1606 - Die Zeit-Bande
doch die Erinnerung an diese Minuten des Horrors konnte er nicht wegwischen. Er würde mit ihnen leben müssen.
Mit langsamen Bewegungen trocknete er sich ab. Wieder dachte er daran, seine Eltern zu wecken. Sie würden Verständnis für ihn haben, denn auch sie hatten in ihrem Leben so viel Grausames und Schlimmes erlebt.
Seine Gedanken zerrissen, als er glaubte, aus seinem Zimmer ein Geräusch gehört zu haben. Sofort zuckte das Erschrecken durch seinen Körper. War Suri Avila wieder da, um das zu vollenden, was ihr draußen nicht gelungen war?
Johnny kostete es schon Überwindung, zur Tür zu gehen und sie zu öffnen. Er beließ es bei einem Spalt und atmete auf, als er seine Mutter sah.
Sheila Conolly war aufgewacht, trug den hellen Morgenmantel und war ins Zimmer gekommen.
»Johnny…?«, fragte sie leise.
Sheila lächelte, sie wollte auf ihren Sohn zugehen, aber ihr Lächeln zerbrach, und sie blieb dort sehen, wo das Beuteschwert an Bett und Wand lehnte.
»Was ist mit dir, Johnny?«
Er konnte nichts sagen, schüttelte nur den Kopf und hob die Schultern an.
»Bitte, Junge, ich sehe doch, dass es dir schlecht geht. Was ist denn passiert?«
»Viel, Ma, viel.«
»Hängt es mit dieser Waffe zusammen?«
»Auch.«
»Und weiter?«
Johnny senkte den Kopf. »Das ist eine lange Geschichte«, murmelte er.
Sheila ließ sich nicht so leicht abwimmeln. »Willst du mir sie trotzdem erzählen?«
»Nicht dir allein, es ist besser, wenn auch Dad zuhört. Auch John muss so schnell wie möglich Bescheid bekommen.«
Sheila nickte. »Das lässt sich ja regeln. Dann werde ich jetzt gehen und deinen Vater aufwecken.«
»Ja, tu das bitte.«
Als seine Mutter das Zimmer verlassen hatte, fiel Johnny ein Stein vom Herzen. Er war davon überzeugt, das Richtige getan zu haben.
***
Sophie Blanc und Godwin de Salier saßen sich im Arbeitszimmer gegenüber und schauten sich an. Beide beschäftigten zahlreiche Fragen, aber niemand wagte sie zu stellen.
Der Templer hatte aus dem nahen Wohnraum einen kleinen Sessel geholt, in dem seine Frau Platz genommen hatte. Er hatte auch eine Flasche stilles Wasser mitgebracht und eine Flasche Rose, die noch zur Hälfte gefüllt war.
Beide tranken, als wollten sie sich einen schlechten Geschmack aus der Kehle spülen. Godwin warf dem Knochensessel hin und wieder einen dankbaren Blick zu, denn er war sein Lebensretter gewesen. Den Schlägen des Schwertes hätte er in seinem engen Arbeitszimmer nicht ausweichen können. So aber hatte der Sessel eingegriffen, aber Randolf hatte die Gefahr rechtzeitig bemerkt oder auch diejenige Kraft, die hinter ihm stand und ihn leitete.
Godwin hatte mit seiner Frau über das alles gesprochen, aber einen Schritt weitergekommen waren sie nicht. Sie nahmen die Existenz Randolf von Eckenbergs als gegeben hin, aber Godwin vertrat nicht die Meinung seiner Frau, die davon ausging, dass er auf die gleiche Art eine Zeitreise hinter sich hatte wie der Templer.
»Da muss es noch etwas anderes geben, Sophie.«
Sie richtete ihren Blick auf sein Gesicht, das einige Furchen aufwies.
»Aber was?«, flüsterte sie.
Er hob die Arme und ließ sie wieder sinken. »Es ist jedenfalls ein Angriff gewesen, der nur mich persönlich betroffen und nicht dem Kloster gegolten hat.«
»Das sehe ich ein.«
»Und ich gehe davon aus, dass er es noch mal versuchen wird. Möglicherweise stellt er es dann geschickter an, wobei ich der Meinung bin, dass auch du dich in Gefahr befindest.«
Sophie warf ihm einen schrägen Blick zu. »Na gut, dann stehen wir eben beide auf seiner Liste. Wir müssen etwas dagegen tun.«
»Du sagst es.« Er lachte auf. »Nur weiß ich nicht, was ich unternehmen soll. Es gibt keine Spur, denn dieser Randolf kann aus dem Nichts auftauchen und wieder verschwinden, und das liegt an diesem Lichtstrahl.«
»Der von irgendwoher gekommen sein muss.«
»Genau.«
»Den vielleicht jemand erschaffen hat«, gab Sophie zu bedenken.
Der Templer sagte nichts, doch sein Blick hatte sich auf einmal verklärt.
Ein Anzeichen dafür, dass er über etwas nachdachte.
Danach fragte Sophie.
Er nickte. »Ja, jetzt erinnere ich mich. Wenn mich nicht alles täuscht, hat Randolf einen Namen erwähnt.« Er schaute starr ins Leere und murmelte: »Landru, wenn ich mich nicht irre.«
Sophie runzelte die Stirn. Sie wartete mit der Antwort, weil sie zunächst nachdenken musste. Nach einer Weile gab sie es auf und hob die Schultern.
»Der Name sagt mir nichts.«
»Mir auch nicht,
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