1587 - Midnight-Lady
sie was mit Dracula II zu tun?«, fragte ich.
»Möglich.«
»Ja oder nein?«
»Ich weiß es nicht.« Die Vampirin lachte leise in sich hinein.
Das machte mich wütend, denn ich ging davon aus, dass sie mir etwas verschwieg. Und zwar den größten Teil der Wahrheit.
Allerdings kannte ich sie. Wenn sie nicht wollte, würde sie kein Wort mehr sagen.
Am liebsten hätte ich angehalten und sie aus dem Rover geworfen. Das ging leider auch nicht, denn es war mein Job, diese schwarzmagischen Wesen zu jagen, und das würde ich durchziehen, so lange ich noch die Kraft dazu besaß.
Es hatte sich in den vergangenen Jahren viel geändert. Davor hätte ich nicht gedacht, mal mit einer Blutsaugerin zusammenzuarbeiten. Da hatten alte Freunde und Kämpfer wie Marek, der Pfähler, an meiner Seite gestanden. Oder auch Sarah Goldwyn, die Horror-Oma. Sie waren tot, ich lebte noch und musste mich auf die neuen Zeiten einstellen. Das heißt, ich hatte es bereits getan, sonst hätte nicht eine Unperson wie Justine Cavallo neben mir gesessen.
Auch weiterhin war ich davon überzeugt, dass sie mehr wusste, als sie zugeben wollte. Diesen Gedanken schob ich jetzt zur Seite, weil ich mich auf das Fahren konzentrieren musste.
Es war trotz der Helligkeit des Fernlichts kein Kinderspiel, denn vor uns lag eine kurvige Straße, auf der zudem ein leichter Feuchtigkeitsfilm lag, sodass die ersten Blätter dort festklebten.
Wir brauchten die Straße erst kurz vor dem Ziel zu verlassen, wenn alles stimmte, was uns Martha Tresko erklärt hatte.
Die Umgebung war wirklich einsam. Hier gab es kein Schild, das auf einen kleinen Ort hinwies. Dabei waren wir nicht mal sehr weit von London entfernt.
Mit Justines Ruhe war es inzwischen vorbei. Sie bewegte immer mal ihren Kopf und auch den Körper, um in bestimmte Richtungen zu schauen, wobei sie mehr in die Höhe blickte und den dunklen Himmel über den Bäumen absuchte.
Ich musste nicht groß raten, wonach sie Ausschau hielt, und fragte trotzdem: »Siehst du die Fledermäuse?«
»Nein, bisher noch nicht.«
»Spürst du sie denn?«
»Was soll denn diese Frage?«
Ich hob die Schultern. »Es sind schließlich deine Artgenossen, oder nicht?«
»Ja, ja, das weiß ich. Darf ich dich daran erinnern, dass wir nicht eben Freunde sind?«
»Klar. So etwas gibt es. Das sieht man auch bei uns.«
Jetzt hatte ich sie zum Lachen gebracht.
»Sind wir nicht Partner, Geister Jäger?«
»Unter einer Partnerschaft stelle ich mir etwas anderes vor. Aber lassen wir das.«
Ich bohrte auch nicht weiter. Zudem hatte ich das Gefühl, dass der größte Teil der Strecke bereits hinter uns lag. Das bekam ich wenig später bestätigt, als die Bäume und auch das dichte Gestrüpp zu beiden Seiten der Straße zurückgewichen waren.
Flach präsentierte sich das Land. Über ihm lag ein leichter Dunstschleier, als hätte dort jemand eine Staubwolke aufgewirbelt. Der Himmel hatte sich etwas bezogen, und wenn ich hoch zum Mond schaute, sah ich ihn leicht verschwommen.
Von einem Hinweisschild hatten wir bisher nichts gesehen, was sich aber änderte, denn nicht mal eine Minute später sahen wir tatsächlich das Schild an der linken Seite und einige Meter dahinter die Abzweigung, die zum Internat führte.
»Ahhh…« Justine stöhnte leise auf. »Da hat die gute Martha doch nicht gelogen. Es wäre ihr auch nicht gut bekommen. Ihr Blut hätte mir schon gemundet.«
Ich drehte das Lenkrad nach links. Der Rover schob sich hinein in den Weg, der schmaler war als die Straße, die wir soeben verlassen hatten.
Hier gab es auch keinen glatten Asphalt, über den wir rollten. Jetzt bekamen wir jede Unebenheit mit, was aber wenig später aufhörte, denn da hatten wir die gepflasterte Zufahrt zum Internat erreicht.
Ich wollte unsere Ankunft nicht unbedingt aus der Ferne ankündigen.
Deshalb hatte ich nicht nur das Fernlicht, sondern alles Licht gelöscht.
Es war zwar alles andere als ein Vergnügen, in der Dunkelheit zu fahren, doch in diesem Fall war es besser so, und so krochen wir im Schritttempo voran.
Das Buschwerk und einige nicht besonders hohe Bäume rückten noch näher an den Wegrand heran. Die Sicht wurde uns genommen, nur nach vorn war sie frei.
Auf einem direkten und kurvenlosen Weg führte die Zufahrt auf ein Ziel zu, das sich vor uns wie ein kompakter Schatten mit vielen kleinen leuchtenden Augen in der Dunkelheit erhob, und bereits beim ersten Hinschauen hatten wir den Eindruck, dass der Begriff Herrenhaus
Weitere Kostenlose Bücher