160 - Martin, Deborah - Die amerikanische Braut
Skandal traf nicht nur ihn. Auch Evelina und ihre Mutter waren darin verwickelt. Die Leute würden Vermutungen anstellen, dass Nats Verschwinden und Abbys Abreise zusammenhingen, und Nat prompt wieder eine Geliebte andichten.
Deshalb musste Abby bleiben, bis Nat gefunden war. Und er, Spencer, würde sein Verlangen im Zaum halten müssen.
Und es gab nur einen Weg, wie ihm dies gelingen konnte – er würde sich in seine Arbeit stürzen und Abby nur noch zu den wichtigsten sozialen Anlässen begleiten. Da sie sich mit Lady Clara und Evelina angefreundet hatte, würde ihr sicher nicht langweilig werden. Wenn er sich stattdessen um Abby kümmerte, würden sie unweigerlich wieder zu „spielen“ beginnen – und das durfte nicht noch einmal passieren.
Da Abby die Notwendigkeit nicht zu sehen schien, würde er sich selbst strenge Regeln auferlegen. Keine privaten Zusammenkünfte mehr. Unbedingt vermeiden, mit ihr allein in einem Raum zu sein, in der Kutsche zu fahren oder sich an irgendeinem anderen abgeschiedenen Ort aufzuhalten, wo er sie verführen könnte. Sie nur noch berühren, wenn es sich gar nicht vermeiden ließ und dann auch nur in der Öffentlichkeit.
Und vor allem: keine Küsse. Nur so konnte es ihm gelingen, den Schein ihrer Ehe als solchen zu wahren.
13. KAPITEL
Wenn Ihr Dienstherr ein schlechter Gastgeber ist, gehört es zu Ihren Pflichten, seine Mängel auszugleichen. Ansonsten werden Sie sehr viel Zeit damit verbringen, entstandenen Schaden wieder gutzumachen.
Empfehlungen für den unerschütterlichen Diener
Am nächsten Tag ließ Abby ihren kritischen Blick durch Spencers Speisezimmer schweifen. Sie hatte gehofft, irgendetwas zu entdecken, das dringend der Verbesserung bedurfte – doch auch in den anderen Räumen hatte sie nichts zu beanstanden gehabt. Spencer hatte einfach zu gutes Personal! Das ganze Haus war geschmackvoll eingerichtet und bestens in Schuss. Das Silber blitzte, die Möbel waren auf Hochglanz poliert, und selbst in den entlegensten Ritzen und Winkeln war kein Staub zu finden.
Wie nur konnte sie sich unentbehrlich machen? Spencer schien wirklich schon alles zu haben – sogar perfektes Personal.
Und würde er ihre Anstrengungen überhaupt bemerken? Abby runzelte die Stirn. Als sie aufwachte, hatte Spencer das Haus schon längst verlassen. Sie wusste zwar, dass wichtige Staatsgeschäfte im Innenministerium auf ihn warteten, aber hatten sie bislang nicht jeden Morgen gemeinsam gefrühstückt? Warum heute nicht?
Ganz einfach – er ging ihr aus dem Weg.
Zum wiederholten Male berührte Abby den hohen Kragen ihres Tageskleides und legte einen Finger auf die Stelle ihres Halses, an der Spencer in der vergangenen Nacht ein Liebesmal hinterlassen hatte. Eine warme Woge durchflutete sie. Spencer begehrte sie, auch wenn er sich das nicht eingestehen wollte. Nun brauchte sie noch weitere Argumente, um sich ihm als seine Frau zu empfehlen.
In Philadelphia würde sie einen Verehrer damit beeindrucken, dass sie ihm seine Leibspeise kochte, wenn er sie besuchte. Vielleicht konnte sie herausfinden, was Spencers Lieblingsgericht war …
„Entschuldigen Sie, Madam“, riss Mr. McFee sie in diesem Moment aus ihren Gedanken. Abby wandte sich um und sah den Butler in der offenen Tür stehen.
„Mr. McFee, wie gut, dass Sie kommen. Wissen Sie, was die Leibspeise Seiner Lordschaft ist?“
„Gebutterter Schellfisch, Madam. Wir servieren ihn jeden Freitagabend.“
„Oh.“ Abby seufzte.
„Ich wollte Ihnen mitteilen, dass Sie Besuch haben. Es ist Lady Clara Blakely. Sind Sie für Besucher zugegen?“
„Sie sehen doch, dass ich da bin“, erwiderte Abby. Die Frage des Butlers erschien ihr unsinnig.
McFee verzog leicht die Lippen. „Natürlich sehe ich das, Madam. Wie unaufmerksam von mir.“
Abby warf ihm einen verständnislosen Blick zu. „Führen Sie Lady Clara in das vordere Wohnzimmer und richten Sie ihr aus, dass ich gleich bei ihr bin.“
„Ja, Madam.“ McFee verschwand so lautlos, wie er gekommen war.
Seltsam, dass Mr. McFee sie nie Mylady nannte … Wahrscheinlich merkte er, dass sie ihrer Rolle nicht gerecht wurde. Zum Glück musste sie Clara nichts vorspielen!
Als Abby das vordere Wohnzimmer betrat, erhob Clara sich und streckte ihr mit einem gewinnenden Lächeln die Hand entgegen. „Ich wollte mich nach deinem Befinden erkundigen. Offensichtlich geht es dir gut.“
Abby nahm Claras Hand und drückte sie herzlich. „Ich bin dir so dankbar für alles, was du
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