160 - Der untote Kreuzritter
Gesicht mit der Geiernase war eingefallen, die Haut runzelig wie ein vertrockneter Apfel. „Komm zu mir, Virna!" brüllte sie, als sie wieder sehen konnte.
Mit beiden krallenartigen Händen umspannte sie die magische Kugel.
Das Bild änderte sich langsam. Nun war Cita zu sehen, die Sabrina und Senta angriff und dabei mehr Erfolg als Virna hatte.
„Sehr gut", freute sich die Vampirin. „Schick die Mädchen zu mir, Cita. Locke die anderen aus der Hütte."
Erschöpft sank sie zurück.
Sie hob den Kopf, als Virna vor ihr stehenblieb.
Bei besonders reizvollen Frauen war Persea Jadit immer behutsam vorgegangen. Sie hatte ihnen immer nur wenig Blut entzogen und sie dann einige Tage in Ruhe gelassen. Nach und nach war mit den Frauen eine Änderung vorgegangen. Ihr Blut hatte sich verändert, und sie hatten schwache magische Fähigkeiten entwickelt. Aber länger als zwei Jahre hatten ihre Opfer nie gelebt.
„Ich habe versagt, Herrin", sagte Virna fast unhörbar.
Die Vampirin nickte grimmig.
Das einst so makellose Gesicht ihrer Dienerin war entstellt. Die Nase war eingedrückt, und die Haut warf Blasen.
„Du warst eine treue Dienerin, Virna", sagte Persea und erhob sich langsam. „Ich werde die schönen Stunden nie vergessen, die mir dein Leib bereitet hat."
Virna zitterte leicht, als die rechte Kralle der Vampirin über ihren Bauch strich. Die hornigen Fingernägel wurden nadelspitz. Dann bohrten sich die Krallen in die weiche Haut und pumpten Virnas Blut in den Körper der Vampirin…
Baphomets Worte hatten sich bewahrheitet.
Heinrich von der Laufen hatte den Tag unzählige Male verflucht, an dem er zum Zauberer gegangen war und ihn angefleht hatte, daß er ihn nach seinem Tod wiederbeleben sollte.
Er hatte die Nächte gezählt, in denen er bis jetzt herumgeirrt war. Es waren genau 290 157 Nächte gewesen!
Sein unwirkliches Leben war leichter zu ertragen gewesen, als die Burg noch ständig bewohnt worden war. Da hatte er etwas Abwechslung gehabt, da er wenigstens gelegentlich eine Unterhaltung mithören konnte. Sein Sohn Guntmar war im Alter von sechs Jahren gestorben, und die Burg hatte viele Besitzer gehabt, an die er sich genau erinnern konnte. Viele Jahre hatte die Burg leergestanden. Nur Spinnen, Mäuse, Ratten, Fledermäuse, Schlangen, Insekten und anderes Ungeziefer hatten sich in der Burg eingenistet, die immer mehr zerfallen war. In den vielen Nächten war er allein mit seinen düsteren Gedanken gewesen und hatte den endgültigen Tod ersehnt. Nur gelegentlich war Baphomet erschienen.
Heinrich hatte den Zauberer angefleht, ihn doch endlich von seinen Qualen zu erlösen, doch er hatte nur bösartig gelacht. Immer wieder hatte er auf Baphomets Befehl töten müssen.: Heinrich hatte sich gegen diese Befehle aufzulehnen versucht, doch vergeblich.
Täglich blieb er vor dem Grab seiner Frau stehen und dachte voller Sehnsucht an sie. In den ersten Jahren hatte er sie verflucht, denn er hatte sie für seinen Zustand verantwortlich gemacht. Doch jetzt dachte er anders darüber.
Die Zeiten hatten sich geändert - und mit ihnen die Sprache. Heinrich hatte Schwierigkeiten, die Menschen der Gegenwart zu verstehen. Sie schienen eine andere Sprache zu sprechen.
Wie üblich war er auch heute kurz nach Sonnenuntergang erwacht. In den ersten Minuten nach dem Erwachen hatte er immer Mühe, sich zu bewegen, doch dieser Zustand hielt nicht lange an.
Kurze Zeit war er durch die Gänge gestapft, und dann spürte er plötzlich die Ausstrahlung, die vom Jungfrauenturm ausging, der durch einen Tunnel mit der Ruine verbunden war. Neugierig war er zum Turm geeilt, und er hatte sich nicht getäuscht, Persea Jadit, seine neue Herrin, war eingetroffen. Vor 71350 Nächten waren sie und Baphomet in der Burg erschienen. Der Zauberer hatte ihm erklärt, daß Persea Jadit die neue Burgherrin sei und er ihr nun gehorchen müsse. Dagegen hatte sich Heinrich gewehrt, doch Baphomet war stärker gewesen. Seither mußte er der Vampirin gehorchen, die seine Dienste jedoch kaum in Anspruch nahm. Seit 11267 Nächten hatte er sie nicht mehr gesehen.
Heinrich blieb stehen und wartete.
Werner Rellstab lehnte zwischen zwei mit Eisblumen bedeckten Fenstern und ließ den anderen deutlich seine schlechte Stimmung merken. Die Wand war eiskalt, er stieß sich ab, stapfte zum Tisch und griff nach der Ginflasche.
Lilo und Nick flüsterten wieder miteinander. Dann kicherte die puppenhafte Lilo, und der hünenhafte Nick lachte
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