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1607 - Totenlied der Diva

1607 - Totenlied der Diva

Titel: 1607 - Totenlied der Diva Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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würde es auch heute sein.
    Das Klagelied war weiterhin vorhanden. Godwin hatte es nur verdrängt.
    Jetzt war der Würfel wichtiger, und in seinem Innern geschah tatsächlich etwas.
    Eine Bewegung. Etwas Helles. Wie ein dicker Wurm oder Streifen, der sich durch die Masse zog.
    Der Würfel fing an zu arbeiten. Er hatte die Verbindung zwischen sich und dem Menschen aufgenommen und gab jetzt weiter, was er sah.
    Plötzlich sah es so aus, als würde sich die Farbe innerhalb des Würfels auflösen. Das dunkle Rot verschwand. Die Sicht verbesserte sich, und der Templer hatte den Eindruck, in eine Tiefe einzutauchen. Er sah nichts mehr von seiner Umgebung, nur noch das Bild, das ihm der Würfel zeigte.
    Ja, es war ein Bild!
    Sogar sehr deutlich zu sehen. Er sah eine graue Landschaft und so etwas wie ein großes Grabmal, das nach vorn hin offen war und den Blick auf eine bleiche Person freigab, mit deren Anblick Godwin de Salier nichts anfangen konnte.
    Es war keine Täuschung. Der Würfel hatte ihm auch nichts Falsches gezeigt oder ihn in die Irre geführt. Was er sah, musste etwas mit dem zu tun haben, was ihm in der letzten Zeit widerfahren war.
    Auch mit ihm geschah etwas. In seinen Adern spürte er das Kribbeln. Es fing bei den Füßen an und erreichte schließlich seinen Kopf. Zugleich erlebte er eine andere Macht, die von dem Knochensessel ausging. Sie war ungemein stark, und sie traf mit der Kraft des Würfels zusammen.
    Der Templer geriet genau in den Schnittpunkt der beiden Kräfte.
    Er hörte sich selbst leise schreien, weil ihn ein mörderischer Druck erfasste.
    Nicht mal Sekunden später war Godwin de Salier verschwunden.
    Nur etwas hatte er zurückgelassen.
    Es war der Würfel, der auf dem Knochensessel lag…
    ***
    Sophie Blanc war nicht geschockt, aber schon überrascht, als sie sah, was passierte. Sie hatte erlebt, wie sich ihr Mann auflöste.
    Es war nicht leicht gewesen, dem zuzuschauen, aber auch sie kannte die Regeln, gegen die sie nicht ankam. Sie wusste, dass Menschen anderen Mächten gehorchen mussten.
    Der Sessel war leer!
    So sehr sie auch hinschaute, sie sah ihren Mann nicht mehr. Er war jetzt in einer anderen Welt, vielleicht einer anderen Zeit, und er war möglicherweise dem Totenlied der Sängerin gefolgt.
    Es gab keine tiefe Angst in ihr. Sie horchte in sich hinein, aber sie spürte ein großes Vertrauen, das sie ihrem Mann entgegenbrachte.
    Er war zwar verschwunden, aber nicht für immer weg, das stand für sie fest. Ihm war eine Aufgabe zuteil geworden, die er durchziehen musste.
    Sie stand auf. Mit kleinen Schritten ging sie auf den Knochensessel zu.
    Aber nicht, um sich darauf niederzulassen, sie streckte nur die rechte Hand aus, um den Würfel an sich zu nehmen.
    Er sah wieder normal aus. Es gab keine Bewegung oder Schlieren in ihm. Er war wieder völlig normal.
    Sophie Blanc drehte sich langsam um. Ihr Ziel war der Schreibtisch. Dort legte sie den Würfel auf die Platte, um ihn stets im Auge zu haben.
    Jetzt gab es für sie nur das Warten und auch das Hoffen, dass alles so glatt ging, wie sie es sich wünschte.
    ***
    Es war ein Transport gewesen, wie ihn Godwin de Salier zwar kannte, und doch würde er sich nie daran gewöhnen. Es würde ihm immer fremd bleiben, obwohl er ihn nicht als negativ ansah. Denn schon öfter hatte ihm die Macht des Knochensessels hilfreich zur Seite gestanden, und so würde es hoffentlich auch in diesem Fall sein.
    Zuerst atmete er tief durch und war froh, das problemlos zu schaffen.
    Dann öffnete er die Augen, die er während der Reise geschlossen gehalten hatte.
    Ein erster Blick reichte ihm aus, um zu erkennen, dass er sich in einer fremden, aber doch bekannten Umgebung befand, denn für einen Moment hatte er sie innerhalb des Würfels gesehen.
    Jetzt stand er in ihr und staunte über die Weite.
    Welch eine Welt!
    Sie war einfach anders. Er sah sie als Phänomen an. Sie war weit, sie war auch flach, und er sah, dass die Wolken sehr tief hingen und recht lang waren. Hin und wieder sahen sie aus, als würden sie dicht über dem steinigen Böden schweben, auf dem seine Füße den nötigen Halt gefunden hatten.
    Zwei Dinge fielen ihm auf.
    Zum einen vermisste er seinen Würfel.
    Godwin glaubte nicht, dass er ihn verloren hatte. Er musste im Kloster zurückgeblieben sein.
    Und dann gab es noch den Gesang.
    Das Totenlied einer Diva, die auf der Opernbühne stand und mit ihrem Gesang die Menschen entzückte oder sie zu Tränen rührte.
    Er verstand den Text nicht

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