1586 - Leichenräuber
Shini.«
»Die jetzt verschwunden ist.«
»Warum?«, rief Shao. »Hat sie das bewusst getan? Was weiß sie alles? Und welches Spiel treibt sie?«
»Ich kenne sie weniger als du. Ich weiß nur, dass sie dir bei meiner Befreiung geholfen hat.«
»Worüber ich mich jetzt noch wundere.«
»Wenn sie ein Mensch ist, kann sie sogar ein schlechtes Gewissen gehabt haben.«
»Auch das ist möglich.«
Das Gespräch zwischen ihnen versandete. Sie gaben es nicht offen zu, aber sie waren ratlos. Es stand nur eines fest: Dieser Friedhof war nicht geheuer. Er konnte zu einer Spielwiese der Dämonen geworden sein, doch was hinter ihnen steckte, das wusste keiner von ihnen.
»Was machen wir jetzt?«
Suko lächelte, als er die Frage hörte.
»Wir können nichts tun und nur dafür sorgen, dass Peter Blooms Leiche geborgen wird. Ich habe einen Ghoul erledigt. Ob es noch weitere hier auf dem Friedhof gibt, kann ich nicht sagen. Man müsste ihn umgraben und das Unterste nach oben wühlen.«
»Das wird man kaum zulassen. Die einzige Spur, die wir haben, ist Shini. Sie muss einfach mehr wissen. Sie hat sich nicht ohne Grund auf diesem Friedhof herumgetrieben.«
»Egal, sie ist verschwunden. Ich werde nach ihr fahnden lassen. Und wenn wir sie haben, wird sie reden müssen, ob sie es will oder nicht.«
»Gut, dann können wir von hier verschwinden.«
Es gab nichts, was sie noch auf dem Gelände hielt.
Sie würden nach Shini suchen. Sie war ihre einzige Hoffnung, aber niemand von ihnen wusste wirklich, auf welcher Seite sie stand.
Sie traten den Rückweg an.
»Willst du noch einen Blick in die Leichenhalle werfen?«, fragte Shao.
»Denkst du, dass Shini sich dort aufhalten könnte?«
»Nichts ist unmöglich.«
»Dann los.«
Es brachte sie nicht weiter. Die kleine Leichenhalle war leer. Ebenso wie der Sarg.
Wenig später erreichten sie ihre Autos. Niemand hatte sich mit ihnen beschäftigt.
»Willst du den BMW fahren?«, fragte Shao.
»Klar.«
Shao nahm den Rover.
Beide sahen alles andere als glücklich aus, als sie starteten. Sie hatten nichts gewonnen und konnten sich fühlen, als wären sie an der Nase herumgeführt worden.
Und das wollten sie ändern…
***
Ihr Frust war auch am nächsten Morgen noch nicht verflogen.
Noch am Abend hatte sich Suko mit der Fahndung in Verbindung gesetzt. Die Kollegen sollten herausfinden, ob es etwas über diese Shini gab.
Doch da hatten sie Pech gehabt, der Name war nicht gespeichert.
Trotzdem geisterte er wie ein Phantom durch ihre Köpfe. Auch ihre Gespräche drehten sich um sie, als sie das Frühstück zu sich nahmen.
»Und was hast du jetzt vor?«, fragte Shao, nachdem sie ihre Teetasse geleert hatte.
»Ich werde mit Sir James reden. Wir haben eine Leiche, die aus dem Grab geholt werden muss.«
Shao war skeptisch. »Bringt uns das weiter?«
»Leider nicht.«
»Dann bleibt nur Shini.«
Suko nickte. »Du sagst es. Ich werde auf jeden Fall den Friedhof aufsuchen, wenn die Kollegen den toten Bloom aus dem Schacht holen. Es kann sein, dass ich Shini dort treffe.«
»Möglich ist das.«
»Klingt nicht begeistert.« Shao hob die Schultern.
»Was könnte in diesem Fall schon begeisternd sein? Nichts, gar nichts. Man hat uns eiskalt düpiert, und wir können nichts dagegen tun.«
Suko stand auf.
»Okay, ich werde ins Büro fahren. Sollte sich etwas Neues ergeben, lasse ich es dich wissen.« Er lächelte etwas kantig. »Bleibst du in der Wohnung?«
»Wohin sollte ich denn gehen?«
»War auch nur eine Frage.«
Suko hauchte seiner Partnerin einen flüchtigen Kuss auf die Stirn und verließ die Wohnung.
Shao blieb am Tisch sitzen. Ihre Stimmung näherte sich dem Nullpunkt. Wenn sie daran dachte, was diese drei Gestalten noch alles bewegen konnten, munterte sie das nicht eben auf. Sie fühlte sich zwar nicht verloren, aber was sie auf dem Friedhof erlebt hatten, das war eine bittere Niederlage.
Warum hatte dieser Peter Bloom Suko treffen wollen? Was war ihm aufgefallen?
Shao musste davon ausgehen, dass er das Geheimnis kannte, und dieses Wissen hatte er allein nicht verkraften können, weil es einfach zu schrecklich war.
Es kam nicht oft vor, dass Shao in einen Fall mit einbezogen wurde. In diesem Fall schon.
Okay, sie war nicht beim Yard angestellt wie Suko, aber sie hatte mitgemischt, und sie fühlte sich in ihrer Wohnung jetzt eingeschränkt. Es war diesmal nicht ihre Sache, einfach abzuwarten, bis etwas geschah. Der Drang, die vier Wände zu verlassen, wurde immer
Weitere Kostenlose Bücher