16 Stephanie Plum: Der Beste zum Kuss (Sizzling Sixteen)
weiß nicht, wo er ist, und wenn Sie ihn finden, würde ich es gerne wissen, damit ich hingehen und ihm den Hals umdrehen kann. Vor drei Wochen hat er angefangen, meine Küche in diesem furchtbaren Gelb zu streichen, dann ist er nicht mehr zurückgekommen.«
»Das wird richtig fröhlich, wenn Sie fertig sind«, meinte Lula.
»Von wegen«, gab Ann McCurdle zurück. »Sobald ich die Wände angucke, steigt mein Blutdruck. Ich werfe mir Pillen ein wie Smarties.«
»Das heißt wohl, dass es für Sie nicht so gut war, einen Bigamisten zu heiraten«, sagte Lula.
»Hätte schlimmer sein können. Immer wenn ich die Nase voll hatte von ihm, verschwand er auf eine zweiwöchige Geschäftsreise. Das ist das Geheimnis, wenn man das Feuer in der Ehe am Lodern halten will«, erklärte sie. »Man darf sich nicht zu häufig sehen. Die Männer interessieren sich eh nur für eins. S-E-X. Und wenn sie den bekommen haben, schlafen sie ein und schnarchen.«
»Hab ich auch schon festgestellt«, sagte Lula.
Ich dankte Ann McCurdle für ihre Hilfe und ging mit Lula zurück zum Jeep.
»Vielleicht sind Bigamisten gar nicht so spannend, wie ich dachte«, sagte Lula und schnallte sich an. »In der Zeitung stand, dass keine dieser Frauen von den anderen wusste. So langsam kann ich mir vorstellen, wie das funktioniert hat.«
Ich verließ das Grundstück und bog auf den Klockner Boulevard. »Seine erste Frau lebt in Burg. Ich dachte, wir versuchen’s jetzt mal bei ihr, weil es ohnehin auf unserer Strecke liegt, wenn wir zum Büro zurückfahren.«
Burg ist ein seltsam geformter Stadtteil von Trenton, der von der Hamilton Avenue, der Liberty und der Chambers Street sowie von der Broad Street umschlossen wird. Ich habe meine Kindheit in Burg verbracht, und meine Eltern leben noch heute dort. Die Häuser sind klein, die Gärten schmal, die Autos groß, die Fenster sauber. Es ist eine Gegend voll fleißiger Amerikaner, deren Großeltern in die USA einwanderten. Untereinander verwandte Familien, die ihre Zerrüttung mit Stolz tragen. Auch wenn Zerrüttung in Jersey vielleicht nur schwer messbar ist.
Tomasina McCurdle wohnte einen Häuserblock von der Hamilton entfernt in einem Einfamilienhaus mit brauner Schindelverkleidung und braunen Zierleisten.
»Dieses Haus sieht aus wie ein Scheißhaufen«, sagte Lula. »Wie kann man in einem kackbraunen Haus wohnen? Da glaubt man doch jeden Tag, zum Scheißhaufen zu mutieren. Ist nur meine Meinung, aber ich find das total deprimierend. Wenn man mal Besuch bekommt, was erzählt man denen? Man muss den Leuten sagen, sie sollen von der Hamilton abbiegen und vor dem Haus aussteigen, das wie ein Scheißhaufen aussieht.«
Ich musste zugeben, dass es nicht gerade das schönste Haus war, das ich je gesehen hatte, aber »Scheißhaufen«, erschien mir doch zu heftig. Tatsächlich ist die untere Hälfte meines Elternhauses ebenfalls braun gestrichen, und wenn ich ehrlich bin, sieht das auch nicht gerade umwerfend aus.
Ich klopfte an die Tür, und eine stämmige Frau öffnete uns. Sie war Anfang siebzig, hatte kurzes schwarzes Haar, mit grauen Strähnen durchzogen, trug eine Brille mit Drahtgestell, einen grünen Hosenanzug, große Perlenohrringe und war von einer Parfümwolke umgeben.
»Tomasina McCurdle?«, fragte ich.
»Ja, das bin ich«, sagte sie. »Und ich weiß auch, wer Sie sind. Sie sind Ednas Enkeltochter. Die das Bestattungsinstitut abgefackelt hat.«
»Das war nicht meine Schuld«, gab ich zurück. »Damals wurde auf mich geschossen.«
»Ich nehme an, Sie suchen meinen törichten Mann, den Bigamisten.«
»Allerdings«, sagte Lula. »Und wenn ich das fragen dürfte: Wie war das so, mit einem Bigamisten verheiratet zu sein?«
»Wie mit jedem anderen.«
»Das ist enttäuschend«, meinte Lula.
Tomasina presste die Lippen zusammen. »Das können Sie wohl laut sagen. Einundfünfzig Jahre war ich mit dem Idioten verheiratet, und vor zehn Jahren beschließt er einfach, zur Abwechslung eine andere zu heiraten. Und dann zog er los und heiratete jedes Flittchen, das ihm über den Weg lief. Was hat er sich bloß dabei gedacht?«
»Wissen Sie vielleicht, wo wir ihn finden können?«, fragte ich.
»Ich nehme an, er ist bei einer von seinen Ehebrecherinnen.«
»Gibt es abgesehen von den Ehebrecherinnen noch andere Orte, wo er sich vielleicht aufhalten könnte? Bei Verwandten? Engen Freunden?«
»Bei Verwandten, das kann ich mir nicht vorstellen. Sein Bruder ist letztes Jahr gestorben. Seine Eltern sind
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