1606 - Die Zeit-Bande
seine Weise. Wie das genau geschehen konnte, war ein Rätsel, das ich lösen musste.
Und noch etwas wollte mir nicht aus dem Kopf. Ich hatte einen Namen gehört. Landru. Dabei ging ich davon aus, dass er nicht zufällig gefallen war.
Was konnte ich noch tun?
Erst mal nicht viel. Ich würde mich später im Büro um alles kümmern.
Zunächst musste ich Suko einweihen, und so entschloss ich mich, mein Frühstück bei ihm und Shao zu mir zu nehmen.
Beide waren bereits auf den Beinen. Sie wunderten sich allerdings, dass ich zu ihnen kam. Das war normalerweise nicht der Fall. Während Shao ein drittes Gedeck auflegte, zu dem eine Teetasse gehörte, berichtete ich von meinem nächtlichen Erlebnis und sah, dass beide große Augen machten.
»Das ist ja unglaublich«, flüsterte Suko.
»Aber wahr.«
»Und dieser Lord Lipton hatte es nur auf dich abgesehen?«, fragte Shao.
»Ja. Etwas arideres kann ich euch nicht sagen. Ich war sein Ziel. Mich wollte er mit einem Degen umbringen, und es hatte dabei den Anschein, dass er auf einem Lichtstrahl gekommen oder geritten ist. Jedenfalls gab es einen solchen Schein.«
»Unfassbar«, flüsterte Shao. »Und der Name Lord Lipton war dir nicht geläufig?«
»Nein.«
»Hast du schon nachgeforscht?«
»Das werde ich im Büro tun. Ich wollte euch nur vorab informieren. Da kann etwas auf mich zukommen, und ich glaube nicht, dass es nur mich allein betrifft.«
Suko schaute Shao nach, die Toast holte, der für mich geröstet worden war. Die beiden blieben bei ihrem Müsli. Dafür bekam ich frisches Rührei.
Suko nickte. »Das ist alles möglich. Es kann auch sein, dass es zwischen dir und diesem adeligen Killer eine Verbindung gibt. Oder siehst du das anders?«
»Noch.« Ich aß Ei und Toast. »Ich kann mir einfach keine Gemeinsamkeit vorstellen. Sorry.«
»Und trotzdem wollte er dich killen.«
»Genau das ist unser Problem, Suko. Aber da ist der Name Landru gefallen. Genau dort möchte ich nachforschen. Er muss etwas mit dem Erscheinen Lord Liptons zu tun haben. Abgesehen davon, dass der gute Lord längst hätte tot sein müssen. Ich gehe davon aus, dass er in der Vergangenheit eine traurige Berühmtheit war. Und über ihn werden wir bestimmt etwas im Archiv finden.«
»Davon gehe ich auch aus«, meinte Suko.
Ich ließ das letzte Stück Ei in meinem Mund verschwinden. »Jedenfalls werden wir recherchieren, und ich sage dir, dass es nicht die letzte Begegnung zwischen Lipton und mir gewesen ist.«
»Kannst du dir einen Grund vorstellen, warum er dich hat killen wollen?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, wir sind nie zusammengetroffen. Wir haben keine Berührungspunkte gehabt. Es ist mir alles ein Rätsel, und das wird es sicherlich auch noch bleiben. Jedenfalls hat er seine Taten zugegeben. Und ich hatte den Eindruck, dass er darauf sogar stolz gewesen ist.«
»War er denn aus Fleisch und Blut?«, fragte Shao.
»Ja. Ich habe ihn nicht als Geist angesehen. Und darin habe ich Erfahrung. Ich stehe vor einem Rätsel und gebe zu, dass ich im Moment überfordert bin.«
»Wobei uns der Name Landru sicherlich weiterhelfen wird«, sagte Suko.
»Der ist ja nicht grundlos genannt worden.«
»Das denke ich auch.«
Shao nickte gedankenverloren. »Dann wird euch noch etwas bevorstehen, fürchte ich.«
Da hatte sie recht. Ein Rätsel, an dessen Auflösung man verzweifeln konnte.
In meiner Tasse schwamm noch Tee, den ich austrank.
Suko hatte den Tisch bereits verlassen. Er war in die Diele gegangen, um seine Schuhe anzuziehen. Shao schaute mir von ihrem Platz aus in die Augen.
»Hast du Angst, John?«
»Nein, wirklich nicht. Aber ein ungutes Gefühl ist schon vorhanden, das gebe ich zu.« Ich lächelte versonnen. »Man muss sich einfach von dem Gedanken lösen, schon alles erlebt zu haben. Es gibt immer wieder etwas Neues.«
»Ja, die Welt dreht sich weiter. Aber bei dir kann das Neue auch etwas Altes sein.«
»Bestimmt. Es ist ein Fall, der zurück in die Vergangenheit reicht. Da spielt der Name Landru eine Rolle.«
Ich lächelte, bedankte mich für das Frühstück und stand auf. »Wir werden sehen.«
»Eines noch, John.«
»Ja?«
»Als du diese Begegnung mit Lord Lipton gehabt hast, hat da eigentlich dein Kreuz reagiert?«
Ich blickte ihr sekundenlang ins Gesicht. »Nein, das hat es nicht. Und darüber wundere ich mich auch. Wobei ich nicht davon ausgehe, dass es mich einfach nur im Stich gelassen hat. Es kann also sein, dass dieser Angriff nur wenig mit schwarzer
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