1609 - Shaos Rachetour
Grund dafür zu geben, denn ich sah etwas völlig Neues an ihr, was ich zuvor noch nie bei ihr gesehen hatte.
Um ihren Hals war ein braunes Band aus Leder geschlungen. Daran hing ein wunderbarer grüner Kristall, der wie ein Smaragd aussah und dessen facettenreicher Schliff zahlreiche helle Einschlüsse aufwies. Als wären dort irgendwelche Lichtreste eingefangen worden. Wirklich außergewöhnlich.
Ich schaute wieder in Shaos Gesicht und nahm dort keine Veränderung wahr. Noch immer zeigte es diesen irgendwie überraschten und auch glücklichen Ausdruck.
Das musste an diesem Stein liegen, der als Amulett auf ihrer Brust hing.
Hinter mir hörte ich Schritte.
Suko hatte seine Wohnung betreten. Er hatte offenbar noch immer mit leichten Problemen zu kämpfen.
Als er Shao sah, blieb er stehen. Ein erstaunter und auch erschreckter Ausdruck legte sich auf sein Gesicht.
»Was ist mit ihr los?«, hörte ich ihn flüstern.
»Ich weiß es noch nicht.«
Er deutete auf den Stein. »Was ist das?«
»Keine Ahnung. Kennst du den Stein?«
»Nein, John, sonst hätte ich nicht gefragt. Er ist mir neu, ehrlich. Ich sehe ihn zum ersten Mal. Sie muss ihn bekommen haben, und zwar von ihrem Besucher. Deshalb ist er hier gewesen, verstehst du? Aber sie hat mir nicht gesagt, was sie erwartete.«
»Vielleicht hat sie es selbst nicht gewusst«, sagte ich leise.
»Ja, das kann sein. Aber warum hat sie so wenig Vertrauen zu mir gehabt?«
Ich wusste keine Antwort. Ich war zunächst nur froh, dass Shao lebte.
Alles andere würde sich ergeben, denn ich war sicher, dass wir bald Antworten fanden.
»Ich rufe mal die Kollegen an. Der Tote muss abgeholt werden.«
Suko nickte. »Ich bleibe hier bei Shao.«
Das Telefonat führte ich vom Flur aus. Es musste hier nicht viel untersucht werden. Die Tat war in unserem Beisein passiert, und wir wussten auch, wer der Mörder war.
Die Kollegen versprachen, so schnell wie möglich zu kommen. Ich ging in den Hausflur, wo der Tote lag.
Die Bewohner hatten sich nicht an meinen Ratschlag gehalten. Ein halbes Dutzend Personen hielt sich in einer bestimmten Entfernung auf.
Sie waren nicht laut. Wenn sie redeten, dann sprachen sie flüsternd miteinander.
Ich bückte mich und durchsuchte den Toten. Dabei fand ich einen Pass.
Der Mann hieß Kenny Han und war Japaner. In einem Seitenfach der Brieftasche steckten drei Kreditkarten. Sie waren auf denselben Namen ausgestellt. Geld fand ich auch. Das war alles.
Die Wunde sah schlimm aus. Ebenso wie das Blut, das aus ihr geflossen war und sich auf dem Flurboden verteilt hatte.
Ein Mann kam auf mich zu. Es war einer der Bewohner. Ich wusste, dass er früher mal als Polizist gearbeitet hatte. Jetzt war er pensioniert und schaute finster auf den Toten.
»Ich habe herumgefragt, Mr. Sinclair, aber niemand hat etwas gesehen. Das steht fest.«
»Ich weiß.«
Er war weiterhin neugierig. »Haben Sie denn schon einen Verdacht? Können Sie mehr sagen?«
»Nein.«
»Auch nicht, weshalb er…«
Ich sah ihn mit einem Blick an, der ihn verstummen ließ.
»Ja, ja, schon gut. Ich kenne die Spielregeln. War ja lange genug selbst bei dem Verein.«
»Dann gehen Sie bitte zu den anderen und bitten sie, in ihre Wohnungen zurückzugehen. Die Kollegen werden bald hier sein und den Toten abholen.«
Der Nachbar ging noch nicht. Er fragte: »Muss man jetzt Angst haben, hier zu wohnen?«
»Ich denke nicht. So etwas kann überall passieren.«
»Dann wünsche ich Ihnen, dass Sie den Killer fangen. Es ist ja schlimm, so etwas mit ansehen zu müssen.«
»Da haben Sie recht.« Der Mann ging wieder und ließ mich mit meinen Gedanken allein.
Irgendetwas war mit Shao passiert. So hatte ich sie noch nie zuvor erlebt, und ich war mir sicher, dass dies einzig und allein mit dem grünen Stein zusammenhing.
Es dauerte nicht lange, da erschien die Mannschaft, die ich alarmiert hatte. Leiter der Mordkommission war ein Mann namens Terry Harrison.
Ich kannte ihn flüchtig.
Er nickte mir zu, dann kümmerte er sich um den Toten und meinte: »Das sieht ja schlimm aus.«
»Genau. Der Mann wurde mit einem Messer getötet. Es hat eine lange Klinge gehabt. Ich sage Ihnen gleich, dass der Kollege Suko und ich Zeugen gewesen sind. Wir haben die Killer leider nicht stoppen können und sind selbst froh, noch am Leben zu sein. Auf uns wurde geschossen. Die Projektile finden Sie am Boden und in der Wand. Außerdem läuft die Fahndung nach vier Japanern.«
Harrison runzelte die Stirn.
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