161 - Vollmond über London
ließen etwas nach, Bruce hörte auf zu winseln. Er lag auf dem Rücken.
»Du warst hinter dem Werwolf her, der hier sein Unwesen treibt, was?« fragte Pasquanell. »Dann verrate ich dir ein Geheimnis: Er stammt aus meiner Zucht. Ja, ich züchte seit kurzem schwarze Werwölfe. Die Besten, Kräftigsten werden sich fortpflanzen. Ein Anfang ist bereits gemacht. Jeden weißen Wolf tötete ich bisher auf der Stelle, aber nun kam mir eine bessere Idee. Ich werde dir dein Leben lassen. Ja, du hörst richtig, du darfst am Leben bleiben, Bruce O’Hara. Ich habe große Pläne mit dir. Um einen so starken, mutigen Wolf wie dich ist es zu schade, zu dieser Erkenntnis bin ich gekommen. Der Wolfskeim machte dich zwar zum Tier, konnte jedoch die Flamme des Bösen in dir nicht entzünden. Das werde ich nachholen, mit Hilfe meiner Dämonenkraft.«
Terence Pasquanell reduzierte die Wirkung der lähmenden Kraft und befahl dem weißen Wolf, aufzustehen. Bruce O’Hara gehorchte nicht. Pasquanell versetzte ihm einen schmerzhaften Magieschock, der sich durch sämtliche Muskeln zog.
»Ich werde dir bedingungslosen Gehorsam beibringen!« knurrte der Zeit-Dämon.
Bruce stand auf.
»Früher hatte ich nur den Wunsch, dich zu vernichten«, sagte Pasquanell, »doch nun bin ich froh, daß es mir nicht gelungen ist. Ich werde dich zu einem wertvollen Kämpfer der schwarzen Macht machen, das ist ein unvergleichlich größerer Triumph, als dich zu töten. Herr über deinen Geist will ich sein, dich lenken und beherrschen. Und starke, blutrünstige Nachkommen wirst du zeugen, die gnadenlos Leben vernichten. Ich mache dich zu einem schwarzen Leitwolf, wie es zuvor noch keinen gegeben hat. Das ist meine Kriegserklärung an Tony Ballard und seine Freunde. Ich sage ihnen mit meinen Wölfen den Kampf an, und du wirst sie anführen, Bruce O’Hara, weißer Wolf.« Der bärtige Werwolfjäger brach in schallendes Gelächter aus. Dann wurde er plötzlich ernst. »Vorwärts! Wir gehen!«
Bruce mußte mit ihm den Raum verlassen.
***
Ich hatte das falsche Spiel des Werwolfs durchschaut, und das schien ihm aufgefallen zu sein, denn im selben Moment prallte ein aggressives Knurren gegen mich, und dann flog mir die verwandelte Bestie entgegen.
Ich drückte ab - doch da traf ein harter Schlag meine Schußhand, stieß den Colt Diamondback zur Seite, und das Projektil sauste haarscharf an meinem Gegner vorbei.
Er versuchte mir mit seinen langen Krallen den Bauch aufzureißen. Ich schnellte zurück, er kam sofort nach, rammte mich mit der Schulter zur Seite und traf mit der Prankenrückseite meine Schläfe, daß ich die Engel singen hörte.
Die Schnauze war auf einmal ganz knapp vor mir. Ich spürte den heißen Atem der Bestie und sah die langen Reißzähne, die sie mir ins Fleisch schlagen wollte. Blitzschnell duckte ich mich, und die Kiefer hieben über mir hart aufeinander.
Bevor ich ihm ein geweihtes Silberding aus nächster Nähe verpassen konnte, stürmte er davon. Benommen versuchte ich ihn zu stoppen, doch auch meine zweite Kugel verfehlte ihn um Haaresbreite, und als ich ihm nachrannte, geschah etwas, womit ich beim besten Willen nicht rechnen konnte: Terence Pasquanell betrat urplötzlich die Szene. Einst Freund, heute Todfeind.
Als ich sah, wen er bei sich hatte, war das für mich ein schmerzhafter Schlag.
Bruce O’Hara stand neben ihm wie ein gut dressierter Hund.
Etwas Schreckliches mußte mit dem weißen Wolf passiert sein. Er blickte durch mich hindurch, als wäre ich aus Glas. Der Zeit-Dämon schien den Willen meines Freundes ausgeschaltet zu haben. Oder hatte er Bruces Willen gar gebrochen?
Der Wolf, den ich zur Strecke bringen wollte, flitzte an Terence Pasquanell vorbei, als wolle er hinter dem bärtigen Werwolfjäger Schutz suchen.
Wenn es in diesem Augenblick etwas Wichtigeres gab, als den Werwolf unschädlich zu machen, dann nur das eine: Terence Pasquanell zu vernichten, denn es gab keine Möglichkeit mehr, ihn umzudrehen. Er war an die schwarze Macht verloren.
Um Frank Esslin, den die Umstände zum Söldner der Hölle gemacht hatten, stand es nicht so schlimm.
Terence Pasquanell hingegen hatte man das Herz geraubt. Er war kein Mensch mehr, sondern ein Zombie. Ihm das Handwerk zu legen, war schon lange oberstes Gebot für mich, doch bisher war er uns - manchmal mit viel Glück - immer wieder entkommen.
Mein Colt Diamondback und die Munition, die ich damit verschoß, waren zu schwach, um den Zeit-Dämon zu vernichten, aber
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