1609 - Shaos Rachetour
beiden Hundesöhne waren nur durch Schüsse aufzuhalten. Ich wollte die Beine treffen, bevor sie in den Lift steigen konnten, dessen Tür sich geöffnet hatte, was ich jetzt erst sah.
Plötzlich waren zwei andere Männer da, die ihren Kumpanen Feuerschutz gaben.
Sie sprangen gar nicht richtig in den Flur, denn sie schössen vom Lift aus und praktisch um die Ecke.
Die Schüsse krachten nicht, sie ploppten nur. Die typischen Geräusche, die von einem Schalldämpfer hinterlassen wurden.
Zu unserem Glück hatten sie zu überhastet geschossen, sodass wir verschont blieben. Sie dachten auch nicht daran, noch länger zu bleiben.
Auch die beiden Schützen huschten in die Kabine, wo sie bereits erwartet wurden.
Ich schnellte hoch. Mit der Waffe in der Hand lief ich auf den Lift zu und hatte das Pech, zu spät zu kommen. Die Kabine war bereits auf dem Weg nach unten.
Es gab noch einen zweiten Lift. Der allerdings steckte irgendwo im Haus fest. Ich hätte ihn erst holen müssen, was dauern würde. So blieb ich oben, holte mein Handy hervor und setzte einen Notruf an das nächste Revier der Metropolitan Police ab.
Ich sagte, wer ich war, und berichtete von dem Vorfall, sodass die Kollegen die Fahndung nach vier Japanern einleiten konnten. Ich gab zudem eine Warnung durch, dass sie bewaffnet und entsprechend gefährlich waren.
Mehr konnte ich im Moment nicht tun, denn ich musste mich um Suko und den Mann kümmern, der aus Sukos Wohnung gekommen war.
Hinter mir waren Türen geöffnet worden. Die Bewohner traten in den Gang und wollten sehen warum sie gestört worden waren.
Ich scheuchte sie mit scharfen Worten wieder zurück in die Wohnungen.
Die Menschen, die hier oben wohnten, wussten, welch einem Beruf ich nachging. Sie stellten keine Fragen und gehorchten.
Ich ging dorthin, wo Suko eben noch gelegen hatte. Er saß jetzt und hielt sich den Kopf.
»Und?«
Er stöhnte. »Das war unglücklich, John. Ein Fußtritt.« Er knurrte vor Wut.
»Und wie ist es dir ergangen?«
»Ich habe sie leider nicht stellen können. Tut mir leid. Da waren plötzlich noch zwei, die schössen. Die Waffen waren mit Schalldämpfern bestückt.«
»Gut. Ich komme schon allein zurecht. Schau mal nach dem Mann und nach Shao.«
»Klar.« Es waren nur wenige Schritte, dann stand ich vor einem Mann, der aus Ostasien stammen musste. Er war zusammengebrochen, aber nicht ganz gefallen. Die Flurwand hatte ihn aufgehalten, sodass er halb saß.
Aus seiner Wunde am Unterkörper war sehr viel Blut gequollen. Nicht alles hatte die Kleidung aufsaugen können. Auf dem Boden hatte sich eine große Lache gebildet, die wie ein braunroter und schimmernder Rostfleck aussah.
Dann schaute ich in seine Augen, die nicht geschlossen waren. Der Anblick sagte mir genug. Der Mann war tot.
Aber wo steckte Shao?
Es wäre normal gewesen, wenn sie gekommen wäre und nachgeschaut hätte.
Aber sie war nicht da. Sie musste sich in der Wohnung befinden, in der es sehr still war, was mir ganz und gar nicht gefiel.
Suko hatte sich wieder aufgerappelt. Er hielt seine Hand gegen die rechte Schläfe gepresst.
»Wo ist Shao?«
»In der Wohnung, nehme ich an.«
»Und weiter?«
»Gehört habe ich nichts von ihr.«
»Verdammt.«
Ich stellte fest, dass Suko Hemmungen hatte, die Wohnung zu betreten.
Deshalb bat ich ihn, auf mich zu warten, weil auch ich wissen wollte, was mit Shao passiert war.
Es war nichts zu hören, als ich in den Flur ging. Die Tür zum Wohnraum stand offen. Ich warf einen ersten Blick hinein und erkannte, dass ein Sessel von Shao in Beschlag genommen war. Sie schaute nicht zur Tür.
Ich sah nur ihr Profil.
Dass sie noch lebte, war klar. Aber sie tat nichts, und das wiederum wunderte mich. Sie saß da, ohne sich zu bewegen, und schien zu einem Eisklotz geworden zu sein.
Das war nicht normal.
Es kostete mich schon Überwindung, den Wohnraum zu betreten, dabei bewegte ich mich auf Zehenspitzen, weil ich Shao nicht erschrecken wollte.
Ich musste einen leichten Bogen schlagen, um ihr ins Gesicht schauen zu können.
Sekunden später sah ich es besser, und ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
Bewegungslos saß Shao vor mir im Sessel.
Auf ihren Lippen lag ein fast seliges Lächeln…
***
Es war ein harmloses Bild, das mir aber trotzdem nicht gefallen konnte, denn so hatte ich Shao noch nie zuvor erlebt.
Sie saß nur da, lächelte und nahm sonst nichts wahr.
Sie kam mir vor, als wäre sie hypnotisiert worden. Aber es schien einen
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