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16 Uhr 50 ab Paddington

16 Uhr 50 ab Paddington

Titel: 16 Uhr 50 ab Paddington Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Brackhampton?»
    «Sind doch überall Fabriken. Eine direkt vor unserem Hintertor.»
    Craddock warf Bacon einen fragenden Blick zu, und der sagte:
    «Blechdosen.»
    «Woher wollen Sie wissen, dass sie die wirklich herstellen? Ich sage Ihnen, man darf sich nichts vormachen lassen. Gut, wenn sie keine Spionin war, wer war sie dann? Glauben Sie, sie hatte was mit einem meiner entzückenden Söhne? Wenn, dann Alfred. Harald ist für so was viel zu vorsichtig. Und Cedric lässt sich nicht dazu herab, in diesem Land zu leben. Gut, dann war sie also Alfreds Weibsbild. Und irgendein Hitzkopf folgt ihr hierher, weil er glaubt, sie will sich mit ihm treffen, und macht sie kalt. Was halten Sie davon?»
    Inspector Craddock sagte diplomatisch, eine solche Theorie sei keinesfalls auszuschließen. Aber Mr. Alfred Crackenthorpe hätte die Frau nicht erkannt, sagte er.
    «Pah! Angst, das ist alles! Alfred war schon immer ein Angsthase. Aber er ist ein Lügner, darf man nicht vergessen, war er schon immer. Der lügt, dass sich die Balken biegen. Keiner meiner Söhne taugt was. Die reinen Aasgeier, die bloß darauf warten, dass ich endlich abkratze, das ist ihr einziger Lebensinhalt.» Er lachte. «Aber die können warten, bis sie schwarz werden. Den Gefallen tu ich ihnen nie! Also, wenn Sie weiter keine Fragen haben… ich bin müde. Muss mich hinlegen.»
    Er schlurfte wieder hinaus.
    «Alfreds Weibsbild?», fragte Bacon. «Ich glaube, da will uns der alte Mann einen Bären aufbinden.» Er hielt zweifelnd inne. «Ich persönlich glaube, Alfred ist sauber – er hat es vielleicht faustdick hinter den Ohren, aber das geht uns im Augenblick nichts an. Nein, mich beschäftigt eher dieser Luftwaffenkerl.»
    «Bryan Eastley?»
    «Ja. Von der Sorte sind mir schon ein paar über den Weg gelaufen. Die treiben gewissermaßen haltlos durch die Welt – haben zu früh im Leben Gefahr, Tod und Abenteuer kennen gelernt. Jetzt kommt ihnen das Leben fad vor. Fad und unbefriedigend. In mancher Hinsicht haben wir sie schlecht behandelt. Obwohl ich nicht wüsste, was man dagegen tun könnte. Aber da stehen sie nun, voller Vergangenheit und ohne Zukunft. Dabei sind sie es, die Kopf und Kragen riskieren – der Durchschnittsmensch geht instinktiv auf Nummer sicher, weniger aus Moral als aus Vorsicht. Aber diese Hasardeure kennen keine Angst – auf Nummer sicher gehen ist für sie ein Fremdwort. Wenn Eastley wegen irgendwelcher Scherereien einer Frau nach dem Leben getrachtet hätte…» Er verstummte mit einer hilflosen Geste. «Aber warum hätte er sie umbringen wollen? Und wenn man eine Frau umbringt, warum deponiert man sie in einem Sarkophag des Schwiegervaters? Nein, wenn Sie mich fragen, hat keiner von denen etwas mit dem Mord zu tun. Wenn es einer von ihnen gewesen wäre, hätte er sich nicht die Mühe gemacht, die Leiche quasi im eigenen Hinterhof zu deponieren.»
    Craddock konnte sich das ebenfalls nicht zusammenreimen.
    «Haben Sie hier noch zu tun?»
    Craddock verneinte.
    Bacon schlug vor, nach Brackhampton zu fahren und eine Tasse Tee zu trinken – aber Craddock sagte, er wolle noch eine alte Bekannte besuchen.

Zehntes Kapitel
    I
     
    M iss Marple saß aufrecht vor einem Panorama aus Porzellanhunden und Andenken aus Margate und lächelte Inspector Dermot Craddock anerkennend an.
    «Ich bin ja so froh, dass der Fall Ihnen übertragen worden ist», sagte sie. «Genau das hatte ich gehofft.»
    «Als ich Ihren Brief bekommen habe, bin ich sofort zum Polizeivize gegangen», sagte Craddock. «Zufälligerweise hatte er gerade erfahren, dass Brackhampton uns um Amtshilfe ersuchte. Dort dachte man sich schon, dass es kein Lokaldelikt sei. Der Polizeivize horchte auf, als ich ihm von Ihnen erzählte. Er hatte von Ihnen gehört, von meinem Patenonkel, nehme ich an.»
    «Der liebe Sir Henry», murmelte Miss Marple zärtlich.
    «Ich musste ihm von der Affäre in Little Paddocks erzählen. Möchten Sie wissen, was er daraufhin sagte?»
    «Ja bitte, wenn es kein Vertrauensbruch ist.»
    «Er sagte: ‹Das Ganze sieht mir nach einer ziemlich verqueren Geschichte aus, die sich ein paar alte Damen aus den Fingern gesogen und mit der sie wider Erwarten Recht behalten haben. Aber da Sie eine dieser alten Damen bereits kennen, setze ich Sie auf den Fall an.› Und da bin ich nun! Nur, meine liebe Miss Marple, wie geht es jetzt weiter? Sie werden sich denken können, dass das hier kein offizieller Besuch ist. Ich bin ohne meine Spießgesellen gekommen, weil ich

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