1589 - Der steinerne Templer
dürfen, und nun jagte ihn die andere Seite, wobei er keine richtige Ahnung hatte, um wen es sich dabei handelte. Der Gedanke an die Templer wollte nicht weichen, doch einen endgültigen Beweis hatte er nicht. Deshalb war es für ihn wichtig, sich auf Sinclairs Hilfe stützen zu können.
Beinahe alle Straßen in Paris waren zugeparkt. So war es auch in der, in der er wohnte.
Er stand an der Einbiegung zur Rue Lobineau, die eine Einbahnstraße war, und schaute über das Kopf Steinpflaster hinweg in die Richtung, in der sein Haus stand. Um es zu erreichen, musste er auf die rechte Seite gehen.
Ein altes Gebäude mit hohen Fenstern. Es hatte einen schmalen Eingang und eine graue Fassade, die schon vor Jahren so ausgesehen hatte. Aber Häuser dieser Art gab es zuhauf in Paris.
Genau an der Ecke, wo er sich aufhielt, befand sich ein Bistro.
Vidal überlegte, ob er es betreten und einen Schluck trinken sollte. Da konnte er dann in Ruhe überlegen, wie es für ihn weitergehen sollte. Ein Handy trug er bei sich, aber er kannte keine Nummer, die er anrufen konnte, um eine Verbindung zu Sinclair herzustellen.
Er trat in das Bistro, das ein Stück Vergangenheit ausstrahlte. Da waren die rauchgeschwärzten oder gebräunten bis zur Hälfte der Wand hoch reichende Holzwände. Da sah er die runden Tische mit den schmalen Stühlen davor, die eine Sitzfläche aus Korb hatten.
Es war alles wie immer. Auch der Inhaber stand hinter der Theke und las in einer Zeitung. Er war ein dickbauchiger Mann mit einem kleinen grauen Spitzbart.
Lässig winkte er dem eintretenden Gast zu, der sofort seinen Stammplatz einnahm.
»Kaffee, Monsieur Vidal?«
»Nein, nicht heute.« Er ließ sich nieder.
»Einen Pastis und ein Glas Rotwein.«
»He, gibt es was zu feiern?«
»Ja.«
»Was denn?«, fragte der Wirt, als er die Getränke auf den Tisch stellte.
»Es ist mein Geburtstag.« Eine nähere Erklärung gab Vidal nicht.
»Na, dann herzlichen Glückwunsch. Der Pastis geht auf meine Rechnung.«
»Merci.«
»Keine Ursache. Alles Gute für das neue Lebensjahr.«
Maurice Vidal trank. Den Pastis brauchte er jetzt. Sonst trank er ein Glas immer am Abend, aber jetzt lagen die Dinge anders. Dieser Tag war ein Horror für ihn gewesen, und er war noch nicht zu Ende. Da konnte noch einiges passieren.
Auch in dieser ihm so vertrauten Umgebung fühlte er sich nicht sicher, und deshalb sah er sich die Leute in seiner Umgebung genau an. Die meisten waren Stammgäste. Die Tische waren nicht mal zur Hälfte besetzt, und Maurice Vidal machte keinen Gast aus, der ihm nach seiner Ansicht hätte gefährlich werden können.
Das Glas war leer. Neben ihm erhob sich ein älterer Mann, der dabei seine Zeitung zusammenfaltete und danach seine Zeche bezahlte. Der Gast hatte kein Wort gesprochen, und es sah so aus als wollte er das Bistro verlassen. Doch plötzlich blieb er stehen und wandte sich Maurice Vidal zu.
»Ist was?«, fragte Vidal mit zusammengezogen Brauen.
»Kann sein. Bei Ihnen.«
»Und wieso?«
»Da waren Männer, die sich für Sie interessiert haben.«
Maurice Vidal schrak zusammen. Er zeigte es allerdings nicht und riss sich zusammen.
»Wollte ich nur gesagt haben.«
Vidal fand seine Sprache wieder. »Haben Sie was gesagt? Sich nach mir erkundigt?«
»Oui, bei mir. Sie wollten wissen, wann Sie immer nach Hause kommen.«
»Und was haben Sie gesagt?«
»Nichts. Ich mochte die Kerle nicht. Ich hätte sie am liebsten in den Arsch getreten, aber ich bekomme mein Bein nicht mehr so hoch. Ich habe es Ihnen nur sagen wollen.«
»Danke.«
Der Nachbar winkte ab. »Keine Ursache. Schönen Tag noch.« Mehr sagte er nicht und schlurfte zur Tür.
Zurück ließ er einen Mann, der sehr blass geworden war. Jetzt hatte Maurice den Beweis. Sie waren schon bei ihm gewesen. Er konnte sich in seiner Wohnung nicht mehr verstecken. Sie wussten einfach zu viel von ihm, und wahrscheinlich würden sie ihn überall finden.
Maurice Vidal trank einen Schluck Rotwein und empfand ihn jetzt als bittere Medizin. Danach schloss er die Augen. Er spürte seinen Herzschlag wieder. Das Gefühl, eingekreist zu sein, wollte einfach nicht weichen. Als er die Rücken seiner Hände betrachtete, entdeckte er die Gänsehaut darauf.
Was tun?
Sinclair benachrichtigen. Wäre schön gewesen. Bei der Polizei anrufen und nach dem Mann aus London fragen. Das wäre eine Möglichkeit gewesen, die er auch nicht verwarf, sondern zunächst mal zurückstellte.
Aber er konnte auch nicht
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