1593 - Der Hexentöter
gelang es, sich in Bewegung zu setzen. Sie wollte nicht mehr hier an diesem Ort und in diesem Haus des Schreckens bleiben.
Und so lief sie in Richtung Tür.
Als die kalte Nachtluft in ihr Gesicht wehte, da war ihr klar, dass das Leben sie wieder hatte, und endlich löste sich der Schrei der Erleichterung aus ihrem Mund. Sie taumelte auf ihren alten Polo zu, stoppte nicht rechtzeitig genug und fiel quer über die Motorhaube.
Auf dem kalten Blech blieb sie liegen und hatte das Gefühl, mit der Wange daran festzukleben.
Der Atem dampfte aus ihrem Mund. In ihrem Innern war sie mit dem Geschehen noch immer nicht klar gekommen, aber sie wusste, dass sie sich erheben musste, denn sie konnte hier nicht liegen bleiben.
So stand sie auf.
Schwindel überkam sie. Emily musste sich stark zusammenreißen, um nicht in den Knien einzuknicken. Aber sie fing sich und stieg in ihren Wagen.
Im Haus lag eine Tote.
Das war jetzt nicht mehr ihre Sache. Aber sie war eine Zeugin, und sie wusste, was sie zu tun hatte.
Deshalb holte Emily ihr Handy hervor und wählte die Notrufnummer der Polizei…
***
Ich schaute mich um!
Assunga war verschwunden, als wäre sie in irgendwelche Sphären katapultiert worden. Ich befand mich in meiner Wohnung und war umgeben von der Stille der Nacht.
Als Zeichen dafür, dass ich eine Reise hinter mir hatte, hielt ich meine Tasche noch in der Hand und stellte sie erst nach einigen Sekunden weg.
Erst mal Luft holen. Erst mal nachdenken. Im Kopf richtig klar werden, dann konnte man weitersehen. Zwar kannte ich die Umgebung, bewegte mich aber wie ein Fremder durch den Wohnraum und ging in die Küche, um mir dort etwas zu trinken zu holen. Mit Mineralwasser spülte ich die Trockenheit aus meinem Mund und löschte meinen Durst.
Mit der Flasche in der Hand ging ich zurück ins Wohnzimmer und ließ mich dort in einen Sessel fallen. Es war wirklich ein starkes Stück, was hinter mir lag. Zuerst die Begegnung mit der Werwölfin Morgana Layton, dann Assungas Besuch.
Jetzt musste ich mich fragen, was die Zukunft bringen würde. Ich sah einen Fall vor mir, dessen Auswirkungen ich noch nicht abzuschätzen vermochte. Da musste ich mich auf das verlassen, was mir Assunga gesagt hatte.
Es war nicht viel gewesen. Auf der Reise durchs Nichts hatten wir nur körperlichen Kontakt gehabt, gesprochen worden war nicht. Allerdings wusste ich, dass Assunga mit mir Verbindung aufnehmen würde, um mir Details zukommen zu lassen.
Die fünf Toten konnte man nicht wegdiskutieren, aber ich wusste nicht, wer da umgekommen war. Die Fälle waren sicher von den normalen Kollegen bearbeitet worden, und ich konnte mir nicht vorstellen, dass sie über die Ermordeten Bescheid gewusst hatten. Ganz gewiss war niemand auf den Gedanken gekommen, dass es sich bei den Ermordeten um Hexen gehandelt hatte.
Jemand war unterwegs, um sie zu töten. Ein grausamer Hexenjäger, der Chinok hieß.
Der Name sagte mir nichts. Ich hoffte nur, dass mich Assunga über ihn aufklären konnte. Dass er gestellt und aus dem Verkehr gezogen werden musste, war mir klar. Er war ein Relikt aus der Vergangenheit, das nicht überleben durfte, und wenn selbst Assunga nicht gegen ihn ankam, musste es sich um einen ungeheuer starken Gegner handeln, vor dem auch ich mich in Acht nehmen würde.
Wo fand ich ihn? Wo sollte ich mit der Suche beginnen?
Ich wusste die Antworten nicht und glaubte auch nicht, dass ich sie noch in dieser Nacht bekommen würde. Da musste ich wahrscheinlich warten, bis sich Assunga wieder bei mir meldete.
Mein Blick auf die Uhr zeigte mir, dass die erste Morgenstunde bereits vorbei war. Die restlichen Stunden wollte ich nicht hier im Wohnzimmer sitzen und gegen die Wände oder in die Glotze starren. Deshalb ging ich ins Bad, stellte mich kurz unter die Dusche und legte mich nach dem Abtrocknen ins Bett.
In der Regel fand ich schnell Schlaf. Doch in dieser Nacht lag ich auf dem Rücken und schaute gegen die schwach schimmernde Decke. Die Müdigkeit wollte einfach nicht kommen. Zumindest nicht sofort.
Schließlich sank ich in eine Art Halbschlaf. Mehr auch nicht. Von einem Tief schlaf konnte nicht die Rede sein.
Zumindest quälten mich keine Albträume.
Dafür geschah etwas anderes. Ich erlebte ein unsanftes Wecken. Es war keine starke Berührung, aber allein war ich auch nicht mehr, denn etwas hatte mein Gesicht gestreift.
Ich öffnete die Augen.
Der hohe Schatten stand an meinem Bett. Ich glaubte zuerst an eine Einbildung, bis mir klar
Weitere Kostenlose Bücher