1587 - Midnight-Lady
Cavallo in den Sinn, als sie die Treppe hinter sich gelassen hatte.
Sie stand vor der letzten Stufe und schaute sich im Licht der Kerzen um, die ihren Schein auch über die zwei Frauen warfen, die angekettet am Boden lagen.
Sie rochen nach Blut!
Wäre die Cavallo ein normaler Mensch gewesen, sie hätte sicherlich tief durchgeatmet. Da sie es aber nicht war, gab sie nur ein leises Stöhnen von sich, für sie ein Beweis, dass sie sich in dieser Umgebung wohl fühlte, denn so etwas kam ihr genau entgegen. Darauf hatte sie lange warten müssen und eine kaum zu bezähmende Gier brannte plötzlich in ihrem Innern.
Justine schlich auf die beiden Frauen zu. Was oben geschah, interessierte sie nicht mehr. Auch die MidnightLady war aus ihren Gedanken verschwunden. Jetzt gab es nur noch die beiden jungen Frauen, die so apathisch in ihren Ketten lagen.
Sie mussten ein langes Martyrium hinter sich haben. Die Zeit hier unten hatte sie gezeichnet. Sie sahen auf eine gewisse Weise gleich aus, obwohl sie schon unterschiedlich waren. Der Tod hatte sie nicht ereilt, dennoch waren ihre Blicke leer. Sie sahen aus, als würden sie nichts von der Umgebung wahrnehmen, und sie waren auch noch nicht auf die Besucherin aufmerksam geworden.
Sie zuckten nicht mal, als Justine zwischen ihnen in die Hocke ging.
Welche zuerst?
Entschieden hatte sie sich noch nicht. Sie wusste auch nicht genau Bescheid, nur eine Ahnung war in ihr hochgestiegen. Den Beweis holte sie sich gleich darauf, als sie bei der einen der jungen Frauen, deren Haare blond waren, die linke Halsseite untersuchte.
Es war nicht zu übersehen.
Selma Blair hatte ganze Arbeit geleistet. Zwei Bissstellen, die sich deutlich abzeichneten und bestimmt nicht künstlich waren.
Zwei Vampire!
Oder nicht?
Justine kamen plötzlich Zweifel. Klar, den beiden Frauen war das Blut ausgesaugt worden, aber ein Vampir konnte diese Angriffe auch genau einteilen. Nicht alles auf einmal trinken. Portionsweise. Die Opfer nur langsam auf den Weg in die neue Existenz führen. Das trat dann ein, wenn man nur eine bestimmte Menge Blut trank. Dann hatten die Opfer Zeit, sich zu dem zu entwickeln, was sie später sein würden.
Ein raffiniertes Vorgehen, bei dem man nicht allzu gierig sein durfte.
Die Cavallo brauchte nicht lange, um zu wissen, dass die Person vor ihr für die Menschheit verloren war. Sie hatte die Grenze bereits überschritten, jetzt fehlte nur noch der letzte Biss, um sie gänzlich ins Reich der Schatten zu ziehen.
Aus Justines Mund wehte ein Kichern. Sie dachte dabei an Selma Blair.
Die hatte sich verrechnet. Auf keinen Fall würde sie ihr die Chance lassen, einen dritten und entscheidenden Biss anzusetzen. Darüber freute sie sich.
Ihr Kichern war gehört worden. Die Augen der Blonden bewegten sich. Nur ein leichtes Zucken, und dann klärte sich der Blick ein wenig.
Justine hob den Kopf leicht an.
»Hörst du mich?«, flüsterte sie.
Ja, sie war gehört worden, denn über die rissigen Lippen der Blonden drang ein Stöhnen.
»Du gehörst jetzt mir…«
Keine Regung. Zu groß war ihre Schwäche.
Der Kopf lag noch immer auf Justines flacher Hand.
»Hast du verstanden?«
Die Antwort bestand nur aus einem Stöhnen.
»Ich trinke dich leer. Ich nehme deinen Rest Blut zu mir, das wollte ich dir nur sagen.«
So etwas wie ein Atemstoß wehte der Blutsaugerin entgegen. Das war alles, denn eine richtige Gegenwehr erlebte sie nicht. Kein Aufbäumen gegen das Schicksal.
Die Cavallo freute sich. Noch lag der Kopf ihres Opfers nicht perfekt. Sie hob ihn leicht an, und erst dann öffnete sie ihren Mund so weit wie möglich, um den Vampirbiss anzusetzen.
Lang schauten die beiden Zähne hervor, die zu den Spitzen hin eine leichte Krümmung zeigten.
Es war der perfekte Winkel für den Biss, und Justine fixierte genau die Stelle an, an der bereits Selma Blair ihre Zähne in die Haut versenkt hatte.
Kein langes Zögern mehr.
Sie biss zu!
Der Körper neben ihr zuckte kurz zusammen. Justine hielt den Kopf der Blonden weiterhin fest, aber das Blut sprudelte noch nicht sofort in ihren weit geöffneten Mund. Sie musste heftig saugen, bis die Flüssigkeit in ihren Mund rann.
Erst jetzt konnte sie schlucken.
Justine tat es mit Genuss. Sie hatte einfach zu lange darauf verzichten müssen.
Der Lebenssaft war so köstlich. Sie hing förmlich am Hals fest. Ihr Kopf bewegte sich zuckend. Dabei lauschte sie den schmatzenden und saugenden Geräuschen, die sie zwangsläufig von sich
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