158 - Die Seele aus dem Zwischenreich
Campleiter.
Dann durfte Sterling Dru gehen.
***
Der böse Sterling Dru in London betrat die Küche und machte Licht. Über der Arbeitsplatte neben dem E-Herd hingen sechs spitze, scharfe Messer der Größe nach geordnet, wie Orgelpfeifen. Dru griff nach dem größten Messer. Eiskalt grinste er dabei. Er schob das Messer unter den Gürtel und schloß das Jackett.
»Tut mir leid, es gibt keine Oliven«, sagte er, als er ins Wohnzimmer zurückkehrte.
»Ist nicht so schlimm«, sagte Lauren. »Der Drink wird dir auch so schmecken.«
Sie gab ihm sein Glas.
»Warum siehst du mich so merkwürdig an?« wollte sie wissen. »Du starrst auf meinen Hals wie ein Vampir.«
»Das bildest du dir ein«, sagte Dru und probierte den Drink. »Köstlich«, lobte er. »Du mußt mir das Rezept verraten.«
»Das bleibt mein Geheimnis«, erwiderte Lauren. »Wenn du wieder so einen Drink haben möchtest, mußt du mich einladen.«
»Auf diese Weise hast du mich in der Hand.«
»Genau das ist meine Absicht«, bemerkte Lauren schmunzelnd. Sie musterte Dru über den Rand des Glases hinweg. »Ich hoffe, die Schallplattensammlung war nicht nur ein Vorwand, mich hierher zu locken.«
»Gefällt es dir denn nicht in meinem Haus?«
»Doch, aber ein anständiges Mädchen muß auf seinen Ruf achten.«
Er lachte leise. »Ich verstehe. Du zählst dich zu den anständigen Mädchen.«
»Hast du etwas dagegen?«
»Aber nein, schließlich kennst du dich selbst besser.« Er leerte sein Glas und dachte vergnügt an das Messer in seinem Gürtel. »Die Schallplatten befinden sich in dem Mahagonischrank dort drüben.« Lauren Pleasence füllte aus dem Shaker nach. »Such dir aus, was du hören möchtest«, empfahl Dru.
Es wird deine Todesmelodie sein, ging es ihm durch den Kopf.
Lauren öffnete den Schrank, in dem sich eine 100 Watt starke Kompaktanlage befand.
»Du besitzt tatsächlich viele Schallplatten«, stellte das Mädchen erstaunt fest.
»Hast du an meinen Worten etwa gezweifelt?«
Sie ging die Sammlung neugierig durch. Sterling Dru trat hinter sie und stellte das Glas ab, das er zum zweitenmal geleert hatte. Ein erschreckender Ausdruck trat in seine Augen. Er öffnete den Knopf seines Jacketts und wollte nach dem Messer greifen.
Lauren drehte sich um, und Dru zog die Hand blitzschnell zurück. Er schloß den Knopf wieder. Lauren Pleasence hielt ihm ein Langspielplatte vor die Augen.
»Musik zum Träumen«, sagte sie schmunzelnd. »Danach ist mir.«
»Dann leg die Platte doch auf«, sagte Dru.
Lauren holte die große schwarze Scheibe aus der Hülle und legte sie auf den Plattenteller. Nachdem sie die Lautstärke geregelt hatte, perlte eine Fülle von Geigenklängen in den Raum, und Lauren machte einen Knicks. »Darf ich bitten? Heute nacht ist Damenwahl.«
Er nahm sie in die Arme, sie tanzten ein paar Takte, dann löste sich Lauren von ihm und fragte: »Sag mal, was drückt denn da so? Was hast du unter deinem Jackett?«
»Ach, nur ein Messer«, antwortete er ehrlich.
Sie glaubte ihm nicht. »Ein Messer?« Sie lachte. »Wozu brauchst du es? Hast du Angst, ich könnte dich vergewaltigen? Nun sag schon, was hast du wirklich da drunter? Laß mich mal sehen.« Sie öffnete den Knopf und zog das Jakkett auseinander. »Meine Güte, das ist ja tatsächlich ein Messer, und was für ein Kaliber! Aber… wozu brauchst du es?« fragte das blonde Mädchen verwirrt.
»Ich habe dich in mein Haus gelockt, um dich zu töten!«
Lauren riß entsetzt die Augen auf. »Bist du verrückt? Damit macht man keinen Spaß!«
»Es ist kein Spaß. Es ist mir damit todernst«, gab Sterling Dru zurück und zog das Messer aus dem Gürtel.
***
Der gute Sterling Dru verließ das Blockhaus des Campleiters. Plötzlich faßte er sich ächzend an die Schläfen. Sein Gesicht verzerrte sich, und er krümmte sich wie unter einem unbeschreiblichen Schmerz. Dunkel bekam er mit, was seine böse Seele in diesem Augenblick tat. Er sah es nicht genau, nur verschwommen, aber es war grauenvoll und qualvoll für ihn, weil er nichts verhindern konnte. Es war eine zusätzliche Folter für die Gefangenen.
Dru wankte durch das Lager. Tränen rannen ihm über die Wangen. Er kam am Galgen vorbei. Langsam baumelte die Schlinge hin und her. Ich muß hier raus! schrie es in Dru. Ich kann nicht länger in diesem verdammten Lager bleiben!
Er versteckte sich hinter der Hütte, in der er mit anderen Gefangenen wohnte. Sie waren so unglücklich wie er, doch keinen konnte er überreden,
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