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1588 - Die falsche Kette

Titel: 1588 - Die falsche Kette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Augenblick zum anderen waren diese Schiffbrüchigen in die Realität der fünften Dimension verschlagen worden.
    Und das war der eigentliche Beginn der linguidischen Geschichte.
    Schon allein die Art und Weise, in der diese Vorgänge in den nur scheinbar primitiven Höhlenzeichnungen von Zonai dargestellt wurden, bewies, daß damals nicht einfach nur ein Unfall geschehen war: Hier war jene Entwicklung in Gang gesetzt worden, der die heutigen Linguiden all ihre Fähigkeiten verdankten.
    Und all ihr Unglück. Die Schiffbrüchigen waren aller Wahrscheinlichkeit zum Trotz nicht an der Unbegreiflichkeit der fünften Dimension gescheitert.
    Sie hatten etwas gefunden, woran sie sich festhalten konnten - etwas, das ihrer gewohnten Realität entstammte.
    Dieser Anker bewahrte sie vor dem Wahnsinn und gab ihnen die Chance, Eindrücke wahrzunehmen, die ihren Verstand verändern sollten. Zunächst hatten diese Eindrücke allerdings nur negative Erscheinungen zur Folge gehabt.
    Das gesamte Weltbild der Schiffbrüchigen war aus den Fugen geraten. Ihre Beziehungen zu den Begriffen, aus denen dieses Weltbild sich zusammensetzte, hatten sich verändert.
    Sprachlosigkeit war die Folge gewesen.
    Die Linguiden, die heute imstande waren, mit Hilfe des gesprochenen Wortes die Realität zu verändern, waren zunächst stumm gewesen.
    Sie hatten aus dieser Stummheit heraus neue Formen der Kommunikation entwickeln müssen.
    Das war ihnen auffallend gut gelungen.
    Es gab einen Grund dafür. Die Linguiden verdankten dem Kontakt mit der fünften Dimension ein anderes, neues Verständnis all dessen, was man unter Kommunikation zu verstehen hatte. Und mehr als das: Sie hatten Einblick in die Struktur des Denkens genommen.
    Es war, als hätten sie gleichsam aus höherer Warte einen Blick auf ihren eigenen Verstand werfen können.
    Es war dasselbe, was wir Friedensstifter unter dem Einfluß der Zellaktivatoren erlebt haben, dachte Dorina Vaccer fasziniert und erschrocken zugleich. Die Euphorie, der Höhenflug des Geistes, das Gefühl, immer höher zu steigen. Die Fähigkeit, in alldem, was man hinter sich läßt, Muster zu sehen, die alle ihrerseits wiederum nur Teile weiterer, übergeordneter Muster sind. Muster, die in letzter Konsequenz das ganze Universum umfassen müssen.
    Die frühen Linguiden hatten die Muster des Verstandes erkannt und ihre Erkenntnisse in die Praxis umgesetzt.
    Zum Beispiel in Form der Höhlenmalereien von Zonai.
    Diese Malereien stellten in ihrer Gesamtheit ein Modell des linguidischen Verstandes dar - nichts anderes als das, was Adonor Cyrfant mit weitaus größerem technischen Aufwand in seinem Kimalog hatte zeigen wollen.
    Aber wieviel einfacher und eleganter war diese Darstellung!
    Und wieviel aufschlußreicher!
    Die graue Fläche auf dem Bild im Zentrum des Gesamtsymbols Kima symbolisierte den Hyperraum. Die grauen Linien nahmen dort ihren Anfang. Sie reichten in alle Teile der Malereien hinein. Sie erklärten, warum die Linguiden einerseits besser als andere Intelligenzen mit Worten und Begriffen umgehen konnten, warum sie aber andererseits bei jedem Kontakt mit der fünften Dimension in ihrer Existenz gefährdet waren.
    Das Weltbild der Linguiden war nicht einseitig am vierdimensionalen Raum-Zeit-Kontinuum orientiert, sondern es enthielt zusätzlich Assoziationen aus der fünften Dimension. Diese Assoziationen liefen gewissermaßen an den „Unterseiten" aller Begriffe entlang.
    Sie ergaben dort ein eigenes, fünfdimensionales Weltbild, dessen Existenz jedoch keinem Linguiden bewußt war.
    Aber wenn ein Linguide - zum Beispiel bei einem Transmitterdurchgang mit der fünften Dimension in Berührung kam, dann nahm er diese fünfte Dimension wahr.
    Und das hätten wir schon längst erkennen müssen! dachte Dorina Vaccer. Man kann auf nichts reagieren, ohne es vorher wahrgenommen zu haben. Wir wußten, daß es der Aufenthalt im Hyperraum ist, der uns das Kima nimmt. Also hätten wir von Anfang an die einzig logische Schlußfolgerung ziehen müssen: daß wir imstande sind, den Hyperraum wahrzunehmen.
    Aber selbst wenn sie es gewußt hätten, was hätten sie mit dieser Erkenntnis anfangen können?
    Wir hätten vielleicht von vornherein darauf verzichtet, die Kunstwelt Wanderer zu besuchen, überlegte Dorina Vaccer. Und wir hätten die Zellaktivatoren nicht angenommen. Wir hätten erklärt, daß ES sich andere Gehilfen suchen soll!
    Aber sie war sich nicht sicher, ob das Verhängnis nicht schon viel früher begonnen

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