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160 - Die Schrecken von Kabuul

160 - Die Schrecken von Kabuul

Titel: 160 - Die Schrecken von Kabuul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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lehnte, und von dort zu ihrem Yaakuli-Mantel. Schließlich betrachtete er genüsslich ihre Stirn, ihren Hals, ihre Brüste und ihre Schenkel. »Dir wird etwas einfallen, da mache ich mir keine Sorgen.«
    »Das freut mich für dich.« Aruula leerte den Becher und blitzte ihn feindselig an.
    Hinter der altväterlichen Lächlerfassade dieses Mannes glaubte sie plötzlich den gerissenen Ganoven, den gierigen Lüstling zu erkennen.
    »Jetzt lasse ich dich ein paar Minuten allein«, sagte der Heiler. »In der Zeit löst sich der Schmutz schon mal ein wenig aus dem Fingerstumpf, und der Schmerz aus deinem Kopf, schöne Frau.« Er deutete eine Verneigung an, öffnete eine der beiden Türen des Raumes und verschwand in einem Nebenzimmer.
    Aruula sank zurück auf die Liege. Sie war hart, aber himmlisch bequem im Vergleich zu dem felsigen Höhlenboden, auf dem sie die vergangen beiden Nächte verbracht hatte. Aus dem Nebenzimmer ertönte ein lang gezogener Schrei. Aruulas Nackenhaar stellte sich auf. Der Schrei ging erst in lautes Stöhnen, dann in jämmerliches Röcheln über. Sie atmete tief durch. Welch ein schwerer Stein würde ihr vom Herzen fallen, wenn sie erst dieses Haus und danach diese Stadt verlassen konnte!
    Die Medizin wirkte. Wohlige Wärme stieg ihr aus den Eingeweiden bis in die Haarspitzen hinauf…
    ***
    Der Raum war lang, mindestens zwanzig Meter, und die knapp zwei Meter breite Tafel füllte ihn fast vollständig aus. In jeder Wand gab es eine Tür. Durch die, die zum Berliner Platz führte, betrat Toorsten Al'Myller den Raum. Er löste den Säbelgurt, schlug mit dem Knauf dreimal auf den Tisch und rief zum General gewandt: »Gott zum Gruße, Magnus Al'Smidd!«
    »Wenn er sich bloß angewöhnen könnte, die verfluchten Götter aus dem Spiel zu lassen«, brummte der rothaarige Hüne im hohen Lehnstuhl am Ende der Tafel.
    Al'Myller hängte den Säbelgurt über die Lehne seines Stuhls. »Drei Männer verloren. Taratzen an den Nordhängen. Weiß der Teufel, was die Biester aus dem Gebirge treibt.«
    »Kälte und Hunger, was sonst«, schnarrte der General.
    »Und? Was ist mit der Frau? Brauchbar?«
    Die Hände auf dem Rücken verschränkt, schlenderte Toorsten Al'Myller bis zum anderen Ende der Tafel. »Kann man schon sagen, doch, doch, scheint brauchbar zu sein.«
    Schmunzelnd zwirbelte er an seinem Schnurrbart herum. »Hat sich gleich mit dem Calli angelegt.«
    »Im Ernst?« Das ohnehin schon reichlich mürrische Gesicht des Generals verfinsterte sich noch mehr. »Hat Calli Eff sie etwa festnehmen lassen?«
    »Um ein Haar. Doch sie schlug ihm die Peitsche mit dem Schwert aus der Hand.« Al'Myller trat an eines der vielen Fenster, die zum Innenhof hinaus führten. Gut zwei Dutzend Männer und Frauen arbeiteten dort an den Rührkesseln und Pressen. »Ziemlich schwere Klinge, die das Mädel da führt, alles was Recht ist! Die Damen des Calli wagten nicht, sie anzugreifen, ho, ho!«
    Die finstere Miene des Generals hellte sich auf, aber nur ein wenig. »Brauchbar also. Na, sehr schön. Und wo ist sie jetzt?«
    »Bei Omar Alifrid Bin Theodor.«
    »Oha! Er wird doch nicht…?« General Magnus Al'Smidd, ein hünenhafter Mann in fortgeschrittenem Alter, machte große Augen. Weitere Sorgenfalten gesellten sich zu jenen, die sich bereits auf seiner Stirn türmten.
    »Er hat strengste Order, Fremde zunächst nicht zu disponieren. Und er weiß, was ihm blüht, wenn er unsere Befehle missachtet. Mach dir also keine Sorgen, Magnus Al'Smidd.«
    »Na schön.« Der General griff nach der Bronzeglocke neben seinem Krug. »Sehr schön.« Er trug kein Kopftuch. Haupt- und Barthaar standen wild und rot von seinem wuchtigen Schädel ab. Das Geläut der Glocke hallte durch den Raum. Hinter ihm, an der Stirnseite des Raumes, öffnete sich eine Tür. Eine junge Frau streckte ihren Blondschopf herein. »Fülle mir meinen Krug, Täubchen«, sagte der General. »Und bring auch dem Oberst zu trinken!«
    »Und wie heißt das Zauberwort, Al'Smidd?«
    »Oh, nicht doch, Eva-Täubchen… musst du mich denn immer vor meinen Untergebenen bloßstellen?« Der General verdrehte die Augen. Das Mädchen an der Tür wartete hartnäckig auf ihr Zauberwort. »Bitte, Täubchen, bitte«, knurrte der General endlich.
    »Aber sehr gern doch, mein General.« Das Mädchen rauschte herein, schnappte sich den leeren Krug und tänzelte zurück zur Tür. »Einen Krug für meinen General, einen Krug für den Oberst!« Sie zwinkerte Al'Myller zu, bevor sie die Tür

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