16 Tante Dimity und das verhexte Haus (Aunt Dimity and the Family Tree)
nicht erinnern, dass Kajakfahren und Schnorcheln zu den Freizeitaktivitäten gehören, die Finch im Angebot hat. Sally muss Señor Cocinero einfach davon überzeugen, dass sie es zu Hause gern etwas ruhiger angehen lässt und Teetrinken und beschauliche Spaziergänge durch den Garten bevorzugt.
» Ich habe Sally noch nie beschaulich spazieren gehen sehen. Aber vielleicht tut es ja Lady Sarah.«
William wird den Donovans die Situation schildern und einschärfen müssen, wie wichtig ihm absolute Diskretion ist.
» Wenn du mich fragst, sind die Donovans es gewohnt, Geheimnisse für sich zu behalten.«
Wie kommst Du darauf?
» Wie gesagt, hat Deirdre nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als Sally aufgetaucht ist«, sagte ich. » Wenn sie es gewohnt ist, zu später Nacht hysterischen Frauen die Tür zu öffnen, würde ich meinen, dass sie geübt darin ist, Geheimnisse zu bewahren.«
Eine gut ausgebildete Haushälterin behält ihre Meinung für sich, Lori. Jedenfalls spricht sie nicht mit jedermann über die Angelegenheiten ihres Arbeitgebers. Und Deirdre scheint eine gut ausgebildete Haushälterin zu sein. William dürfte also keine Probleme mit ihr bekommen. Ich kann nur hoffen, dass ihr Mann genauso diskret ist. Der Plan wird nur funktionieren, wenn beide kooperieren.
» Wenn sie ihren Job behalten wollen, werden sie bestimmt mitmachen«, erwiderte ich.
Sobald Señor Cocinero abgereist ist, wirst du Sally aus Fairworth House hinausschmuggeln und sie zu ihrer Teestube zurückfahren, wo sie, gesundheitlich wiederhergestellt, erneut ihre vitale Rolle im Dorfleben aufnehmen kann. Es entstand eine kurze Pause, ehe sich die Buchstaben weiter über die Seite kringelten. Sally wird natürlich barsch zu Señor Cocinero sein müssen.
» Wie bitte?«
Sally wird ihre Gefühle für Señor Cocinero verbergen müssen. Andernfalls wird er wiederkommen wollen. Ich bezweifle, dass William ein weiteres Mal gewillt ist, dieses Theater auf sich zu nehmen.
» Ich bezweifle, dass er es auch nur ein einziges Mal durchhält.«
Das wird er. Ein galanter Gentleman kann einer in Bedrängnis geratenen Jungfrau seine Hilfe nicht verweigern.
» Selbst wenn sich William auf deinen Plan einlässt«, sagte ich, » wird er nicht aufgehen.«
Warum nicht?
» Du hast mich selbst bei unzähligen Gelegenheiten immer wieder darauf hingewiesen, dass in einem kleinen Dorf nichts unbemerkt geschieht. Geheimnisse bleiben in Finch nicht lange geheim.«
Es gibt für alles ein erstes Mal, Lori. Male Dir nur die furchtbaren Konsequenzen aus, die eintreten werden, sofern Ihr nichts unternehmt, um den Skandal zu verhindern. Kannst Du Dir Finch ohne Sally Pynes Marmeladen-Doughnuts vorstellen?
» Ich habe nicht gesagt, dass ich nichts unternehmen will«, protestierte ich. Ich war eine bekennende Liebhaberin von Sally Pynes Marmeladen-Doughnuts, die recht wenig Ähnlichkeit mit dem gleichnamigen amerikanischen Gebäck hatten. Sallys Doughnuts waren fest, hatten die Form von U-Booten, wurden nach dem Backen in grobem Zucker gewälzt, mit Schlagsahne gefüllt, und das i-Tüpfelchen bildete ein Klecks hausgemachter Himbeermarmelade. Kurz und gut, sie waren der Stoff, aus dem kulinarische Träume sind.
Ich riss mich aus meinen zuckersüßen Träumen und fuhr fort: » Ich wollte gerade fragen, welche Rolle du mir in dieser Farce zugedacht hast.«
Du wirst Dich selbst spielen, Lori. William wohnt bei Lady Sarah, weil sich ihr Haus in der Nähe des Cottages seines Sohnes befindet.
» Und warum wohnt er nicht bei uns?«
Euer Cottage ist zu klein, während es in Fairworth House unzählige Zimmer gibt. Je näher wir bei der Wahrheit bleiben, Lori, desto einfacher wird es sein, die Sache heil über die Bühne zu bekommen.
» Stimmt, Lügen kann man besser koordinieren, wenn sie der Wahrheit nahekommen«, sagte ich.
Lügen, die verhindern, eine törichte Frau dem Hohn und Spott einer ganzen Dorfgemeinschaft preiszugeben, sind, denke ich, verzeihlich. Wenn die Verschwörer ihre Rolle bestmöglich spielen, hat mein Plan, glaube ich, eine mittelprächtige Chance auf Erfolg.
» Ich werde jedenfalls mein Bestes geben.«
Das weiß ich. Meine Liebe, Du rennst jetzt seit fast vierundzwanzig Stunden wie ein Windhund durch die Gegend. Höchste Zeit, dass Du Dich in Deinem Hundekorb einrollst. Buenas noches, querida.
» Buenas noches, Tía Dimity«, sagte ich und war selbst überrascht, dass in den tiefsten Winkeln meines Gedächtnisses offenbar noch ein paar
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