16 Tante Dimity und das verhexte Haus (Aunt Dimity and the Family Tree)
Sally braucht, während sie sich von ihrer schweren Grippe erholt, jemanden, der sie pflegt. Deshalb hat sie beschlossen, bei Judith Crosby zu wohnen.
» Wer ist Judith Crosby?«
Judith Crosby ist Sally Pynes jüngste Schwester. Sie lebt in Chipping Norton. Sally wird also zu ihr ziehen, bis sie wieder auf dem Damm ist. Und da Rainey hierbleiben muss, um die Teestube zu managen, hast Du, meine Liebe, Dich erboten, sie nach Chipping Norton zu fahren.
» So, habe ich das?«, fragte ich verdutzt.
Du bist eine gute Freundin, auf die Sally sich immer verlassen kann, Lori. Niemand wird sich über Deine Hilfsbereitschaft wundern.
» Okay«, sagte ich zweifelnd. » Aber du hast das Hauptproblem bislang außer Acht gelassen. Wie wird Sally von Chipping Norton nach Fairworth House gelangen, ohne dass jemand sie sieht?«
Du bist heute ein wenig begriffsstutzig, meine Liebe. Du fährst Sally natürlich nicht nach Chipping Norton, sondern hierher, ins Cottage, und bleibst circa eine Stunde hier.
» Das geht nicht«, sagte ich. » Will und Rob werden zu viele Fragen stellen, wenn Sally sich hier versteckt.«
Das stimmt. Lass mich nachdenken … Die Handschrift hielt kurz inne, dann entfaltete sie sich aufs Neue auf der Seite. Ich hab’s! Du wirst mit Sally nach Chipping Norton fahren, dann aber wieder umkehren und sie nach Fairworth House bringen – damit Du auf die benötigte Fahrzeit kommst. Und wenn Du Dich Fairworth House näherst, wird sich Sally flach auf die Hinterbank legen und sich unter einer Decke verstecken.
» Ich soll Sally nach Fairworth House schmuggeln?«, fragte ich kichernd.
Ganz genau. Und ich würde vorschlagen, Du tust es so bald wie möglich. Sally wird Zeit brauchen, um sich mit dem Anwesen ihrer Vorfahren vertraut zu machen. Vergiss nicht, sie daran zu erinnern, dass sie ihre beste Garderobe einpackt. Wenn sie wie eine Lady erscheinen möchte, darf ein Trainingsanzug keinesfalls Bestandteil ihrer Garderobe sein.
» Die besten Sachen einpacken«, murmelte ich. Die Idee begann mir zu gefallen.
In der Zwischenzeit wirst Du die Dorfbewohner wissen lassen, dass am Montag ein wichtiger ausländischer Mandant in Fairworth House eintreffen und für unbestimmte Zeit bleiben wird. Es ist schließlich allgemein bekannt, dass William als Anwalt tätig ist.
» Er ist überhaupt nicht mehr tätig«, hob ich hervor. » William hat sich zur Ruhe gesetzt.«
Anwälte setzen sich nie wirklich zur Ruhe, Lori. Es gibt immer ein paar wenige Mandanten, die darauf bestehen, von demselben Anwalt beraten zu werden, der schon ihre Väter und Großväter betreut hat.
» Ach so. Fahr fort.«
Du wirst den Mandanten als langweiligen alten Umstandskrämer hinstellen.
» Warum das denn?«
Wenn Du nicht ein bestimmtes Bild von ihm zeichnest, werden die Leute aus Finch womöglich auf die Idee kommen, William hätte eine Berühmtheit zu Gast. Ein langweiliger alter Umstandskrämer wird sehr viel weniger Interesse hervorrufen als eine prominente Person.
» Wie wahr.« Ich war mal wieder beeindruckt von Tante Dimitys Detailliebe.
Ferner wirst Du im Dorf verbreiten, dass William mit seinem Mandanten hoch vertrauliche Besprechungen führt und auf keinen Fall gestört werden darf.
» Kein Zutritt für Besucher«, sagte ich und nickte nachdenklich.
Kein Zutritt für irgendjemand. Du musst sicherstellen, dass William absolut ungestört bleibt in dieser Zeit.
» Die Dorfbewohner werden ja vielleicht wegbleiben, wenn ich es ihnen verbiete, William zu besuchen, aber was ist mit den Zwillingen? Wenn Rob und Will Wind davon bekommen, dass Sally bei ihrem Großvater eingezogen ist, werden sie mich mit lauter unangenehmen Fragen löchern.«
Kannst Du sie nicht für ein, zwei Tage von Fairworth House fernhalten?
» Ich kann es versuchen, aber leicht wird es nicht sein. Sie lieben das neue Haus ihres Großvaters.«
Wenn das so ist, musst Du ihnen sagen, dass ihr Großvater ein paar Tage lang in Ruhe gelassen werden möchte, weil er einen ausländischen Gast zu Besuch hat. Sie verstehen doch, was » in Ruhe gelassen werden« bedeutet?
» Na ja, so in etwa«, murmelte ich und machte eine mütterlich-schuldbewusste Miene.
Sally muss dann nur noch dafür sorgen, dass Señor Cocinero nicht durch Finch spaziert.
» Das wird allerdings nicht einfach sein«, sagte ich. » Du erinnerst dich doch an die Geschichten vom Kajakfahren und Schnorcheln? Hört sich so an, als wäre Henrique ein Typ, der auf Abenteuer aus ist.«
Ich kann mich
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