16 Tante Dimity und das verhexte Haus (Aunt Dimity and the Family Tree)
im Satz und neigte den Kopf zur Seite. » Höre ich da… Gesang?«
Ich hielt den Atem an und lauschte.
» Ja«, sagte ich. » Ich höre es auch. Benny Goodman hat aber nicht gesungen, oder?«
» Benny Goodman?« Willis senior hob eine Augenbraue.
» Es kommt aus dem Billardzimmer«, warf Deirdre ein.
» Lasst uns der Sache nachgehen«, sagte Willis senior.
Mein Schwiegervater sah mich verwirrt von der Seite an, ehe er vorausging, zuerst den Flur entlang, dann durch die Bibliothek und ins Billardzimmer. Die Szene, die sich uns bot, zeigte klar und deutlich, dass meine Bemühungen, die Handwerker und Sally und Henrique auseinanderzuhalten, auf ganzer Linie gescheitert waren.
Henrique saß auf der Kante eines Gobelinohrensessels am hinteren Ende des Raums, klimperte auf einer Gitarre und sang inbrünstig ein mexikanisches Folklorelied. Er hatte eine hübsche Stimme und eine noch bessere Bühnenpräsenz. Seine Zuhörer, bestehend aus den Stuckateuren, den Glasern und Schreinern und Sally, waren fasziniert von seiner Darbietung, und als er endete, applaudierten sie stürmisch und forderten eine Zugabe. Die er ihnen mit Freuden gewährte.
Willis senior bedeutete Deirdre und mir unwirsch, ihm in die Bibliothek zu folgen. Das taten wir und schlossen die Tür hinter uns.
» Woher kommt die Gitarre?«, fragte ich.
» Sie muss einem der Handwerker gehören«, antwortete Deirdre. » Mr Cocinero hatte jedenfalls keine in seinem Gepäck.«
» Wir wollen jetzt nicht die mögliche Herkunft der Gitarre erörtern«, sagte Willis senior mit einem Anflug von Schroffheit in der Stimme. » Wir müssen ein weit größeres Problem lösen. Die Handwerker dürfen auf keinen Fall den Pub aufsuchen.«
» Wie können wir sie davon abhalten?«, fragte ich.
» Ihnen ein Mittagessen servieren?«, schlug Deirdre vor. » Wenn sie heute Mittag ordentlich gegessen haben, werden sie auf dem Nachhauseweg nicht das Bedürfnis verspüren, auf ein Bier und einen Imbiss im Wirtshaus einzukehren. Ich kann rasch Bratwürste mit Kartoffelpüree machen, kein Problem.« Deirdre sah auf die Uhr. » Und wenn ich mich beeile, erwische ich Declan noch rechtzeitig, damit er einen Kasten Bier aus Upper Deeping mitbringt.«
» Wir können die Handwerker nicht betrunken nach Hause fahren lassen«, wandte Willis senior ein.
» Jeder bekommt nur eine Flasche«, sagte Deirdre, » außerdem bereite ich ihnen ein deftiges Essen zu. Wenn sie anschließend noch ein paar Stunden arbeiten, können sie am Nachmittag problemlos wieder Auto fahren.«
Willis senior ließ sich den Plan kurz durch den Kopf gehen und nickte dann. » So machen Sie es«, sagte er zu Deirdre.
Als Deirdre mit dem Handy in der Hand aus der Bibliothek eilte, drang vom Billardzimmer eine Lachsalve an unsere Ohren. Ich zog die Tür einen Spalt breit auf und sah, wie Henrique mit Billardbällen jonglierte.
» Henrique zieht eine Show ab«, murmelte ich. » Und Sally ist sein größter Fan.«
» Hat sie keinen Selbsterhaltungstrieb?«, fragte Willis senior wehmütig.
» Ich fürchte nein.« Ich lächelte. » Sie ist unsterblich verliebt.«
16
Eine friedvolle Stille senkte sich auf Fairworth House herab, als die Handwerker um drei Uhr nachmittags Feierabend machten. Gestärkt durch das Mittagessen, das Deirdre ihnen serviert hatte, und erfrischt von den Darbietungen Henriques hatten sie frohgelaunt ihre Feinarbeiten beendet. Nachdem Henrique und Sally ihren neu gewonnenen Freunden zum Abschied nachgewinkt hatten, zogen sie sich erschöpft für ein Mittagsschläfchen in ihre Zimmer zurück.
Ich saß mit Willis senior im Salon und wartete darauf, dass Deirdre uns eine Kanne Kamillentee und einen leicht verdaulichen Imbiss servierte. Auch wenn die Bratwürste mit Kartoffelbrei verlockend ausgesehen hatten– Henrique hatte bei jedem Bissen verzückt einen wohligen Seufzer ausgestoßen–, hatten mein Schwiegervater und ich nur eine Gabel voll zu uns genommen. Willis senior war zu aufgeregt gewesen zum Essen, und ich war zu sehr damit beschäftigt, dafür zu sorgen, dass die Party nicht aus dem Ruder lief.
» Will und Rob«, sagte Willis senior, als erinnerte er sich erst jetzt wieder ihrer Existenz. » Wer kümmert sich um meine Enkel?«
» Kit Smith. Ich habe in Anscombe Manor angerufen und Kit gebeten, dass er und Nell sie mit einem Mittagessen versorgen. Kit hat gesagt, dass er anschließend einen ausgedehnten Ausritt mit ihnen machen will. Glaub mir, sie sind glücklich und
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