Ich könnte aufschließen lassen, aber das zieht eine größere Aktion hinter sich her; die Kosmonauten müßten um ihr Einverständnis gefragt werden. Und wenn einer von ihnen etwas zu verbergen hat, wird er die anderen bereden, es nicht zu erlauben." Dorian nickte. Daran hatte er nicht einmal gedacht. Aber plötzlich kam ihm eine andere Idee. Er wußte selbst nicht, wie er darauf gekommen war. Es war eigentlich völlig unlogisch. Und doch… ein Gefühl sagte ihm, daß er auf der richtigen Spur war.
„Lassen sie mich die leerstehenden Bungalows untersuchen", sagte er.
Sie stiegen wieder ein und fuhren hinüber. Die Bungalows befanden sich rechts und links der Straße. Die sechs bewohnten waren vorn, die vier leerstehenden befanden sich weiter hinten.
„Nicht verschlossen", stellte Letskij fest, der als erster an einer der Eingangstüren rüttelte. Dorian hatte nichts anderes erwartet. Er betrat das erste der Häuser. Es war voll eingerichtet, aber die persönliche Note fehlte. Keine Bilder, keine Blumen, keine herumliegenden mehr oder weniger unnützen Gegenstände, nichts. Eine dünne Staubschicht lag überall; sie würde wohl erst entfernt werden, wenn dieser Bungalow benötigt wurde.
Dorian durchsuchte jedes einzelne Zimmer. Er stieg auch in den Keller hinunter. Aber da war nichts, was seinen Verdacht erregen konnte. Und doch wußte er irgendwie, daß er auf der richtigen Spur war.
„Der nächste", verlangte er.
Er spürte es bereits, als er den nächsten Bungalow betrat. Irgend eine Schwingung lag in der Luft, die ihm verriet, daß hier etwas nicht normal war. Aber die Zimmer sahen so unberührt aus wie im ersten Gebäude.
Dann betrat er den Keller.
Der Gestank, der ihm entgegenwehte, sagte ihm bereits alles. Letskij, der hinter ihm die Treppe hinunter kam, stöhnte auf. „Das darf es nicht geben…"
Sie lagen sorgfältig nebeneinander aufgereiht. Sechs unbekleidete Menschen, fünf Männer und eine Frau, und sie waren so tot, wie ein Mensch es nur sein konnte. Und sie waren nicht durch Werwolf klauen und Zähne gestorben, sondern durch Kugeln.
Diese Kosmonauten würden nie mehr in den Weltraum hinausfliegen.
„Aber - wer sind dann die Menschen, die auf den Start vorbereitet werden?" keuchte Letskij. Er ging rückwärts wieder die Treppe hinauf, fort von den Toten, die bereits unangenehm rochen. Sie mußten schon vor Tagen getötet worden sein.
„Dämonen", sagte Dorian. „Sie haben die echten Kosmonauten getötet und sind
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