1573 - Grauen im Geisterschloss
ihm und Jack Holland gewesen ist. Rein privat, verstehen Sie?«
»Mein Vater war kein schlechter Mensch.«
»Oh.« Der Arzt schluckte. »Meine Güte - tut mir leid. Der Name Holland.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe getan, was ich konnte. Ich habe seine Wunden gereinigt. Ich habe ihm kleine Verbände und Pflaster angelegt, aber die grausame Tat konnte ich nicht verhindern.«
Er legte seine Hände wie zum Gebet zusammen. »Bitte, das müssen Sie mir glauben.«
»Ich mache Ihnen auch keinen Vorwurf«, sagte die Agentin. »Nur sind Sie der letzte Mensch gewesen, der meinen Vater lebend gesehen hat.«
»Das mag wohl sein.«
»Hat er denn mit Ihnen gesprochen? So schwer verletzt war er doch nicht. Sie haben doch bestimmt mit ihm reden können.«
»Das schon«, gab der Arzt zu.
»Und was hat er Ihnen gesagt?«
Dr. Morton runzelte die Stirn und schaute zu Boden. Erst nach einigen Sekunden gab er die Antwort.
»Ich hatte mehr das Gefühl, dass er wie jemand gesprochen hat, der sich im Fieberwahn befindet und irgendwelche Fantasien hat. Oder Hilda?«
Die Schwester stand noch in unserer Nähe und nickte.
»Können Sie da nicht konkreter werden?«, fragte Jenny Holland.
Da hatte sie etwas angesprochen, was die beiden offenbar nicht so gern hören wollten. Sie warfen sich Blicke zu, und es war letztendlich Hilda Rowland, die eine Antwort gab.
»Ihr Vater hat von einem Schloss gesprochen, in dem er angeblich gefangen gehalten worden war.« Sie schüttelte bedauernd den Kopf. »Aber hier gibt es kein Schloss. Das muss er sich eingebildet haben. Oder haben Sie vielleicht eines auf Ihrer Fahrt hierher gesehen?«
»Nein«, erwiderte Jenny.
Hilda schien zufrieden zu sein, aber die Agentin war mit ihrer Antwort noch nicht fertig.
»Da gibt es aber noch etwas, was ich Ihnen bisher verschwiegen habe. Mein Vater hat mich noch aus dem Krankenbett angerufen und mir erzählt, was ihm widerfahren ist. Warum hätte er schwindeln sollen, frage ich Sie? Weshalb hätte er sich eine derartige Geschichte ausdenken sollen? Bitte, können Sie mir darauf eine Antwort geben?«
Der Arzt und die Krankenschwester schauten sich an. Ihre Gesichter zeigten ein gewisses Staunen, eine Antwort konnten sie nicht geben.
Jenny sprach weiter. »Außerdem kenne ich meinen Vater. Er ist nicht verrückt. Er ist nur ein Umweltfreak, der durch die Landschaft wandert und sich die Natur anschaut. Ja, er will sehen, ob sich etwas verändert hat und wie viel dabei auf Umwelteinflüsse zurückzuführen ist. Und das mit einem völlig klaren Kopf.«
»Sie glauben also an das Schloss?«, fragte der Arzt.
Die Agentin deutete auf mich. »Wir glauben beide daran, und wir sind hier, um es zu finden.«
Nach dieser Antwort ernteten wir Schweigen.
Die beiden wussten nichts mehr zu sagen, aber ich hatte den Eindruck, dass sie doch etwas wussten und dieses Wissen nur für sich behielten.
Dr. Morton räusperte sich. »Sie sind wirklich hergekommen, um das Schloss zu suchen?«
»Ja!«, sagte Jenny Holland entschieden.
Der Arzt lachte glucksend. »Das kann doch nicht wahr sein! Sie laufen einem Phantom nach.«
»Laufen wir nicht.«
»Ach, dann haben Sie es schon gesehen?«
Die Agentin lächelte breit und auch kalt.
»Wir haben nichts gesehen«, gab sie zu, »zumindest kein Schloss. Aber das Schloss ist nicht leer, sondern bewohnt. Ob Sie es nun glauben oder nicht, Doktor, auf dem Weg hierher sind wir von zwei Kriegern angegriffen worden, die gut als Bewohner in das Schloss hineingepasst hätten. Zwei mit Äxten bewaffnete Männer wollten mich töten. Sie haben es nicht geschafft, sonst wären wir nicht hier. Wie gesagt, das Schloss haben wir nicht gesehen, dafür aber die beiden Krieger.«
»Lächerlich.«
»Tatsächlich?«, höhnte Jenny Holland. »Ist das tatsächlich lächerlich? Ist dann der Tod meines Vaters auch lächerlich? Wer hat denn seinen Kopf zertrümmert, sodass er zu einem blutigen Klumpen geworden ist? Mit welch einer Waffe geschah das? War es jemand aus dem Ort hier, der meinen Vater hasste? Das kann ich nicht glauben, denn er kannte hier niemanden. Es gibt also einen anderen Täter, und der kann durchaus ein Bewohner des Schlosses sein.«
»Das es nicht gibt«, sagte der Arzt.
»Bitte, wie Sie meinen. Und wie ist das mit dem Mörder? Gibt es ihn auch nicht?«
»Doch«, gab Dr. Morton zu. »Aber muss es unbedingt jemand gewesen sein, den man als einen Geist bezeichnen kann?«
»Wir müssen es herausfinden, und wir werden es. Darauf
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