160 - Der untote Kreuzritter
griff nach der Gemme.
Ihre Augen weiteten sich, als eine Axt die Türfüllung durchschlug. Ein paar Sekunden konnte sie sich nicht bewegen, dann bückte sie sich und zog eine Lade auf, in der ihr Vater einen alten Colt versteckt hatte. Sie griff nach dem Revolver.
Ein weiterer Hieb zerstörte das Schloß, das auf den Boden fiel.
„Was ist denn los?" hörte sie ihren Vater brüllen.
Da stürmte auch schon der Kreuzritter in die Wirtsstube. Er trug einen Helm, einen Kettenpanzer und einen roten Umhang. In der rechten Hand hielt er eine Streitaxt. Das Gesicht des Ritters wirkte wie eine Totenmaske; es war bleich, und der Blick der dunklen Augen stumpf.
Der Untote lief auf sie zu und schwang die Axt über den Kopf.
Nadja hob den Colt, drückte ab, und der Schuß klang wie ein Donnerschlag. Sie hatte keine Ahnung, ob sie getroffen hatte. Der Rückschlag der Waffe war für sie so gewaltig, daß ihre Hand geprellt wurde und der Revolver zu Boden fiel.
Nun griff sie mit schmerzverzerrtem Gesicht nach der Gemme und hob sie hoch.
Doch das störte den Kreuzritter überhaupt nicht. Die Streitaxt trieb er mit einem Schlag tief in die Theke, packte ihre linke Hand und riß sie über den Tresen. Mit der rechten zerriß er die Kette und schleuderte die Gemme in eine Ecke des Raumes.
Seine kräftigen Arme hoben sie hoch, verzweifelt versuchte sie sich zu befreien, dabei schrie sie wie verrückt, doch das alles beeindruckte den Untoten nur wenig.
Er schleppte sie durch die Stube und lief auf die Gasse hinaus, wo Cita sie bereits erwartete.
„Durch dich ist meine Freundin gestorben", sagte Cita mit schneidender Stimme. „Dein Tod wird fürchterlich sein."
Genußvoll bohrte sie die Krallen in Nadjas Hals.
„Bring das Mädchen zu Persea, Heinrich."
Der Untote folgte augenblicklich.
Mit der gelähmten Nadja Stellau im Arm, verließ er das Dorf.
Cita wartete noch. Sie betäubte Nadjas Vater, und dann auch die Mutter.
Der Lärm war im Dorf nicht unbemerkt geblieben. In einigen Häusern gingen die Lichter an.
Rasch öffnete Cita den Mund, und sie diente nun Persea Jacht als Medium, die durch sie ein magisches Feld um das Dorf legte, das alle Bewohner betäubte.
„Gut gemacht, mein Liebling", vernahm Cita die Stimme ihrer Herrin. „Du hast deine Aufgabe hervorragend gelöst. Ich bin sehr zufrieden mit dir, mein Schatz. Du hast einen Wunsch frei, mein Täubchen."
„Darf ich dich lieben, edle Herrin?"
„Dieser Wunsch ist dir gewährt, liebste Cita."
Martin war schlafen gegangen, und auch die anderen Bewohner der Burg hatten sich auf ihre Zimmer zurückgezogen.
Aber wir hatten Besuch bekommen. Als Unga von den Vorfällen im Castillo Basajaun gehört hatte, war er sofort vom Elfenhof in Island durch das Magnetfeld zu mir geeilt.
Über seine Anwesenheit freute ich mich sehr. Mit dem Cro Magnon hatte ich viele Abenteuer erlebt, und er hatte mir treu zur Seite gestanden, als ich Hermons Vermächtnis angenommen hatte. Wenn ich es recht bedachte, dann war er mein einziger wahrer Freund. Jeff Parker kannte ich viel länger, und ich mochte ihn auch recht gerne, das traf auch auf Abi Flindt zu, mit dem ich mich immer besser verstand. Doch nur mit Coco und Unga konnte ich über einige Dinge ganz offen sprechen.
Nun hockte er mir entspannt gegenüber, die Beine in den abgewetzten Jeans weit von sich gestreckt, die Ellbogen auf den Armlehnen aufgestützt, und sein edles Gesicht strahlte eine Ruhe und Gelassenheit aus, die auf mich abfärbte.
Die Kreuzritter-Story hatte ich im kurz erzählt, aber für ihn und mich war das nichts Neues. Da hätte ich noch ganz andere, viel erstaunlichere Berichte liefern können.
„Irgend etwas stimmt mit dieser Burgruine nicht", sagte ich und trank einen Schluck Bourbon.
Unga griff nach dem Bierkrug, der in seinen Pranken wie ein kleiner Becher aussah.
„Dich bedrückt nicht nur diese Burg", stellte Unga fest.
„Es ist diese verdammte Rebecca", brach es aus mir heraus. „Sie war mal Cocos beste Freundin, das alles verstehe ich, aber so kann es nicht weitergehen. Hier müssen endlich einmal klare Fronten geschaffen werden."
Unga drehte den Kopf zur Seite, und ich folgte seinem Blick.
Coco kam langsam auf uns zu. Ihr Verband sah wie ein modisches Stirnband aus, das aber in der Farbe nicht zu ihrem gelben Jogginganzug paßte.
Unga und ich wollten aufstehen.
„Bleibt sitzen", sagte sie. Im Vorbeigehen klopfte sie Unga auf die Schulter, holte sich ein Glas, nahm die Bourbonflasche
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