159 - Der Dämon und die Besessene
Rekker stieß die Hände aus dem Wagen und schloß das Fenster.
Die Wasserleichen waren nun schon überall. Ringsherum starrten sie mit ihren toten Augen durch das Glas, »sahen« Albert Rekker, das Opfer, und wollten es packen.
Sie begriffen nicht, daß das Glas Sie abhielt. Immer wieder stießen sie mit ihren Fingern verlangend dagegen. Sie knieten auf der Motorhaube, rissen die Scheibenwischer ab, kletterten auf das Dach und schlugen mit den Fäusten auf das Blech.
»Haut ab!« brüllte Rekker wie am Spieß. »Verschwindet! Laßt mich in Ruhe! Kehrt in euren verdammten See zurück!«
Er drückte auf die Hupe, sie plärrte laut, doch die Wasserleichen reagierten nicht. Sie schienen taub und gefühllos zu sein. Mit den Fäusten versuchten sie die Windschutzscheibe einzuschlagen, schafften es aber zum Glück nicht. Sie rüttelten so heftig an den Türen, daß der Wagen wackelte.
Plötzlich entdeckte Rekker in der Hand einer alten Frau einen Stein!
»N-e-i-i-i-n-!« schrie er bestürzt.
Das nasse graue Haar klebte am schmalen Schädel der Alten. Ihr dünnlippiger Mund war offen, die Zunge quoll zwischen den Zähnen hervor. Die Frau holte aus und schlug zu. Ein Spinnennetz aus Sprüngen bildete sich sofort. Ein zweiter Untoter bewaffnete sich mit einem Stein, und Scott Cazale erschien gleich mit einem Stein, der so groß war, daß er ihn mit zwei Händen tragen mußte.
Ringsherum prasselten nun die harten Schläge gegen das Glas, das bei dieser Krafteinwirkung brechen mußte.
Auf einmal gab es kein Hindernis mehr.
Zombiehände streckten sich dem Gangster entgegen. Ihm fiel ein, daß er ja eine Waffe hatte, und er griff sogleich danach, doch die Untoten ließen nicht zu, daß er sie zog. Viele Hände hielten ihn fest. Die Türen blieben geschlossen, Albert Rekker wurde durch das Seitenfenster aus dem Wagen gezerrt. Er wehrte sich verzweifelt und schrie lauthals um Hilfe, doch die Wasserleichen kannten keine Gnade.
Als Eddie Lako aus dem Haus kam, sah er, wie mehrere. Zombies seinen Freund zum See trugen.
Die anderen Wasserleichen wandten sich ihm, dem zweiten Opfer, zu.
»Eddie!« brüllte Albert Rekker. »Hilf mir!«
Doch Lako konnte nichts für ihn tun. Er befand sich selbst in allergrößter Gefahr.
***
Clint Juran, der Bürgermeister von Netwick, empfing mich mit eiskalter Miene. Er war ein fetter Mann mit ölig glänzendem schwarzen Haar und schwabbeligem Doppelkinn. Juran strafte die alte Weisheit, Dicke wären gemütlich, Lügen. Was in Shelley Robinsons Stall geschehen war, hieß er gut, und der Vorschlag, daß ich in seinem Haus den Tod finden solle, fand seine volle Zustimmung. Die Flintenweiber ließen mich nicht aus den Augen. Ich hatte nach wie vor keine Möglichkeit, meinen Colt Diamondback zu ziehen und mein Leben mit der Waffe zu verteidigen. Beim ersten Versuch, an die Waffe zu gelangen, hätten mich die Frauen mit Blei gespickt. Ich war gezwungen, auf eine echte Chance zu warten.
Der Bürgermeister wollte nicht hören, was mich nach Netwick geführt hatte. Für ihn zählte lediglich, daß ich da war und daß ich sterben müsse.
Im Palbuk-Tempel sollte ich mein Leben verlieren - während eines feierlichen Rituals.
Ich brauchte Clint Juran nichts zu fragen. Bereitwillig breitete er das Geheimnis des Teufelsdorfes vor mir aus. Offen sprach er über Palbuk, den Herrscher von Netwick.
Ich hoffte immer noch, daß die Aufmerksamkeit meiner weiblichen Bewacher nachlassen würde, doch die Frauen standen zu nahe. Selbst wenn ich nur den kleinen Finger bewegt hätte, hätten sie es gesehen.
»Jeder, der seinen Fuß in dieses Dorf setzt, bringt gewissermaßen den eigenen Tod gleich mit«, meinte Clint Juran.
Er erzählte mir, wie vielen Menschen die Teufelshörigkeit der Dorfbewohner schon zum Verhängnis geworden war. Die Liste war erschreckend lang, und nun sollte auch noch mein Name eingetragen werden.
Palbuk hatte Shelley - das wußte ich nun - in sein verdammtes Teufelsherz geschlossen, nachdem sie vom Dämonenhauch gestreift worden war. Dadurch war sie zu etwas Besonderem geworden, zu einer Person, die Palbuk begehrte und die er an seiner Seite haben wollte.
Der dicke Bürgermeister wollte, daß man mich fesselte. Ich streckte die Hände nicht nach hinten, wie es mir befohlen wurde, denn wenn mir erst einmal die Hände gebunden waren, rutschten meine Aussichten, doch noch mit heiler Haut davonzukommen, in den Keller.
Clint Juran schüttelte verständnislos den Kopf. »Rechnen Sie
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