160 - Martin, Deborah - Die amerikanische Braut
nicht, was ich sagen soll …“ Nat wirkte verlegen, aber plötzlich nahm sein Gesicht einen trotzigen Zug an. „Wahrscheinlich hilfst du mir nur, weil du immer noch Angst vor einem Skandal hast.“ Er lachte bitter. „Ich kann mich immer auf dich verlassen – aber nicht, weil du mich liebst, sondern weil du um unser Ansehen besorgt bist.“
Spencer fühlte tief in seinem Innern eine große Traurigkeit. Er hatte zwar bemerkt, dass sich seine Beziehung zu Nat im Laufe der Jahre verschlechtert hatte, aber bislang hatte er immer Nat dafür verantwortlich gemacht. Oder Dora und seinen Vater. Vielleicht war es nun endlich an der Zeit, seine eigene Schuld einzugestehen und zu versuchen, die Fehler der Vergangenheit wieder gutzumachen.
„ Abby und ich werden im Sommer in Essex sein, und ich würde mich freuen, wenn du mit Evelina bei uns bist.“ Falls Abby ihm verzieh, fügte Spencer im Stillen hinzu. Falls sie bis dahin nicht längst … Aber nein, daran wollte er jetzt nicht denken. „Wenn es dir mit dem Unternehmen wirklich ernst ist, wirst du mit Abby einen genauen Geschäftsplan ausarbeiten müssen. Sie verkauft den Met in London bereits als Parfüm, und du solltest dir überlegen, ob du diese Idee nicht weiterverfolgen willst.“
Nat schaute Spencer an, als ob dieser den Verstand verloren hätte. „Du bist wirklich einverstanden, dass …“
„Einverstanden? Du bist neunundzwanzig Jahre alt und wirst Vater. Es wird Zeit, dass du auf eigenen Füßen stehst.“
Begeistert griff Nat nach Spencers Händen und drückte sie dankbar. „Du wirst es nicht bereuen, Spencer, das verspreche ich dir. Ich werde meine Chance nutzen, und du wirst stolz auf mich sein können.“
Als sie kurz darauf Bristol erreichten, kam Spencer ein Gedanke. „Musst du noch dein Gepäck aus dem Gasthaus holen?“
„Ich werde es mir nach London nachschicken lassen.“ Nat blickte Spencer an. „Aber du siehst sehr mitgenommen aus. Du könntest mein Zimmer nehmen und dich ausschlafen, während ich alleine nach London weiterfahre.“
„Nein, ich habe Abby versprochen, dass ich rechtzeitig zur Feier der Throckmortons zurück bin. Der König will sie kennen lernen, und sie ist sehr aufgeregt.“
Nat musterte ihn ungläubig. „Und obwohl du morgen eine solch wichtige politische Verabredung hast, bist du Evelinas Bitte gefolgt und nach Bristol gefahren?“
Spencer seufzte. „Ich weiß, dass ich mich manchmal wie ein Esel benommen habe, Nat, aber ich wollte immer nur dein Bestes.“
Nat lächelte. „Du wirst es mir kaum glauben, aber das wollte ich auch immer für dich.“ Verlegen betrachtete er seine Hände. „Du bist doch … ich meine … Abby macht dich glücklich, oder?“
Spencer hätte am liebsten laut losgelacht. „Jetzt befinde ich mich in einer ziemlichen Zwickmühle! Einerseits will ich dich nicht noch darin bestärken, dich auch in Zukunft wie dein älterer Bruder zu verhalten …“
Nat blickte auf und zog fragend die Augenbrauen hoch. „Und andererseits?“
„… macht Abby mich unsagbar glücklich.“ Als Nat zufrieden lächelte, fügte Spencer ernst hinzu: „Aber ich habe sie nicht immer glücklich gemacht. Und ich bin mir nicht sicher, ob sie mir verzeihen wird.“ Er schluckte. „Bevor ich aus London abgereist bin, teilte sie mir mit, dass sie mich verlassen würde, sobald ich Gelegenheit hätte, mit ihr nach Amerika zu fahren.“
„Aber warum um alles in der Welt? Du musst etwas furchtbar … Sag mir bitte nicht, dass du Abby von deiner Unfruchtbarkeit erzählt hast.“
„Natürlich habe ich ihr das anvertraut. Sie hat ein Recht, es zu wissen.“
„Aber du bist dir nicht einmal sicher, ob die Ärzte Recht haben!“
Spencer seufzte. „Obwohl ich nie Vorkehrungen getroffen habe, ist aus meinen Liebschaften nie ein Kind hervorgegangen.“
„Für wie naiv hältst du deine Geliebten? Vielleicht haben sie ja Maßnahmen ergriffen.“
„Aber Genevieve wusste von meiner Verletzung. Sie hätte also nicht …“
Nat lachte. „Und natürlich hat sie dir das geglaubt!“
Spencer schaute ihn sprachlos an.
„Dieser Gedanke scheint dir noch nie gekommen zu sein“, stellte Nat fest, und seine Augen funkelten vergnügt.
Spencer wusste nicht mehr, was er glauben sollte. Konnte es wirklich sein, dass er doch …
Er versuchte den Gedanken zu verdrängen, bevor er sich falschen Hoffnungen hingab. „Nein“, sagte er entschlossen. „Genevieve hätte das nicht vor mir geheim gehalten. Und wir waren
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