1584 - Seelenlos
Keuchen.
Das alles war nebensächlich. Nur eines zählte. Es war das helle Licht in seinen Augen und auch in seinem Mund. Es war das Zeichen, dass wir es mit einem Seelenlosen zu tun hatten.
»Haut ab!«, blaffte er uns an. »Was wollt ihr? Was wollt ihr von einem Seelenlosen?«
»Wer hat Sie dazu gemacht?«
Er lachte. »Es war der Teufel. Der Teufel in einer anderen Gestalt. Ein Seelenräuber.« Wieder musste er lachen. Es war mehr ein wildes Schreien.
Ich wusste, dass es nur eine Möglichkeit gab, ihn zu erlösen. Das war wie bei den Vampiren. Nur half mir in diesem Fall einzig und allein mein Kreuz.
Aber ich zögerte noch. Wir wussten zu wenig über die Hintergründe. War es wirklich Alex Nicolic, der für diese Veränderung bei ihm gesorgt hatte? Oder gab es da noch einen zweiten Grund? Es konnte sein, dass er direkten Kontakt mit dem Basilisken gehabt hatte. Möglich war alles.
»Wer?«, flüsterte ich. »War es Alex Nicolic?«
»Zum Teufel mit ihm.«
»Sie kennen ihn?«
»Ja.«
»Und?«
»Ich habe ihn gejagt.«
»Warum?«
»Er hat uns verraten.«
Jane und ich tauschten einen Blick, und die Detektivin deutete ein Nicken an. »Jetzt wird mir einiges klar, John.«
»Was meinst du genau?«
»Die Typen, die Nicolic gejagt haben. Seine ehemaligen Kumpane, denke ich. Für sie ist er ein Verräter. Er wollte aussteigen. Unser Treffen sollte geheim sein. Das kann ich mir jetzt abschminken.«
»Du meinst, dass die andere Seite Wind davon bekommen hat?«
»Was sonst? Hätte man ihn sonst auf Nicolics Spur gesetzt? Und sie haben Nicolic gefunden. Nur haben sie dann Pech gehabt, dass er kein normaler Mensch mehr ist. Er kann sie sich alle holen, die ihn jagen. Dieser hier ist ihm in die Falle gelaufen. Keine Seele mehr, dafür haust in ihm der Odem der Hölle. Er wird sich nie bekehren lassen, John, niemals. Davon müssen wir ausgehen. Dass wir das wissen, ist schon okay, aber was ist mit der Polizei?«
»Ein Problem«, sagte ich.
»Ja, das wir lösen müssen. Wir können deinen Kollegen den Killer nicht präsentieren. Er würde wieder durchdrehen, und wenn sie das Licht in seinen Augen sehen und wir ihnen eine Erklärung geben, würden sie uns auslachen, John. Du weißt, auf was ich hinaus will?«
Ich nickte nur.
Der Amokschütze hatte uns zugehört. Es amüsierte ihn, dass wir unentschlossen waren. »He, was wollt ihr denn, verdammt? Ihr seid nicht fähig, mich auszuschalten und…«
»Doch!«, unterbrach ihn Jane Collins hart. »Wir können Ihnen eine Kugel in den Kopf jagen. Da nutzt Ihnen auch die Veränderung nichts mehr.«
»Und was sagen dann die Bullen?«
Ich sprach ihn an. »Das ist ein Problem, Meister. Und deshalb werden wir zu einer anderen Methode greifen.«
Meine Ankündigung nahm er nicht so leicht hin. Es war ihm anzusehen, dass er unsicher wurde.
Selbst der Blick seiner gelben Augen zeigte dies an.
Ich gab ihm keine weitere Erklärung. Zudem hatten wir es eilig. Noch waren wir nicht mit ihm zusammen von der Brücke her gesehen worden. Niemand kümmerte sich um uns, aber das würde nicht ewig so bleiben.
Der Schütze sagte nichts mehr. Er sah, obwohl seine Augen so verändert waren, und er verfolgte jede meiner Bewegungen.
Als ich das Kreuz in der Hand hielt, riss er seinen Mund noch weiter auf, ohne allerdings zu schreien.
»Lass mich es machen, John!«
Janes Reaktion überraschte mich. Als ich sie anschaute, sah ich das Eis in ihren Augen. Der Vorgang auf der Brücke hatte sie wahnsinnig mitgenommen. In ihr brodelte ein Vulkan. Keiner von uns wusste, wie viele Menschen dort oben getötet oder verletzt worden waren, aber wir kannten den Killer, und wir wussten, dass er auch weiterhin morden würde, wenn wir nichts unternahmen.
Schweigend übergab ich Jane meinen Talisman.
Sie nickte mir dankbar zu, bevor sie sich dem Amokschützen zuwandte. Ich hielt mich raus und ging sogar etwas zurück.
Die Beretta hatte Jane Collins verschwinden lassen. Sie hielt nur mein Kreuz in der Hand, auf das sie sich voll und ganz verließ.
Der Mann auf dem Boden hatte sein Verhalten geändert. Er war fertig. Er atmete nicht mehr normal und keuchte nur. Tief aus seiner Kehle drang ein Knurren, und seine Blicke waren nur schwer zu ertragen. Das Licht in den Augen war zu einem unruhigen Schimmern geworden. Er spürte, was mit ihm geschehen würde, und dann hörte er Janes Worte.
»Wir werden dich von deinem teuflischen Joch befreien!«, sprach sie ihn an. »Gut gegen Böse. Himmel gegen
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