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160 - Die Schrecken von Kabuul

160 - Die Schrecken von Kabuul

Titel: 160 - Die Schrecken von Kabuul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
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Höckern gefressen werden?«
    Das wollte der Kamshaa-Bulle nicht, wie es schien, denn kaum lag der Steilhang hinter ihm, ging er in einen gestreckten Galopp. Jetzt endlich fiel die Taratzenhorde immer weiter zurück. »Brav, Pushnik, brav…!« Keuchend sah Aruula hinter sich. Bald verschwammen die Umrisse ihrer letzten Verfolger mit der Abenddämmerung …
    Wohl eine Stunde hielt Rapushnik das Tempo durch, dann trabte er noch viele SAK -Würfel lang durch die Nacht und über schmale Trampelpfade, die sich nach Westen hin bald wieder über abschüssiges Bergland aus dem Hochgebirge schlängelten. Schließlich trottete er noch eine Weile röchelnd vor sich hin. Endlich hielt er erschöpft an.
    Aruula klopfte ihm zärtlich auf den Hals. Sie stieg vom Sattel und zog das Tier eine Anhöhe hinauf. Von dort aus sah sie Wetterleuchten im Westen, und im Süden ein verschwommenes Licht tief unter ihr. Ein Feuer? Sollte dort unten schon der Talkessel mit der Ruinenstadt liegen?
    Sie entdeckte eine Höhle, zerrte den Kamshaa-Bullen über einen Geröllhang bis zum Eingang und schob ihn dann ins Innere. Niemand hier schien sich gestört zu fühlen, keine Taratze griff an. Aruula zog ihre Klinge und setzte sich an den Höhleneingang. Es schien ein Leichtes zu sein, ihn zu verteidigen. Sie legte das Schwert über ihre Schenkel und wartete.
    Schmatzend kaute sie die rotbraunen Würfel und lauschte in die Morgendämmerung. Es gab Stunden, da hörte sie Tausende von Schritten aus der Dunkelheit, und welche, da stiegen Freunde zu ihr und ihrer Höhle herauf, setzten sich neben sie und sprachen mit ihr: Maddrax, Rulfan, Mr. Black, Sorban und sogar die schon seit so vielen Jahren tote Königin Waleena.
    Gegen Mittag schlief Aruula über ihrem Schwert ein…
    ***
    Im Traum brannte der Himmel. Sie wusste nicht gleich, dass es nur ein Traum war, denn er hatte ja tatsächlich gebrannt, der Himmel; über dem Ringgebirge des Kraters hatte er gebrannt, das Ringgebirge selbst hatte gebrannt, und manchmal, wenn Aruula ins Ungefähre lauschte, ahnte sie, dass an vielen Stellen die Erde noch immer brannte.
    Jedenfalls brannte der Himmel auch in ihrem Traum, und hinter ihr brannte Kabuul. Sie wusste es und war erleichtert, der Stadt und ihren Schrecken entronnen zu sein.
    »Sei froh, dass du mich hast«, sagte der Kamshaa-Bulle. Er trug sie nach Süden. Am Horizont ragte ein brennender Fels in den Morgenhimmel. Dorthin musste sie ziehen. Sie wunderte sich nicht, ihr Ziel so genau zu kennen, sie wunderte sich nicht, den Felsen so deutlich zu sehen und so deutlich rufen zu hören, als wäre er ein Mensch; sie wunderte sich nicht einmal darüber, dass Rapushnik reden konnte. Kabuul blieb hinter ihr zurück, die Flammen wurden kleiner, die Rauchpilze waren kaum noch von den Wolkentürmen zu unterscheiden.
    Sie blickte nicht zurück und wusste es trotzdem.
    Auf einmal stand da eine alte Frau auf dem Pfad nach Süden. Der Kamshaa-Bulle hielt an. Heißer Schrecken fuhr Aruula bis ins Innerste ihres Herzens, bis in die Fußnägel und die Haarspitzen. Die Erinnerung überfiel sie mit solcher Macht, dass sie glaubte, ihre Lebenszeit wäre stehen geblieben, damals, als sie die Greisin mit dem schlohweißen, verfilzten Haar zum ersten Mal sah.
    »Wohin gehst du, Aruula von den Dreizehn Inseln?« Ihre braune Haut sah aus wie brüchiges, vergilbtes Laub, ihr langer zerknitterter Lederumhang war von schwärzlichem Rot und ein Ring aus rötlichem Metall hing in ihrem rechten Nasenflügel.
    »Wohin, sag es mir!«
    »Nach Süden. Der Fels dort – hörst du nicht, wie er nach mir ruft?« Aruula war überzeugt, diese Situation schon mindestens zwei Mal erlebt zu haben.
    Die Göttersprecherin trat näher und berührte Rapushnik an den Nüstern. Sofort ging der Kamshaa-Bulle in die Knie, erst vorn, dann hinten. Als er am Boden lag, stand die Greisin auch schon neben Aruula. Die klebte kraftlos im Sattel. »Du kennst mich, Mädchen?«, krächzte sie.
    Aruula nickte ergeben. »Du bist Wudans Auge. «
    »Ja, das bin ich – Wudans Auge. Und wer bist du, Mädchen?«
    »Ich bin…« Ihre eigene Stimme kam ihr vor wie eine Stimme von der anderen Seite der Welt. »Ich bin Aruula von den Dreizehn …«
    »Das bist du nicht!«, fuhr die Greisin ihr scharf ins Wort.
    Ihr Mund war zahnlos, ihr weißes Haar verfilzt. »Du magst einst Aruula, die Kriegerin von den Dreizehn Inseln gewesen sein, doch jetzt bist du weiter nichts als die jämmerliche Sklavin einer Droge!«
    Ihr Gesicht

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