1575 - Luzifers Angriff
sie?«
»Sie heißt Irina.« Er lächelte ihr zu. »Sie ist gekommen, um Paula zu pflegen.«
»Bitte, was?«
»Ja, sie kommt jeden Tag und wäscht oder reinigt die Geschwüre.«
»Ist sie mit ihr verwandt?«
»Nein, aus der Nachbarschaft. Aber in Orten wie diesen kümmert man sich noch um die Mitmenschen.«
Das war wohl wahr. Ich fragte weiter: »Hast du sie gefragt, ob sie über Paula informiert war?«
»Nein, nicht genau. Sie war nur die Pflegerin, und Paula hat auch nichts an ihr versucht. Irina hat gar nicht gemerkt, dass Paula besessen war.«
Das verstand ich. Dann hörte ich wieder die Stimme der jungen Frau.
Was sie sagte, klang nach einer Frage, und ich sah, dass Stephan die Schultern anhob und nur eine knappe Antwort gab.
»Was will sie?«, fragte ich.
»Nach der Toten sehen.«
»Oh, das ist… Wir können sie nicht daran hindern. Aber sie wird sie nicht mehr reinigen mit dem Wasser, das sich in dieser Schüssel befindet.«
»Alles klar.«
Irina stand auf. Sie warf mir einen scheuen Blick zu, bevor sie auf den Durchgang zuschritt. Kein Wort drang dabei über ihre Lippen.
Ich hatte eine Idee und sprach sie sofort aus.
»Könnte Irina uns weiterhelfen?«
»Wie kommst du darauf?«
»Ich denke, dass sie Paulas Vertraute gewesen ist. Es kann sein, dass sie mehr gehört hat als du, Stephan.«
»Ja, das kann sein.«
»Dann frage sie danach, wenn sie zurückkommt. Wir müssen ja auf der Spur des Abtrünnigen bleiben.«
Er nickte. »Ich werde sie fragen und…«
Ein heller Schrei unterbrach ihn und ließ uns beide zusammenzucken.
Der Schrei was aus dem Nebenraum gedrungen, wo sich Irina aufhielt, die womöglich einen Schock erlitten hatte.
Wir wollten beide zu ihr laufen, was wir nicht mehr brauchten, denn sie kam uns bereits entgegen. Leicht torkelnd fiel sie Kowalski in die Arme, der sie festhielt und beruhigend auf sie einsprach.
Er führte die junge Frau zu einem Stuhl.
Sie weinte. Von mir bekam sie ein Taschentuch. So konnte sie ihre Augen abwischen.
»Es war der Schock, als sie die Leiche sah, John. Mit einem derartigen Anblick hat sie nicht rechnen können.«
»Kann ich verstehen.«
Irina reichte mir das Taschentuch zurück, ohne mich dabei anzusehen.
Sie schluchzte noch, und es fiel ihr nicht leicht, etwas zu sagen. Aber sie hatte Vertrauen zu Stephan gefasst, denn als er sie etwas fragte, da antwortete sie auch.
Ich musste wieder warten und beobachtete die junge Frau und den Mönch. Irina fing sich immer mehr. Sie war es dann, die erzählte. Ich hoffte, dass beide das richtige Thema angeschlagen hatten.
Schließlich stand Irina auf. Sie wirkte wieder gefasster und verabschiedete sich von Stephan, indem sie seine beiden Hände nahm und fest drückte.
»Und«, fragte ich, »bist du weitergekommen?«
»Das kann man nur hoff en.« Er setzte sich auf Irinas Stuhl. »Wie gesagt, sie hat Paula nur gepflegt…«
Ich war ungeduldig und fragte: »Hat sie denn dabei nie mit ihr gesprochen?«
»Doch.«
»Worüber?«
Stephan hob die Schultern. »Es war nicht leicht, es aus ihr herauszubekommen. Sie wollte erst nichts sagen, und meiner Meinung nach hat sie Paula auch nicht begriffen. Sie wollte nichts von der Hölle hören, nichts vom Teufel, nichts von einem satanischen Beichtvater. Sie hat sich einfach dagegen gestemmt und diese Worte an sich abprallen lassen. Ja, so ist das gewesen.« Er hob die Schultern. »Ich kann dir nichts anderes sagen, und ich denke, dass es gut ist, dass sie so fest in ihren eigenen Glauben verwurzeit ist, sonst wäre sie unter Umständen ebenfalls diesen furchtbaren Weg gegangen.«
»Gut sieht das nicht aus.«
»Ich weiß, John. Wir wissen nicht, wo dieser Matthias jetzt steckt. Sorry.«
Es war wirklich ärgerlich. Wenn sie nur ein paar Sätze gesagt hätte, wäre mir schon wohler gewesen.
Stephan Kowalski sah mir an, dass ich mich quälte. Er sagte: »So ganz hat Paula sich nicht verschlossen.«
»Wie meinst du das?«
»Sie sprach tatsächlich von einem Boten, den die Hölle geschickt haben soll. Und dass dieser Bote für starke Veränderungen sorgen würde. Aber nachgefragt hat Irina nie. Das war ihr zuwider. Das steigerte nur ihre Furcht.«
»Aber sie hat nicht gesagt, wo dieser Bote jetzt steckt? Oder hast du was davon gehört?«
»Nein, das habe ich nicht. Es wurde nur von dem Boten und den Folgen gesprochen.«
»Das ist nicht gut.«
»Wir können es nicht ändern.«
Ich klatschte in die Hände. »Das müssen wir aber. Es geht nicht anders.
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