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16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren

Titel: 16 - Im Schatten des Grossherrn 05 - Durch das Land der Skipetaren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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sie Djur el djinne (Vögel des Paradieses) geworden und schweben durch die Gärten des Paradieses, um mit Nachtigallentönen den Preis deiner Kochkunst zu singen.“
    Er langte nicht nach dem Kuchen – er war blaß geworden und stotterte:
    „Effendi, ich verstehe dich nicht. Wie können Sperlinge an einer Eierspeise sterben?“
    „Das ist es ja, was ich dich fragen wollte; deswegen bin ich gekommen.“
    „Wie soll ich darauf antworten können?“
    „Du kannst es am besten wissen. Hast du ihn denn nicht bereitet?“
    „Ich? Wie kommst du auf den Gedanken, daß ich selbst ihn gebacken habe?“
    „Ich glaubte, die Freundschaft für uns hätte dich fortgerissen, mit eigenen Händen diese Speise für uns zu verfertigen.“
    „Das kann mir nicht einfallen. Ich bin kein Aschdschy (Koch), ich würde alles verderben.“
    „So sage uns, wem wir diesen guten Kuchen zu verdanken haben.“
    „Anka, die Dienerin, hat ihn gebacken.“
    „So zeige ihn ihr und sage ihr, daß sie selbst davon kosten solle. Das ist nicht ein Ümr taami (Speise des Lebens), sondern eine Ölüm jemeki (Speise des Todes). Wer sie genießt, über den senken sich die Schatten der Verwesung.“
    „Herr, du erschreckst mich!“
    „Du würdest noch viel mehr erschrecken, wenn ich den bösen Blick nicht hätte. Wir lägen jetzt als Leichen im Turm, und unsere Seelen würden des Nachts dort mit dem Geist der alten Frau erscheinen, um die Leichtsinnige anzuklagen, welche den Tod in diese Speise gebacken hat. Glücklicherweise aber ist mein Blick so scharf, daß er alles durchdringt. Es kann ihm nichts entgehen, weder Gutes noch Böses. Und wenn ich es auch nicht merken lasse, so sehe ich doch jedem Menschen in das Herz und weiß ganz genau, was darinnen wohnt. So habe ich auch sogleich das Gift der Ratten bemerkt und, um es dir zu beweisen, den Vögeln des Himmels davon gegeben, die schnell daran verendet sind.“
    „Allah! Das soll ich glauben?“
    „Ich sage es dir, und darum mußt du es glauben.“
    „Wie aber sollte das zugegangen sein?“
    „Ich denke, daß du das wissen wirst.“
    „Kein Wort weiß ich davon. Die Sache ist mir ganz unbegreiflich. In meiner Küche gibt es doch kein Gift!“
    „Aber Ratten hast du im Hause?“
    „Sehr viele.“
    „Und also auch Gift, sie zu töten?“
    „Ja, ich habe es aus Uskub kommen lassen.“
    „Und wo bewahrst du es auf?“
    „Hier in meiner eigenen Stube. Es liegt dort auf dem Sims an der Wand. Nur ich selbst kann dazu gelangen.“
    Ich blickte hin. Auf der schmalen Hervorragung der Mauer standen allerlei Kästchen und Büchsen. Eine Tüte sah ich nicht. Vielleicht hatte er sie noch in seiner Tasche; darum sagte ich:
    „Wenn du es dir nicht erklären kannst, so will ich mich meines Blickes bedienen, welcher alles Verborgene durchschaut. Ich sehe Anka, das Mädchen in der Küche und dich dazu. Du sendest sie hinaus. Während sie sich draußen befindet, nimmst du die Tüte mit Sytschan zehiri aus der Tasche und schüttest davon in den Teig.“
    Er wich um einige Schritte zurück.
    „Effendi!“ rief er aus.
    „Ist es nicht so?“
    „Nein! Ich bin doch kein Giftmischer!“
    „Habe ich das gesagt? Du hast dich wohl vergriffen und das Gift für Zucker gehalten.“
    „Nein, nein! Dein Auge belügt dich. Ich bin gar nicht in der Küche gewesen!“
    „Ich sehe dich aber doch mit meinem geistigen Blick darinnen!“
    „Nein, du täuschst dich. Es muß ein anderer gewesen sein!“
    „Ich täusche mich nie. Greife in deinen Kaftan. Das Gift befindet sich noch darinnen.“
    Er fuhr unwillkürlich mit der rechten Hand in die Tasche, entfernte aber die Hand schnell wieder und rief:
    „Ich weiß nicht, was du willst, Effendi! Warum sollte ich Gift in meiner Tasche herumtragen?“
    „Um es gegen die Ratten anzuwenden.“
    „Ich habe aber kein Gift!“
    „Greife nur in die rechte Tasche; dort befindet sich die Tüte – ich sehe sie.“
    Er griff hinein, zog die Hand leer wieder heraus und versicherte:
    „Es ist gar nichts darin.“
    „Murad Habulam, wenn du bisher auch die Wahrheit gesagt hättest, jetzt aber belügst du mich. Die Tüte ist darin.“
    „Nein, Effendi!“
    „Hadschi Halef, nimm sie heraus!“
    Halef trat zu ihm und streckte seine Hand aus. Habulam wich zurück und sagte zornig:
    „Herr, was willst du? Meinst du, ich sei ein Lump, mit dem man machen kann, was man will! Es hat kein Mensch ein Recht, mich auszusuchen und mir in die Tasche zu greifen, noch dazu in meinem eigenen

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