1597 - Abschied von der Unsterblichkei
nicht die Psiqs von Wanderer auf die Bewohner des Solsystems wirkten, sondern daß ES sich auf seine Weise über deren Auswirkungen auf ihn äußerte. ES übertrug seine Qualen auf andere. ES schrie seinen Schmerz und seine Verzweiflung über das, was mit ihm vorging, ins All hinaus.
War es ein neuer, ein letzter Hilferuf?
Der dritte Tag ging vorüber, ohne daß sich am Zustand von Wanderer etwas geändert, und ohne daß ES geantwortet hätte.
Alles in Perry Rhodan sträubte sich dagegen, zur Erde zurückzukehren, aber er hatte eine Mehrheit gegen sich, und er bereitete sich geistig bereits auf den Abflug vor, als der Hyperkomempfänger der EIDOLON ansprach.
Rhodans jähe und ebenso irrationale Hoffnung war: ES!
ES meldete sich nicht.
Doch statt dessen meldete sich der Nakk Paunaro von Akkartil aus und übermittelte eine Nachricht und eine Forderung.
5.
22. März 1174 NGZ; Noro Heute ging es ihr wieder vergleichsweise besser. Das lag auch daran, daß sie sich in den letzten zwei Tagen mit ihrem bisherigen Schicksal auseinandergesetzt hatte und nun eine Menge Dinge anders betrachtete.
Ja, sie verstand sie jetzt, die Männer und Frauen mit dem schwarzen Kreis auf der Stirn.
Es waren keine Selbstquäler, und auch keine Sektierer. Nein, für Noro stand fest, daß es sich bei Anna und ihren Freunden um ganz besonders sensible Wesen handelte, die die Zeichen der Zeit als erste erkannt hatten und das Beste daraus zu machen versuchten.
Sie waren nicht verabscheuungswürdig.
Sie waren so mutig und so stolz, dem Unvermeidlichen ins Auge zu sehen und die letzte Konsequenz noch selbst zu gestalten.
Die letzte Konsequenz - das abgrundtiefe Loch und das Ende allen Seins. Schwärze, Ende, Vergessen ...
Die Depression kam wieder. Inzwischen verursachte sie auch körperliche Schmerzen. Noro lag schweißgebadet und mit flatterndem Herzen im Bett, richtete sich halb auf, griff neben sich und schob sich eine Tablette in den Mund. Mit einem Schluck Wein spülte sie sie herunter. Das war nicht richtig, ihr aber jetzt gleichgültig. Es würde die Wirkung des Medikaments verstärken, und das Medikament würde die Seelenqualen nicht abstellen, aber es half ihr, sie auszuhalten. Vor allem verhinderte es die psychosomatische Übertragung auf den Organismus und einen eventuell drohenden Herzkollaps.
In solchen Fällen einen Arzt zu rufen, hatte in diesen Tagen keinen Sinn mehr. Alle Mediker waren rund um die Uhr im Einsatz, sofern sie dazu noch in der Lage waren. Die meisten hatten mit ihren eigenen Problemen zu kämpfen. Wer Hilfe brauchte, war auf sich selbst angewiesen. Entweder er stand die Angst durch, die ihn packte wie ein Phantom aus dem Nichts, oder er war zu schwach und unterlag der Panik und dem Gefühl grenzenloser Hilflosigkeit und des Stürzens in das alles verschlingende, schwarze Maul.
Marskom hatte an diesem Morgen von vielen weiteren Selbstmorden und von Menschen berichtet, die einfach zusammengebrochen und unbeachtet irgendwo liegengeblieben waren. Dies war keine Zeit für barmherzige Samariter. Jeder hatte mit sich selbst zu tun. Jeder litt unter seiner ganz persönlichen Qual.
Und Noro und Jeth?
Er schlief fest neben ihr. Er hatte eine Droge genommen, die üblicherweise von keinem Arzt ohne zwingenden Grund gegeben wurde. Heute war sie an jeder Straßenecke für viel Geld verkäuflich, und immer mehr Marsianer griffen danach, um die Verzweiflung für wenige Stunden besiegen zu können.
Es war schon paradox. Jeth, der in den letzten Tagen wie ein Krüppel gewesen war, ein Pflegefall, den sie am Ende nur noch auf einer Antigravtrage zurück in die Wohnung transportieren konnte, dieser Jeth schlief nun fest neben ihr, und sie sah die Bilder des Todes und mochte schreien vor Schmerzen. Jeth, den es zuerst erwischt hatte, schien nun leichter über alles hinwegzukommen als sie, die am Anfang so überlegen gewirkt hatte. Alle ihre Gelenke brannten so, als ob sie sich von ihrem Körper ablösen würden. In der nächsten Minute waren sie taub, dann kam das Brennen wieder. Sie befand sich in einem Wechselbad der Qualen aus ihrem Geist und aus ihrem Körper.
Aber das mußte sie aushalten.
Sie wollte nicht allein sterben, denn sterben mußte sie. Sterben würden sie alle, die Bewohner dieses Planeten, dieses Systems, dieses Universums. Sie und Jeth. Aber sie würden diesen letzten Weg gemeinsam antreten. Seit vorgestern wußte sie das, und dafür war sie Anna dankbar, die sie seit ihrer ersten Begegnung
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