159 - Der Dämon und die Besessene
Höllenschwert aus der Lederscheide. Gespannt näherte er sich der geschlossenen Tür, hinter der Palbuk rumorte.
Es hörte sich an, als würde er den ganzen Raum verwüsten.
Die Züge des Ex-Dämons wirkten wie in Stein gemeißelt. Er war entschlossen, gnadenlos gegen den Feind vorzugehen. Während er Shavenaar mit der Rechten hielt, streckte er die Linke nach dem Türknauf aus. Es kam zu einer starken schwarzmagischen Entladung, die Mr. Silvers Hand zurückschleuderte, doch der Ex-Dämon packte sofort wieder zu, drehte den Knauf und stieß die Tür in den Raum, Gleißendes Licht, umgeben von finsterster Schwärze, füllte den Raum aus und ließ alles schweben: den Frisiertisch, den Hocker, den Radiowecker, den Nachttisch, das Bett… Alles sauste um ein blendend helles Zentrum, von dem ein heulender Sturm ausging, der sich heftig gegen Mr. Silver stemmte und ihn nicht einlassen wollte.
Aber der Ex-Dämon wußte sich zu helfen.
Er setzte Shavenaar ein, ließ das Höllenschwert vor sich auf- und niedersausen, immer wieder. Die lebende Waffe zerhackte den gegnerischen Sturm und machte ihn wirkungslos.
Der Hüne drang in den Raum ein und griff das magische Zentrum an.
Er holte mit Shavenaar aus und wollte das Kraftfeld durchbohren, doch Palbuk erkannte die große Gefahr und zog sich erneut zurück. Da ihm im Haus kein Raum mehr als Zufluchtsort zur Verfügung stand, sauste er durch das offene Fenster in die Nacht hinaus und ließ sich vom Wind davontragen.
Wütend starrte Mr. Silver aus dem Fenster. »Beim nächstenmal sorge ich dafür, daß du nicht mehr ausrücken kannst!« knurrte er. »Dann bist du fällig!«
***
Mein Magen revoltierte. Mein Beruf brachte es mit sich, daß ich immer wieder mit Leichen konfrontiert werde, aber ich stumpfte nicht ab. Daran werde ich mich wohl nie gewöhnen, ging es mir durch den Kopf, während ich trocken schluckte.
Ein Doppelmord.
Ausgeführt mit einer alten, rostigen Sense.
Im Stall hinter Shelley Robinsons Haus.
Und wir nahmen an, daß Shelley die Restkraft des sterbenden Dämons Ragamm unfreiwillig in sich aufgenommen hatte. Mußte ich ihr wirklich diese beiden grausamen Morde anlasten? Die jungen Männer waren noch nicht lange tot. Wie schnell hätte ich fahren müssen, um rechtzeitig in Netwick einzutreffen und Shelley an der Ausführung dieser Wahnsinnstat zu hindern? Ich hatte nicht gebummelt. Dennoch nagte der ungerechtfertigte Vorwurf in meinen Eingeweiden, daß der Doppelmord unter Umständen zu verhindern gewesen wäre.
Was hatte Shelley nach den Morden getan? Hatte sie das Entsetzliche begriffen? War sie in heller Panik davongestürmt? Sie konnte nicht vor sich selbst davonlaufen. Sie trug das, was von Ragamm übriggeblieben war, ja in sich. Selbst konnte sie nichts für sich tun.
Sie hatte unsere Hilfe dringend nötig. Wir konnten sie von dieser verhängnisvollen Kraft befreien, aber dazu mußten wir wissen, wo sie sich aufhielt, und es wäre wichtig gewesen, sie schnell zu finden, bevor sie weitermordete.
Ich hörte ein Geräusch hinter mir.
Mr. Silver?
Shelley Robinson?
Ich drehte mich um.
Weder - noch, durchzuckte es mich, als ich zwei Frauen und einen Mann erblickte, die mir nicht wohlgesonnen waren. Das war unschwer zu erkennen, denn die Frauen zielten mit Schrotflinten auf mich, während sich der Mann die blutige Sense holte. Ich dachte an meinen Colt Diamondback, der so nahe war und an den ich doch nicht herankam. Wenn ich es versucht hätte, hätte mich ein dreifacher Tod ereilt, deshalb spreizte ich gut sichtbar die Arme ab.
»Wenn Sie annehmen, ich hätte die beiden jungen Männer umgebracht, befinden Sie sich im Irrtum«, sagte ich. »Mein Name ist Tony Ballard. Ich bin Privatdetektiv. Ich kann mich ausweisen.«
Ich zeigte dorthin, wo ich meine Brieftasche trug.
»Nicht nötig«, entgegnete der Mann.
Glaubte er mir? Ich hatte nicht diesen Eindruck, denn es änderte sich nichts an seiner feindseligen Haltung.
»Was machen wir mit ihm?« fragte die Frau links neben ihm.
»Ich bin dafür, daß wir ihn gleich hier töten«, meinte die andere kalt.
Ich wies auf die Toten. »Ich habe das nicht getan!«
»Das wissen wir«, erwiderte der Mann.
»Dann können Sie mich doch nicht…«
»Der Doppelmord ist okay«, sagte der Mann. »Sie haben ein anderes Problem, Ballard.«
»Darf ich fragen, welches?«
»Sie sind fremd in Netwick, und somit haben Sie kein Recht, hier zu leben.«
Mich fröstelte. »Wenn Sie wissen, daß ich die beiden
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